Konjunktur, Zinsen

Konjunktur, Zinsen, Politik: Was bedeutet das für die Value Strategie?

2017 ist durch eine ganze Reihe an  -insbesondere politischen - Unwägbarkeiten gekennzeichnet. Diese betreffen in erster Linie die Entscheidungen der neuen US-Administration und die Wahlen in mehreren europäischen Ländern, in denen populistische Parteien an die Regierung kommen und einen Ausstieg aus dem Euro betreiben könnten. Diese politischen Gefahren gehen mit einer neuen Volatilität auf den Finanzmärkten einher und führen zu einer erhöhten Risikoaversion, die den Sektoren zu Gute kommt, die als „Anleihe-Proxy“ wahrgenommen werden. Die Gefahren dürfen jedoch nicht die fundamentalen positiven Tendenzen verdecken, die sich seit einigen Monaten vor allem für die europäischen Unternehmen abzeichnen. Das laufende Jahr scheint diesbezüglich eine Trendwende einzuläuten. Zum einen befeuern der Anstieg der Inflationsraten und die makroökonomische Verbesserung den Beginn einer Normalisierung der langfristigen Zinssätze. Insbesondere aber stellt das Jahr einen Wendepunkt für die Margen der europäischen Unternehmen aufgrund ihres im Laufe der letzten zehn Jahre erarbeiteten Operating Leverage dar.

Restrukturierungsmaßnahmen zahlen sich aus

Seit mehreren Monaten weisen die Indikatoren und makroökonomischen Publikationen auf eine verbesserte Lage in Europa und den USA hin. Diese positiven Signale spiegeln sich auch in den soliden Ergebnisse im vierten Quartal wider, die die Erwartungen des Marktes, insbesondere im Falle der europäischen Unternehmen, insgesamt überstiegen haben. Letztere ernten jetzt die Früchte der in den letzten zehn Jahren vorgenommenen Umstrukturierungen und könnten so den Abstand ihrer Ergebnisse aufholen, den sie seit Beginn der Krise gegenüber den amerikanischen Unternehmen hinnehmen mussten. Die US-Unternehmen konnten bereits von der Erholung der Geschäftszahlen auf ihrem Heimatsmarkt profitieren und verzeichnen jetzt Margen, die über denen des letzten Booms liegen. Die europäischen Unternehmen und hier vor allem die Zykliker, nahmen tiefgreifende Umstrukturierungen vor, um den Rückschlägen entgegenzuwirken, die die europäische Wirtschaft seit 2008 hinnehmen musste. Dies trifft beispielsweise auf den Industriekonzern Alfa Laval zu, dem es trotz eines Auftragsrückgangs von 20 Prozent gelang, eine operative Marge von 15,6 Prozent zu halten. Diese Performance ist das Ergebnis einer rund zehnjährigen Umstrukturierung und einer aktiven Gestaltung seines Geschäftsportfolios. Auch der Automobilzulieferer Michelin nahm eine tiefgreifende Umstrukturierung seiner industriellen Infrastruktur und seiner Organisation vor, durch die der Konzern seine Fixkosten/Umsatz-Relation innerhalb von zehn Jahren um etwa 600 Basispunkte senken konnte.

Stark unterbewertete Unternehmen

Dieser tiefgreifende Wandel betrifft nicht nur die großen Industriekonzerne. So konnte die Schweizer Gesellschaft Oerlikon die Anzahl ihrer Segmente innerhalb von fünf Jahren von sechs auf drei halbieren und ihre Wettbewerbsposition im Segment ‚Surface Solution‘ durch die Übernahme von Metco stärken. Der Konzern nahm auch umfangreiche Umstrukturierungen im Segment ‚Manmade Fibers‘ vor, durch die diese Sparte trotz des Rückgangs ihrer Tätigkeit um 50 Prozent rentabel bleiben konnte. Unsere Portfolios wie das des paneuropäischen Aktienfonds METROPOLE Selection enthalten viele solcher Industrieunternehmen, die ähnliche strukturelle Verbesserungen vorgenommen haben. Diese sehr stark unterbewerteten Unternehmen können sich in Zeiten wirtschaftlicher Erholung, wie wir sie derzeit beobachten, auf einen starken Operating Leverage stützen.

Zahlreiche englische Unternehmen sind nicht angemessen bewertet

Interessante Anlagemöglichkeiten bieten auch andere Zweige der europäischen Wirtschaft. Dies gilt beispielsweise für die führenden Ölgesellschaften, die das für einen positiven Free Cash Flow notwendige Ölpreisniveau durch einschneidende Senkungen ihrer Kosten und Investitionen spürbar verringern konnten. Ebenso sind auch die Telekommunikationsunternehmen immer noch stark unterbewertet, während die Branche eine deutliche Steigerung seiner Cash Flow-Generierung verzeichnen kann. Auch zahlreiche englische Gesellschaften, insbesondere diejenigen, die den Großteil ihrer Umsätze auf dem heimischen Markt erzielen, sind nicht angemessen bewertet, wie beispielsweise Lloyds, Hays oder Marks & Spencer. Sie  litten unter den Sorgen um eine Verlangsamung der englischen Wirtschaft und den möglichen Folgen einer Abwertung des britischen Pfunds auf ihre Ergebnisse. Die aktuelle Bewertung dieser Unternehmen spiegelt Szenarien wider, die weit über die nach der Brexit-Entscheidung beobachteten Trends hinausgehen und bisweilen sogar mit den Umsatzrückgängen im Jahre 2009 vergleichbar sind.

Wenn die politischen Risiken in diesem Jahr auch zu einer Volatilität an den Finanzmärkten führen und vorübergehend die defensiven Sektoren stärken könnten, sprechen das Ende des Rückgangs der Anleiherenditen  und das erneute Wachstum der europäischen Wirtschaft in Verbindung mit einem starken Operating Leverage zahlreicher zyklischer Unternehmen in Europa doch für einen neuen, der Value-Strategie entgegenkommenden Zyklus. Vor diesem Hintergrund sollte jede Übertreibung an den Märkten genutzt werden.

 

@ ad-hoc-news.de | 23.03.17 07:48 Uhr