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Bären aufgepasst: Short-Squeeze-Gefahr zum Verfallstag!

Bären aufgepasst: Short-Squeeze-Gefahr zum Verfallstag!
von Torsten Ewert

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in den vergangenen zwei Woche probten die Bullen den Aufstand. Zweimal kam es zu dynamischen Kurssprüngen, doch jedes Mal gelang es den Bären zurückzuschlagen – wenn auch mit freundlicher Unterstützung „negativer“ (aus Sicht der Bullen) Konjunkturdaten. Es blieb somit bei zwei kurzfristigen Short-Squeezes. Und bis zum kleinen Verfallstag am Freitag dieser Woche könnte es zur nächsten, womöglich entscheidenden Short Squeeze kommen.

Eine besondere Lage zum Oktober-Verfallstag

Dazu der Blick auf das aktuelle Verfallstagsdiagramm:

Quelle: Stockstreet-Verfallstagsdiagramm mit Daten der EUREX

Der DAX hat sich beim aktuellen Stand von 12.655 Punkten schon wieder ein gutes Stück aus dem bearishen Bereich herausgearbeitet, in dem er noch in der Vorwoche beim Tief von 12.000 Punkten stand. Er hat sich damit schon ordentlich von den beiden größten Call- (blau) bzw. Put-Positionen (rot) abgesetzt, die bei 12.500 Punkten liegen.

Doch das war es eigentlich auch schon mit auffälligen Verfallstagspositionierungen in dem Kursbereich, dem man dem DAX in der verbleibenden Zeit bis zum Verfallstermin zugestehen möchte. Wir müssen daher ein wenig „Mikro-Analyse“ betreiben.

Immerhin haben wir noch den theoretischen Abrechnungspreis nach der MaxPain-Kurve (unterer Diagrammteil) in Reichweite, der in deren Minimum bei 12.650 Punkten liegt. Und wenn man in das Verfallstagsdiagramm etwas hineinzoomt, dann findet man als mögliche Zielwerte auch noch die 12.800er und natürlich die runde 13.000er Marke.

Warum der Verfallstag diesmal wenig Einfluss auf den DAX hat

Beide dürften allerdings wenig eigene Zugkraft entwickeln. Dafür sind die Positionen dort zu klein. Ich erinnere daher hier nochmals daran, dass selbst im Umfeld des Verfallstags die entsprechenden Positionen nicht allein maßgeblich für die Bewegungen des DAX sind. Neben dem üblichen Gerangel von Bullen und Bären wirken auch kurzfristige andere Terminmarktpositionen (z.B. von Futures und CFDs) sowie natürlich die globalen Marktkräfte, insbesondere von den US-Märkten.

Dagegen schätze ich das Gewicht der genannten Marken für den DAX-Verfallstag als gering ein. Dennoch sind sie bedeutsam, vor allem, wenn der DAX sich – wie gestern bereits geschehen – in ihre Richtung bewegt. Dann können sie am Ende den Ausschlag für den Abrechnungskurs geben.

Und die Chance, dass sich der DAX in diese Richtung, also nach oben, bewegt, ist hoch. Dafür spricht nicht nur die seit Wochen stark überverkaufte Lage, sondern auch die charttechnische Situation, und dabei insbesondere der jüngste Kursverlauf.

So kommt es zu „Schnittmuster-Charts“

Das Liniengewirr dieses Charts mag auf den ersten Blick irritieren. Die Vielzahl der Linien erklärt sich aber daraus, dass sich der DAX (und andere Indizes) derzeit in einer Bodenbildung befinden (können). Und dann erscheinen erfahrungsgemäß sehr viele Linien relevant. Das ergibt sich daraus, dass erste Abwärtslinien gebrochen und andere bestätigt werden. Zugleich werden erste, mögliche neue Aufwärtslinien gebildet. Und schließlich gibt es meist auch noch mögliche Seitwärtsformationen. So kommt es zu solchen „Schnittmuster-Charts“.

Hier hat der DAX zwischenzeitlich einen sehr steilen Abwärtstrend gebildet (rot schattierter Kanal), dessen Unterkante er jedoch im Tief Ende September nicht mehr erreicht hat. Folgerichtig hat er einige Zeit später – am Donnerstag – diesen Trend gebrochen. Dabei fiel er jedoch von der Oberkante eines weiteren möglichen Abwärtstrends (rot gestrichelte Linien) bzw. dem vorangegangenen Zwischenhoch zurück (siehe roter Pfeil).

Der Ausbruch aus dem roten Kanal war ein erstes konkretes bullishes Zeichen. Ein zweites ist, dass der Kurs offenbar nicht mehr unter die alten Jahrestiefs zurückfallen will (siehe grüner Pfeil). Positiv ist zudem, dass es eine erste Aufwärtstendenz gibt, zumindest auf der Unterseite (gestrichelte schwarze Linien). Er müsste demnächst über seine jüngsten Zwischenhochs (blaue Linie) ausbrechen, um diese angedeutete neue Aufwärtstendenz zu bestätigen.

Bodenbildung wahrscheinlich

Solange das nicht geschieht, ist eine Seitwärtsbewegung bzw. Bodenbildung wahrscheinlich, die sich momentan in einem aufsteigenden Dreieck (grau) abspielt. Diese Formation ist zwar formal eine Fortsetzungsformation, aber insbesondere nach längeren Abwärtstrends ist sie oft eine Bodenformation. Ich werte sie daher als tendenziell bullish. Auch das wäre aber erst mit einem Ausbruch nach oben bestätigt.

Sie sehen also, dass das Spannungsfeld, in dem sich der DAX derzeit bewegt sehr groß ist und alle Richtungen umfasst. Insgesamt überwiegen für mich aber aus charttechnischer Sicht kurzfristig die positiven Signale, so dass ich bis zum Verfallstag steigende Kurse erwarte.

Welche Marken der DAX bis zum Verfallstag ansteuern kann

Was bedeutet das nun für ein mögliches Kursziel bis zum Verfallstermin? Das Mindestziel ist natürlich die 12.500er Marke, da dort die beiden großen Call- bzw. Put-Positionen aus dem Geld wären. Der DAX hat diese Marke aber gestern schon erreicht, und wie zu erwarten war, wirkte die dortige Call-Position danach kursverstärkend, da sie abgesichert werden musste. Geht die Aufwärtsdynamik von gestern weiter, ist also in dieser Woche eine dritte Short-Squeeze möglich!

Dieser zusätzliche bullishe Impuls könnte die Kurse aus dem grauen Dreieck katapultieren, dessen Oberkante bei 12.700 Punkten liegt. Dorthn lief der DAX gestern schon. Damit käme die oben genannte Marke von 12.800 Punkten aus der Verfallstagspositionierung in Reichweite. Oberhalb davon, bei 12.873 Punkten liegt sogar ein kleines Target (gelber Kreis im DAX-Chart oben), das dann als Kursziel infrage kommt.

Weitere Kursziele auf der Oberseite – allerdings mit stark abnehmender Wahrscheinlichkeit – sind die violette gestrichelte Linie bei 12.937 Punkten bzw. die runde 13.000er Marke, die auch laut Verfallstagsdiagramm ein mögliches Kursziel ist. Dass der DAX dagegen bis Freitag die übergeordnete rote Abwärtslinie erreicht – die aktuell bei 13.240 Punkten und damit in Reichweite des nächsten Verfallstags-Kursziel bei 13.300 Punkten liegt –, erscheint aus gestriger Sicht möglich, aber sehr unwahrscheinlich.

Das sollten Sie nun bei Ihrem Trading beachten

Nach unten sind die 12.300-Punkte-Marke (aus dem Verfallstagsdiagramm) bzw. die Oberkante des roten Trends/die untere schwarz gestrichelte Linie (bei 12.094 Punkten) sowie das Vorwochentief mögliche (charttechnische) Kursziele.

Die Vielzahl der genannten Kursmarken bestätigt das oben Gesagte: Im Oktober ist der Einfluss der Verfallstagspositionierung im Vergleich zu allen anderen Faktoren eher gering. (Ausnahme: kurzfristig nach einem nachhaltigen Anstieg über 12.500 Punkte, wie wir gestern gesehen haben) Immerhin gibt es in dieser Woche auch keine allzu wichtigen Konjunkturdaten, aber dafür viele Quartalszahlen der Unternehmen.

So werden z.B. Tesla und Netflix ihre Berichte vorlegen. Das könnte zu stärkeren Kursbewegungen bei den Tech-Werten und damit auch im US-Gesamtmarkt führen – inklusive der entsprechenden Effekte auf den DAX. Sie sollten daher bei Ihrem Trading weniger auf die Verfallstagskonstellation, sondern mehr auf andere charttechnische Indikatoren und die Unternehmensnachrichten achten.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 18.10.22 09:14 Uhr