ROUNDUP, SPD-Chefin

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat der in der Union angeregten Verlagerung von Asylverfahren in LĂ€nder außerhalb der EuropĂ€ischen Union eine klare Absage erteilt.

29.12.2023 - 11:06:05

SPD-Chefin erteilt Asylverfahren außerhalb der EU klare Absage

"Die zwangsweise Externalisierung von Asylverfahren verstĂ¶ĂŸt gegen die Genfer FlĂŒchtlingskonvention, die im Übrigen als Reaktion auf die Massenvertreibungen durch die Nazis geschaffen wurde", sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind uns unserer Geschichte bewusst und deshalb bleibt die Genfer FlĂŒchtlingskonvention unsere klare Wegmarke."

Ruanda ist bereit zu kooperieren

Die CDU plĂ€diert im Entwurf fĂŒr ihr neues Grundsatzprogramm fĂŒr eine Verlagerung von Asylverfahren und sieht dies durchaus im Einklang sowohl mit der Genfer FlĂŒchtlingskonvention wie auch der EuropĂ€ischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Beide Konventionen beinhalteten nicht das Recht, sich das Land des Schutzes frei auszusuchen, heißt es im Entwurf der CDU-Programmkommission, der im Januar von den Parteigremien beschlossen werden soll. Demnach soll jeder, der in der EU Asyl beantragt, in einen sicheren Staat außerhalb der EuropĂ€ischen Union ĂŒberfĂŒhrt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. FĂ€llt es positiv aus, soll dem Antragsteller dort Schutz gewĂ€hrt werden.

Das ostafrikanische Ruanda hat als erster Staat seine Kooperation fĂŒr ein solches Modell angeboten. Die britische Regierung ist mit ihrem Plan, Asylverfahren dorthin auszulagern, allerdings im November vor dem obersten britischen Gericht gescheitert.

Esken zĂ€hlte eine Reihe weiterer GrĂŒnde auf, warum sie das sogenannte Ruanda-Modell nicht fĂŒr realisierbar hĂ€lt: "Die EuropĂ€ische Kommission hat die PlĂ€ne als nicht vereinbar mit dem EU-Recht verworfen, der EuropĂ€ische Gerichtshof fĂŒr Menschenrechte hat die britischen Ruanda-PlĂ€ne gestoppt, der UNHCR hat jegliche Mitarbeit an Ruanda-Modellen abgelehnt."

Dobrindt sieht in Ruanda-Modell Mittel gegen Schleusung

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte die Ampel-Koalition erst vor wenigen Tagen aufgefordert, sich nicht gegen die Verlagerung von Asylverfahren zu sperren. Deutschland könne "ein Schutzversprechen abgeben, das auch in LĂ€ndern außerhalb Europas durch uns garantiert und erfĂŒllt wird", sagte er der dpa. Dann werde niemand mehr bereit sein, 10 000 oder 20 000 Euro fĂŒr eine Schleusung zu bezahlen - "mit dem Wissen, dass er nicht in den deutschen Sozialsystemen landet, sondern sich mit einem Schutzstatus außerhalb Europas wiederfinden wird".

Laut Dobrindt kommen neben afrikanischen Staaten wie Ruanda und Ghana auch Staaten im Osten Europas fĂŒr Kooperationen in Frage. "Ein vernĂŒnftiges Programm zur UnterstĂŒtzung dieser Staaten, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, wĂŒrde die Bereitschaft ermöglichen, FlĂŒchtlinge aufzunehmen und ein Partner Deutschlands und Europas in der Lösung der Migrationskrise zu sein."

Esken warnt vor "Verhetzung von Migration"

Inwieweit Migration zu einem Hauptthema in den WahlkĂ€mpfen des nĂ€chsten Jahres werden könnte, wollte Esken nicht abschĂ€tzen. Sie warnte aber davor, die Debatte ĂŒber irregulĂ€re Einwanderung auf dem RĂŒcken der Migranten auszutragen. "Ich muss einfach sagen, dass ich die Verhetzung von Migration, die Verhetzung auch von Migrantinnen und Migranten fĂŒr hochgefĂ€hrlich halte", sagte sie. "Menschen, die unser Land mit aufgebaut haben und die das an jedem Tag weiter tun, werden derzeit wieder auf unseren Straßen beleidigt, angepöbelt, ausgegrenzt. Das ist nicht zu akzeptieren." Sie sei froh, dass es mittlerweile auch Stimmen aus der Wirtschaft gebe, die deutlich machten, wie schĂ€dlich diese Stimmung fĂŒr Deutschland sei.

"Wir mĂŒssen die Leistungen und den Beitrag der Migrantinnen und Migranten wertschĂ€tzen, ob sie nun in den 60ern, in den 90ern oder jetzt 2015/16 zu uns gekommen sind." Diese Menschen verdienten Respekt, betonte Esken. "Ich wĂŒrde mir wĂŒnschen, dass wir uns dieser Aufgabe gemeinsam annehmen, anstatt uns darĂŒber zu zerreißen."

@ dpa.de