Aktien, Anleger

Auf kurze Sicht stehen Euro und US-Dollar im Fokus

In dieser Woche steht die Sitzung der EZB am kommenden Donnertag deutlich im Fokus der Märkte. Denn nach den verheißungsvollen Aussagen von Mario Draghi sind die Erwartungen der Anleger hoch. Im Konsens wird sowohl mit einer monatlichen Aufstockung des QE-Programms um mindestens 10 Milliarden Euro als auch mit einer zeitlichen Ausdehnung gerechnet. Zudem wird eine Absenkung des Einlagenzinses erwartet. In den Kursen sind diese Maßnahmen zumindest zum Teil bereits eingepreist. Entsprechend hoch ist das Enttäuschungspotenzial, wenn die EZB diese Wünsche nicht erfüllt.

Erst Zinssenkung, dann Zinserhöhung?

Ein weiteres Top-Ereignis ist in dieser Woche der monatliche Arbeitsmarktbericht aus den USA. Er könnte die Fed darin bestärken, mit der Wende in der Nullzinspolitik zu beginnen. Die meisten Experten rechnen für den 16. Dezember mit der ersten Zinserhöhung in den USA seit fast zehn Jahren. Ein Stellenaufbau von über 200.000 dürfte den Weg dazu ebnen.

Zuvor blicken die Anleger bereits am Donnerstag neben der EZB-Sitzung auf Fed-Präsidentin Janet Yellen, die vor den US-Kongress tritt, um die Geldpolitik der Notenbank zu erläutern und sehr wahrscheinlich die bevorstehende Zinswende weiter vorzubereiten. Sie dürfte bei der Anhörung an ihrer bisherigen Kommunikationslinie festhalten, um die Anleger so kurz vor der Zinsentscheidung nicht zu verunsichern. Auch diese Rede könnte marktbewegenden Charakter haben.

Euro könnte vor Gegenbewegung stehen

Der Euro befindet sich zum US-Dollar auf dem Weg zu seinen Jahrestiefs. Wenn in den kommenden Tagen die EZB liefert und die US-Arbeitsmarktdaten eine Zinserhöhung wahrscheinlicher machen, dann dürfte der Euro dieses Niveau auch zumindest noch erreichen. Immer mehr Analysten erwarten sogar noch die Parität, also das ein Euro genauso viel Wert wird wie ein US-Dollar (EUR/USD = 1)

Es könnte aber auch anders kommen. So wäre auch eine stärkere Gegenbewegung denkbar, wenn sich alle Erwartungen der Anleger erfüllen. Denn weitere geldpolitische Maßnahmen sind dann auf absehbare Zeit weder von der EZB noch von der Fed zu erwarten. Und entsprechend könnte der Abwärtsdruck im Euro nachlassen und sich die Seitwärtsrange zwischen grob 1,05 und 1,15 US-Dollar fortsetzen. Spekulationen auf weiter fallende Euro-Notierungen sollten also inzwischen eng abgesichert werden. Sofern sich an den Unterstützungen ein Boden ausbildet, wäre sogar eine spekulative Long-Position möglich.

Der Währungskorb des IWF

Während kurzfristig also die Wirtschaftsdaten und die Notenbanken aus Europa und den USA die Märkte beherrschen, gab es vorgestern vom IWF eine Entscheidung, die die Wechselkurse wahrscheinlich langfristig maßgeblich beeinflussen wird. Das Exekutivkomitee des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat vorgestern die Aufnahme des chinesischen Yuan - auch als Renminbi bekannt - als fünfte Währung in den Korb zur Berechnung der Sonderziehungsrechte (SZR) aufgenommen. Die Änderung soll ab dem 1. Oktober 2016 umgesetzt werden. Der Yuan spielt damit in einer Liga mit dem US-Dollar, dem britischen Pfund, dem Euro und dem japanischen Yen.

Alle zusammen bilden - gewichtet nach der Bedeutung der jeweiligen Währung in der Weltwirtschaft - eine Art Kunstwährung. Sie wird an keiner Börse gehandelt, dient dem Währungsfonds aber als Berechnungsgrundlage, zum Beispiel für internationale Finanzhilfen. Derzeit ist der Dollar mit 41,9 Prozent das Schwergewicht, gefolgt vom Euro (37,4 Prozent), dem britischen Pfund (11,3 Prozent) und dem Yen (9,4 Prozent). Mit der Aufnahme des Yuan soll die neue Gewichtung auf 41,73 Prozent für den US-Dollar, 30,93 Prozent für den Euro, 10,92 Prozent für den Yuan, 8,33 Prozent für den japanischen Yen und 8,09 Prozent das britische Pfund lauten.

Rasante Aufholjagd

In den vergangenen Jahren hat die chinesische Währung eine rasante Aufholjagd hingelegt. Lag der Yuan im August 2012 noch auf Platz zwölf der international am meisten gehandelten Währungen, schafft er es inzwischen noch vor dem japanischen Yen auf Platz vier. Im Vergleich zu den Top-Drei ist der Yuan allerdings noch weit abgeschlagen. Nur ca. 2,8 Prozent der internationalen Zahlungen werden derzeit in Yuan abgewickelt - gegenüber 44,8 Prozent in US-Dollar, 27,2 Prozent in Euro sowie 8,5 Prozent im britischen Pfund.

Weitere Schritte zur Flexibilisierung

Damit der Yuan weiter aufholen kann, sind in China weitere Reformen notwendig. Denn der Yuan ist noch nicht völlig frei handelbar. Aktuell entscheidet noch maßgeblich der Staat, wie sehr der Wechselkurs schwanken darf. Allerdings hat Peking bereits angekündigt, das ändern zu wollen und auch bereits erste Schritte unternommen.

Mitte August hatte eine Änderung in der Berechnungsmethodik des Wechselkurses zu einer deutlichen Aufwertung geführt. Die Märkte hatten vermutet, dass die chinesische Notenbank den Yuan abgewertet hat, um die heimischen Produkte auf dem Weltmarkt wieder wettbewerbsfähiger zu machen und den Absturz der Wirtschaft zu verhindern, was zu deutlichen Kursturbulenzen insbesondere an den chinesischen Börsen geführt hatte. Doch tatsächlich machte Chinas Notenbank damit nur den Weg für die jetzige Aufnahme in den Währungskorb des IWF frei.

Freigabe muss in vorsichtigen Schritten erfolgen

Die Freigabe eines Wechselkurses muss grundsätzlich in vorsichtigen Schritten erfolgen. Wäre Chinas Währung von gestern auf heute den Kräften der weltweiten Finanzmärkte ausgesetzt, könnten internationale Investoren nach der Freigabe des Yuan zum Beispiel massiv auf eine Aufwertung spekulieren. Dadurch könnten in kürzester Zeit riesige Mengen Geld ins Land fließen, was zu Spekulationsblasen führen kann. Andererseits könnten aus Sorge um die chinesische Wirtschaft bei einem frei handelbaren Yuan große Mengen Kapital aus dem Land abfließen, was die Gefahr des aktuell bereits spürbaren Abschwungs noch erhöhen würde.

Chinesische Wirtschaft im Wandel

Zur Erinnerung: Chinas Wirtschaft war im vergangenen Quartal mit 6,9 Prozent so langsam wie seit sechs Jahren nicht mehr gewachsen. Und jüngste Daten deuten darauf hin, dass sich diese Verlangsamung des Wachstums fortsetzt. So ist die Lage in den Industriebetrieben des Landes so angespannt wie seit drei Jahren nicht mehr. Der offizielle PMI-Index, der die Stimmung bei den Einkaufsmanagern von produzierenden Unternehmen misst, fiel im November im Vergleich zum Vormonat von 49,8 auf 49,6 Punkte und damit auf den tiefsten Wert seit 36 Monaten. Werte über der Schwelle von 50 Punkten deuten auf Wachstum in der Wirtschaft hin, während Werte darunter auf einen Abschwung hinweisen.

Geht der Aufwärtstrend an den Aktienmärkten zu Ende?

Wenn also die chinesische Währung weiter flexibilisiert wird und dadurch weiter aufwertet, wird dies die Wirtschaft des Landes weiter schwächen. Und dies dürfte auch die Weltwirtschaft belasten. In diesem Fall ist zu erwarten, dass die Aktienmärkte nicht mehr in dem Maße zulegen können, wie sie es in den vergangenen Jahren getan haben. Die Aufwärtstrends könnten vor ihrem Ende stehen. Aber das ist Zukunftsmusik. Bislang haben wir es nur mit einer Konsolidierung zu tun. Diese könnten sich aber zu einer anhaltenden Seitwärtsbewegung oder einer Topbildung weiterentwickeln. Das gilt es sehr genau zu beobachten. Wir halten dies für Sie im Auge.

Viele Grüße

Ihr

Jochen Steffens

(Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 02.12.15 09:58 Uhr