Aktien, Anleihen

Wenn die Börse auf die Realität trifft: Ein mögliches Szenario

Wenn Sie sich die täglichen Meldungen und Nachrichten anschauen, müsste man meinen, dass die Kurse kräftig hin und her in alle Richtungen schießen. Diese dramatisch aufgebaute Spannung ist aber mehr Schein als Sein. Tatsächlich sind die Kursreaktionen unter dem Strich eher verhalten, nur ab und zu kommt es zu sehr kurzen dynamischen Bewegungen, die meist aber bereits in den kommenden Tagen wieder ausgeglichen werden.

„Government Shutdown“ droht erneut

Dazu folgendes Beispiel: Donald Trump zeigt sich fest entschlossen sein Projekt „Grenzmauer zu Mexiko“ zu verwirklichen. Da der Kongress seine Zustimmung versagen könnte, hat Trump gedroht, notfalls einen Regierungsstillstand, einen „Government Shutdown“, zu riskieren, um den Druck auf den Kongress zu erhöhen.

Märkte schauen wohl keine Nachrichten

Zuletzt eskalierte ein Haushaltsstreit im Jahre 2011 so weit, dass ein tatsächlicher Regierungsstillstand drohte. Standard & Poor’s entzog den USA das Top-Rating.  Damals führte dieser Streit dazu, dass der S&P 500 etwa 18 Prozent und der DAX sogar fast 25 Prozent verlor. Ein drohender „Shutdown“ bietet also durchaus das Potenzial für heftige Kursreaktionen. Entsprechend betitelte n-tv den gestrigen Handelstag mit der Schlagzeile „Trump droht mit "Shutdown" - US-Börsianer ziehen den Kopf ein“. In Wirklichkeit büßten die US-Indizes jedoch nur rund 0,4 Prozent ein. Das reichte gerade einmal aus, die leicht höheren Gewinne des Vortages abzubauen. Zumal die Kurse gestern schon wieder stiegen. Die Anleger reagieren weiterhin sorglos.

Ein Shutdown ist möglich

Die derzeitige Sorglosigkeit könnten den Anlegern aber noch teuer zu stehen bekommen. Erst Ende April konnte der US-Kongress gerade noch rechtzeitig ein Haushaltsgesetz verabschieden, mit dessen Hilfe die Finanzierung des US-Haushalts bis zum Ende des Haushaltsjahrs 2017 am 30. September sichergestellt (siehe dazu auch Börse-Intern vom 2. Mai) wurde. Gut, bis heute sind die Haushaltstreitereien in den USA noch nie so weit gegangen, dass die US-Regierung ihre Schulden nicht mehr rechtzeitig bezahlen konnte und de facto bankrott ging.

Mit Trump könnte es aber zumindest erneut zum „Gouverment Shutdown“ ab dem 1 Oktober kommen, dessen Auswirkungen spätestens dann auch die Börsen nicht kaltlassen dürften.

Noch ist nichts entschieden

Für Panik ist es aber noch etwas zu früh. Wenn die Sommerpause am 5. September zu Ende ist, versammelt sich der Kongress zu neuen Beratungen. Selbst danach bleiben noch einige Tage Zeit, um zu einer Einigung zu gelangen. Die eher moderaten Kursreaktionen sind also insoweit noch nachvollziehbar.  Hier in der Börse-Intern zeigen wir jedoch schon frühzeitig Gefahren und Chancen auf, die im Mainstream so nicht zu finden sind. Deshalb folgt nun ein passendes Szenario:

Wie Trendwenden wirklich entstehen

Wenn ein Abwärtstrend sein Ende findet, kommt es oftmals zu einem finalen Sell-Off, der dann wiederum von einer schnellen Trendwende abgelöst wird. Dabei bildet sich in der Regel eine V-Form. Bei Aufwärtstrend läuft es aber eher gegenteilig ab. Es beginnt langsam mit Konsolidierungen auf hohem Niveau. Erst dann fallen die Kurse stärker. Die Abwärtsbewegungen beschleunigen sich und gehen in eine klare Korrektur über.

Derzeit sehen wir bei den US-Indizes lediglich sehr flache Konsolidierungen. Diese haben wir auch schon im Zuge des übergeordneten Aufwärtstrends erlebt. Sie sind zurzeit noch klar bullish zu werten und signalisieren eher eine baldige Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.

An dieser Stelle kommt die Schuldenobergrenze der USA ins Spiel. Diese könnte dafür sorgen, dass die Märkte in der laufenden Konsolidierung verweilen und dadurch neue Hochs verhindert werden. Das würde dann zur saisonalen Schwäche passen. Sollte es aber absehbar werden, dass der Haushaltsstreit eskaliert, dürfte dies die Kurse stärker belasten. Ein folgender Shutdown könnte der Abwärtsbewegung den nötigen Schubs geben, um zu einer echten Korrektur zu werden. Passenderweise würde der Shutdown genau mit dem Oktober anfangen, der gerne als „Crash-Monat“ bezeichnet wird (obwohl er statistisch eher unauffällig ist, während der September der schlechteste Börsenmonat ist).  Wobei ein wirklicher Crash auch dann noch unwahrscheinlich ist.

Kein (Rest-)Potential im Dow Jones

Wenn Sie die Börse-Intern schon länger verfolgen, könnten Sie sich auch noch an meine Prognosen vom Jahresbeginn erinnern. Am 15. Februar lautete der Titel der Börse-Intern „US-Indizes haben maximal 7 Prozent Restpotential“. Davor hatte ich in der Ausgabe vom 16. Dezember 2016 mit Hilfe der Elliott-Wellen und dem Prinzip der Wellengleichheit im Dow Jones „für den günstigsten Fall ein Restpotential auf rund 22.000 Punkte ermittelt“. Dazu an dieser Stelle zunächst noch einmal der Chart von damals:

Dow Jones - Elliott-Wellen-Analyse

Vergleicht man nun diese Prognose mit dem (folgenden) aktuellen Dow Jones-Chart, sieht man, dass sie kaum präziser hätte ausfallen können (sofern die US-Indizes nun wirklich in eine längere Korrektur gehen).

Dow Jones - Elliott-Wellen-Analyse

Die aktuelle Konsolidierung startete genau als sie die obere Linie des (grünen) Trendkanals im Dow Jones traf. Außerdem passt das Ausmaß der 5. Welle nun zu dem der Welle 1. Aus charttechnischer Sicht wären weitere Verluste und eine schärfere Korrektur damit gut begründet. Dazu kommen dann noch fundamentale Überbewertung des US-Aktienmarktes, die Saisonalität, das wahrscheinlich hinter uns liegende Hoch des Wachstumsmomentums der Wirtschaft im zweiten Quartal und die mögliche Gefahr eines Shutdowns ab Oktober.

Fazit

Die einzelnen Teile fügen sich derzeit gut in ein passendes Bild zusammen. Deswegen könnte aus dem geschilderten Szenario bald harte Realität werden. Ob es so kommt, kann wie immer nur die Zeit zeigen. Es lohnt sich jedoch diese Szenarien im Hinterkopf zu behalten und in den kommenden Tagen und Wochen die Augen offen zu halten. Bis dahin werden wir Sie hier in der Börse-Intern natürlich weiterhin kontinuierlich informieren.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 25.08.17 13:28 Uhr