Analyse, Ukraine

Eine Aufnahme der Ukraine in die EU würde ohne eine Änderung von Förderregeln erhebliche finanzielle Konsequenzen für die bisherigen Mitgliedsstaaten haben.

07.03.2024 - 05:42:29

Analyse: Ukraine bekäme bei EU-Beitritt die meisten Agrarsubventionen

Nach neuen Beispielrechnungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel hätten sich die Gesamtkosten einer Integration der Ukraine in der laufenden Haushaltsperiode von 2021 bis 2027 auf rund 136 Milliarden Euro belaufen. So würde das Land etwa mit 85 Milliarden Euro über den Siebenjahreszeitraum das meiste Geld aus dem Topf für Agrar-Subventionen bekommen, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.

Die Denkfabrik kommt gleichzeitig allerdings zu dem Ergebnis, dass sich die Position der Nettoempfänger und Zahler in der EU kaum verändern würde. So entsprechen die Gesamtkosten von 136 Milliarden Euro den Berechnungen zufolge lediglich rund 0,13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU (BIP) im gleichen Zeitraum. Der Beitritt der Ukraine würde zudem die Wirtschaftsleistung der EU durch Handel, Migration und ausländische Direktinvestitionen positiv beeinflussen sowie Beschäftigung, Produktion und Steuereinnahmen steigern, heißt es.

Für ihre Analyse verwendeten die Experten die Zahlen und die Förderregeln des bestehenden, mehrjährigen EU-Haushalt. Dieser Gemeinschaftsetat umfasst von 2021 bis 2027 rund 1,1 Billionen Euro. Grundlage sind zudem ukrainische Bevölkerungs- und Wirtschaftsdaten aus 2020 - dem Jahr, in dem sich die EU auf den langfristigen Haushalt verständigte. Demnach würde auch der Umfang des Budgets nach einem Beitritt der Ukraine leicht ansteigen.

Die hohe Summe an Agrarsubventionen würde in die Ukraine fließen, wenn die territoriale Integrität der Ukraine vollständig wiederhergestellt und verschmutzte oder verminte landwirtschaftliche Flächen saniert würden. Die EU-Subventionen werden vornehmlich nach der Größe der bewirtschafteten Anbaufläche berechnet. Daneben würde das Land den Berechnungen zufolge 32 Milliarden Euro an sogenannten kohäsionspolitischen Zahlungen bekommen. Mit diesen Mitteln soll strukturschwachen Regionen beim Wachstum geholfen werden, um wirtschaftliche und soziale Unterschiede auszugleichen. Die derzeitigen Mitgliedsstaaten würden demnach 24 Milliarden Euro weniger an Kohäsionsmitteln erhalten. Aus anderen EU-Programmen würden den Angaben nach weitere sieben Milliarden Euro an die Ukraine fließen. Kohäsion bedeutet so viel wie Zusammenhalt.

Dass die bisherigen EU-Haushaltsregeln bei einem Beitritt angewendet würden und es keine Übergangsregelungen gäbe, halten die Autoren für unwahrscheinlich. Anfang November hatte die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine empfohlen. Bei einem Gipfeltreffen Mitte Dezember hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf die Aufnahme von Beitrittsgesprächen verständigt. Diese haben aber noch nicht einmal begonnen und dürften viele Jahre dauern.

@ dpa.de