Aktienmärkte, Anleger

Schwache Wirtschaftsdaten, starke Aktienkurse

Die Überlegungen, dass an den Aktienmärkten in den USA inzwischen ein Crack-Up-Boom herrscht, haben vorgestern neue Nahrung erhalten. Denn um 16:00 Uhr (MESZ) wurde das vom Conference Board erhobene Verbrauchervertrauen veröffentlicht. Und demnach trübte sich die Stimmung der Konsumenten im August überraschend deutlich ein. Der Index gab um sehr kräftige 11,3 auf 113,8 Punkte nach und steht damit nun auf dem niedrigsten Niveau seit Februar. Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 124,0 Punkte gerechnet.

Index zum Verbrauchervertrauen des Conference Board

Dieser Index folgt damit nun langsam dem der Uni Michigan, der zuletzt allerdings schon auf das tiefste Niveau seit Dezember 2011 gefallen war (siehe Börse-Intern vom 13. August). Und auch bei der Umfrage des Conference Board schätzten die Verbraucher aktuell sowohl ihre Lage – der Index fiel von 157,2 im Vormonat auf 147,3 im August – als auch ihre Zukunftsaussichten schlechter ein – hier kam es zu einem Index-Rückgang von 103,8 auf 91,4.

Bullishe Marktreaktion auf bearishe Marktdaten

Doch wie reagierten die Aktienmärkte auf diese Meldung? Sie konnten sich mit den schwachen Daten von vorangegangenen Kursverlusten deutlich erholen, wie der folgende Chart des Dow Jones exemplarisch zeigt.

Dow Jones: Kursreaktion auf Konjunkturdaten

Hier kann man Anlegern die Überlegung unterstellen, dass die US-Notenbank bei schwachen Konjunkturdaten die Anleihekäufe nur sehr zögerlich reduziert und somit weiterhin viel Geld auch an die Aktienmärkte fließt. Man kann aber auch im Sinne des Crack-Up-Booms argumentieren, wonach bei schwachen Daten durch eine anhaltende Liquiditätsflut die Inflation befeuert wird und Anleger daher Aktien als Schutz vor einem drohenden Wertverlust erwerben.

Schrumpfende Industrieproduktion in China

Gleiches war übrigens über Nacht an den asiatischen Märkten zu beobachten. Denn während vorgestern der offizielle Einkaufsmanagerindex des Nationalen Statistikamtes für die chinesische Industrie noch auf minimales Wachstum hindeutete (siehe vorgestrige Börse-Intern), zeigte gestern der Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex für die Industrie des Landes bereits eine schrumpfende Produktion an. Nach immerhin noch 50,3 Punkten im Juli wurde für August nur noch ein Wert von 49,2 angegeben.

Caixin / Markit Einkaufsmanagerindex Industrie China

Der Einkaufsmanagerindex rutschte damit, wie der offizielle Index für den Dienstleistungsbereich, zum ersten Mal seit über einem Jahr unter die 50er-Marke, die Wachstum und Kontraktion voneinander trennt. Von Reuters befragte Analysten hatten derweil mit einem Wert von 50,2 gerechnet. Und man muss weiter schwache Daten erwarten, da neben den Werten für die Produktion auch die für den Gesamtauftragseingang und die neuen Exportaufträge in den negativen Bereich sanken.

Schwache Daten, starke Aktienkurse

Doch auch in diesem Fall kam es trotz der negativen Überraschung nicht zu fallenden, sondern zu deutlich steigenden Aktienkursen, exemplarisch zu sehen im nachfolgenden 1-Minuten-Chart des Hang Seng China Enterprises Index aus dem CFD-Handel von Comdirect.

China Enterprises Index: Kursreaktion auf Konjunkurdaten

Allerdings gibt es hier im Hinblick auf die Frage nach einem möglichen Crack-Up-Boom deutliche Unterschiede. Denn in China haben wir es nicht mit einer deutlich steigenden Inflation zu tun. Das Gegenteil ist hier der Fall. Zuletzt war die Inflation in China rückläufig, und zwar auf einem niedrigen Niveau von rund 1 %.

Inflation in China (jährlich)

Zudem befinden sich die dortigen Aktienmärkte, wie vorgestern schon dargestellt, schon seit Monaten in einer Konsolidierung bzw. Korrektur. Hier ist man also von einem Crack-Up-Boom weit entfernt.

Wildes Auf und Ab im DAX

Gleiches gilt auch für den DAX. Zwar gab es gestern beim deutschen Leitindex einen weiteren Angriff auf das Rekordhoch, womit die vorgestrige Bullenfalle keine bearishen Konsequenzen hatte, doch drehten die Kurse zum zweiten Mal kurz vor Erreichen der Rekordmarke nach unten und fielen erneut in das kurzfristige Dreieck zurück (siehe gelbe Ellipse im folgenden Chart), das damit nun als Formation keine Relevanz mehr hat.

DAX - kurzfristige Chartanalyse

Damit geriet der DAX zugleich auch wieder unter das Hoch vom 14. Juni (dicke rote horizontale Linie). Und so haben wir es hier immer noch eher mit einer volatilen Seitwärtstendenz als mit einem Crack-Up-Boom zu tun. Zumal, wie erst vor einigen Tagen noch in der Börse-Intern zu lesen war, hierzulande Kurse und Fundamentaldaten Hand in Hand gehen. Dabei ist man von einem schlechten oder gar sehr schlechten wirtschaftlichen Umfeld in Deutschland und der Eurozone weit entfernt.

Umsatzeinbruch im Einzelhandel

Allerdings haben sich auch hier die konjunkturellen Aussichten zuletzt eingetrübt. Gestern wurde gemeldet, dass die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland im Juli nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (preisbereinigt) 5,1 % weniger umgesetzt haben als im Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang um 0,9 % gerechnet.

Umsatz des Einzelhandels in Deutschland

Allerdings sind diese Daten volatil. Und im Juni hatte es noch, unterstützt durch die Aufhebung der „Bundesnotbremse“, ein Plus von 4,5 % gegenüber Vormonat gegeben, nach +4,6 % im Mai. Insofern ist das alles noch nicht dramatisch, geschweige denn katastrophal.

DAX: Keine bullishen, aber auch keine bearishen Signale

Sollten die Anleger allerdings davon ausgehen, dass sich die leichte Abschwächung der fundamentalen Daten fortsetzt, dann könnten sie stärker zu (den von mir angeratenen) Gewinnmitnahmen neigen. Und das würde Druck auf den DAX ausüben und bearishe Signale auslösen. Gestern hat aber die Aufwärtstrendlinie des hinfälligen Dreiecks ein weiteres Mal als Unterstützung fungiert. Und nach wie vor gilt: Erst wenn diese gebrochen wird, muss man mit weiter fallenden Kursen rechnen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 02.09.21 08:33 Uhr