Zukunft, Seetransports

Die Zukunft des Seetransports

08.03.2022 - 11:52:32

Experten schätzen, dass der Seetransport in Zukunft weiterwachsen wird. Voraussetzung dafür: Der Weltseeverkehr schafft den Wandel zu mehr Effizienz und weniger Schadstoffausstoß. Die Zeichen stehen auf Fortschritt, wie spannende Projekte zum Thema Container-Leichtbau und Emissionsreduktion zeigen.

Schifffahrt vor der Zeitenwende – So macht sich die Branche zukunftsfit

Auf dem Weltklimagipfel wurden ehrgeizige Ziele beschlossen: 50 % Reduzierung der Treibhausemissionen bis 2050. Die Klimaneutralität soll bis 2100 erreicht werden. Für die Seetransporte eine Mammutaufgabe, denn mit den aktuellen Schiffen ist das nicht zu bewerkstelligen.

Deshalb fordern Unternehmen der Schifffahrtsindustrie verbindliche Regeln durch die Weltschifffahrtsorganisation IMO. Ziel ist es, die ambitionierten Ziele durch smarte Technologien vorzeitiger zu erreichen. Der WSC-Vizechef, Jeremy Dixon, sprach sogar davon, die 50-prozentige Reduktion schon 20 Jahre früher realisieren zu wollen.

Weniger Emission: Container-Leichtbau wesentlicher Schlüssel zum Erfolg

Damit die Seetransporte noch effizienter werden, ist viel kreatives und Ingenieur-Geschick gefragt. Neue Materialien und alternative Werkstoffe miteinander kombinieren – nur so kann dort Meinung vieler Experten die Trendwende in der weltweiten Schiffslogistik gelingen. Dass Leichtbau-Verfahren im Containerbau den entscheidenden Durchbruch bringen können zeigt das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit eindrucksvoll. Es gibt verschiedene Methoden und Wege durch diese Technik das geringstmögliche Gewicht zu erreichen, ohne dabei an Stabilität einzubüßen.  

Bislang werden ca. 90 % des gesamten globalen Warenverkehrs mit den standardisierten Frachtcontainern durchgeführt. Sind die Container nicht gefüllt, haben sie ein Leergewicht von mehr als 4 Tonnen. Leichtbau-Konstruktionen könnten die Lösung sein. Sie haben weniger Gewicht und verursachen damit geringere Treibstoffkosten; tragen zu mehr Nachhaltigkeit bei.

Die Investition in neue Container-Konstruktionen könnte sich für Reedereien langfristig rechnen. Das Fraunhofer-Institut geht bei seiner Untersuchung davon aus, dass die Kostenbelastung für die Neuanschaffung zwischen 2.000 Euro und 2.500 Euro/Stück liegen könnte. Eine enorme Investitionshöhe in Millionenhöhe, um alle Container zu ersetzen. Wirtschaftlich auf den ersten Blick ineffizient, kann sich der schrittweise Tausch jedoch bezahlt machen.

Dafür müssen die Container jedoch ähnliche Steifigkeitswerte und Materialeigenschaften wie die klassischen bisher genutzten Transportcontainer mitbringen. Es geht darum, dass der Leichtbau robust ist und sich auch bei Erschütterungen nicht einfach verformt.

„Getting to Zero Coalition“– sogar BMW hilft bei Emissionsreduktion auf dem Seeweg

Über 150 Unternehmen haben sich zu einem kraftvollen Bündnis zusammengeschlossen. Ihr Ziel mit der „Getting to Zero Coalition“: emissionsfreie Hochseeschiffe bis 2030. Ein ehrgeiziges Ziel, dem sich seit 2019 auch der deutsche Autobauer BMW angeschlossen hat.

Durch die internationale Schifffahrt werden bisher ca. 2-3 % aller weltweiten Treibhausgasemissionen verursacht. Ca. 80 % des Welthandelsvolumens werden über den Seeweg verbracht. Es ist viel Kraftanstrengung nötig, um die Emissionen zu reduzieren und dennoch dem steigenden Welthandelsvolumen gerecht zu werden.

Damit das ehrgeizige Ziel gelingt, müssen nicht nur alternative Antriebssysteme entwickelt werden. Nein, Schiffe benötigen auch eine smarte Kraftstoffversorgungskette (beispielsweise „Betankungen“ auf hoher See). An diesem Projekt arbeiten zahlreiche namhafte Unternehmen, darunter auch Banken, Automobilunternehmen, Ölkonzerne oder Häfen.

Ammoniak ersetzt künftig Schiffskraftstoffe

Die Lösungsansätze sind äußerst spannend, u. a. das Nordic GreenAmmonia Powered Ship. Emissionsfreie Schifffahrt mit Ammoniak. Diese Idee wird Realität und in mehreren Phasen umgesetzt. Die erste begann bereits 2020. In den nächsten Etappen soll das Schiff bis 2025 einsatzbereit sein.

Die weltweite Handelsflotte besteht aus über 90.000 Schiffen, die pro Jahr ca. 250 bis 300 Millionen Tonnen Öl benötigen. Norwegen, Schweden und Finnland haben schon längst eine Vorreiterrolle, wenn es um emissionsfreie Ideen für Transportmittel geht. Kaum verwunderlich, dass auch das Ammoniak-Schiff aus ihrer Ideenschmiede stammt. Statt Kraftstoff wird künftig Ammoniak verwendet, um für den Schiffsantrieb zu sorgen.

Kann das wirklich funktionieren? Experten sind sich einig: es kann. In der ersten Phase begannen die Ideengeber 2020-2021 damit, die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Ammoniak-Schiffes zu prüfen. Die zweite Phase läuft von 2022-2025 und befasst sich mit den Details der Stützkonstruktion. Es geht um:

  • Materialien an Bord
  • Dimensionierung der Tank
  • die ideale Position von Besatzung, Maschinenraum und Co.

Geplant ist es, das Schiff bereits 2024/2025 in Betrieb zu nehmen. Zunächst soll es in der nordischen Region eingesetzt werden, um Effizienz und Praxisbetrieb zu testen. Bei Erfolg ist die Ausweitung auf den internationalen Schiffsverkehr angedacht.

Tempolimit für Schiffsverkehr: 20 % weniger Geschwindigkeit könnten helfen

Neben all den Effizienzideen in Schiffsverkehr gibt es auch bei der Geschwindigkeit neue Sichtweisen. Die Organisation OceanCare hat kalkuliert, dass ca. 20 % Temporeduktion maximal 25 % Treibhausgase einsparen könnten. Öltanker haben durch geringere Geschwindigkeit sogar noch mehr Sparpotenzial bis ca. 30 %.

Natürliche Ressourcen für Speed nutzen: wie der Wind die Schiffe klimaneutral antreiben könnte

Dass Segelschiffe enorme Geschwindigkeiten auf das Wasser bringen können, ist bereits bekannt. Regelmäßig werden bei internationalen Segelwettbewerben gebrochen. Mit 50 Knoten (ca. 92,6 Kilometer pro Stunde) gleiten die meterlangen Schiffe lautlos durch das Wasser. Eine Idee, die auch bei großen Containerschiffen Schule machen könnte.

Findige Ingenieure haben bereits herausgefunden, dass ein aufblasbares Segel ganz neue Maßstäbe in der Frachtschifffahrt der Zukunft setzen könnte. Kein geringerer als der führende Reifenhersteller aus Frankreich, Michelin, hat sich bereits an dem ehrgeizigen Projekt versucht. Das Ergebnis: Ein Schiff, welches mit einem riesigen Segel versehen ist. Es lässt sich ganz einfach per Knopfdruck aufblasen, um die günstige Windkonstellation zu nutzen.

Zur vereinfachten Anwendung haben die findigen Tüftler gemeinsam mit Schweizer Ingenieuren Sensoren integriert. Sie messen, woher der Wind kommt und richten das Segel effizient automatisch aus.

Eine Alternative Segelvariante hat die britische Forschungs- und Beratungsstelle für Schifftechnologie ins Rennen geschickt. Bar Technologies entwickelte "Wind Wings". Diese Segel haben eine imposante Größe von 45 Metern und lassen sich auf Frachter montieren. Mit den Segeln können ca. 25-30 % Treibstoff eingespart werden.

Auch an Brücken wurde bei den Segelideen gedacht. Die "Wind Wings" lassen sich bei Bedarf flach herunterklappen, sodass das Passieren der Brücken leicht möglich ist. 2024 soll es so weit sein: Die ersten "Wind Wings" stechen auf einem Frachtschiff in See.

Neue Schiffsmaterialien: Holz als nachhaltige Rohstoff

Bislang sind Frachtschiffe vor allem aus aufwendigen Stahlkonstruktionen gefertigt. Schwer im Wasser liegend und nicht nachhaltig, was zum enormen Kraftstoffverbrauch führt. Neu gedacht wurde ein Schiff aus Holz. Ein Team in Costa Rica hatte dazu die Idee. Es entstand ein Segelboot, welches vollständig aus heimischen Hölzern gefertigt wurde und 250 t Fracht transportieren kann. Bei einer Länge von 46 Meter wird das Schiff mit einem Elektromotor angetrieben, falls es einmal Windflaute gibt. Die Testphase für den Transport soll schon bald zwischen Süd- und Nordamerika stattfinden.

Ziel: Anreize für die Umrüstung der Schiffe schaffen

Wie lässt sich das ehrgeizige Ziel realisieren, bis 2030 deutlich Emissionen zu reduzieren? Nur mit findigen Ideen allein geht es laut vieler Experten nicht. Künftig müssen Politik und Wirtschaft auch für Reedereien Anreize schaffen, um die Schiffe umzurüsten bzw. auf alternative Bauweise zu setzen.

Die Bundesregierung geht mit gutem Beispiel voran und unterstützt Klimaneutralität auf See. Damit die Ziele bis 2030 schaffbar sind, fordert Deutschland die Forschung und Entwicklung alternativer Antriebssysteme und Co. durch das maritime Forschungsprogramm MARITIME.green.Propulsion. Hierfür stellt die Regierung 58 Millionen Euro zur Verfügung. Erste Erfolge gibt es bereits, denn am 29. September 2021 stach das erste kommerziell genutzte Containerschiff mit LNG (CO2-neutral) in See. Das Schiff „Elbblue“ (Reederei Elbdeich) setzte mit seiner Jungfernfahrt einen echten Meilenstein in der neuen Schifffahrtsgeschichte auf dem Weg zu emissionsfreien Transportwegen über die Weltmeere.

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