ROUNDUP, Baerbock

Außenministerin Annalena Baerbock hat im Gaza-Krieg eindringlich neue humanitäre Feuerpausen zur Versorgung der Palästinenser sowie die Freilassung der noch etwa 130 Geiseln in Gewalt der Hamas gefordert.

09.01.2024 - 12:35:12

Baerbock in Ägypten - Humanitäre Lage im Gazastreifen im Mittelpunkt

Nötig sei eine deutlich weniger intensive, gezieltere Anti-Terror-Operation der israelischen Armee. "Und wir brauchen mehr humanitäre Pausen, damit deutlich mehr Hilfe an die Menschen verteilt werden kann", sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Samih Schukri in der neuen Hauptstadt östlich von Kairo.

Baerbock wollte im Anschluss in den Küstenort Al-Arisch am Mittelmeer und dann nach Rafah reisen, an den ägyptischen Grenzübergang zum Gazastreifen. Von dort aus wird nach wie vor der Großteil der internationalen Hilfslieferungen in den Gazastreifen abgewickelt. Baerbock hatte Israel schon zu Beginn ihres Nahostbesuches am Sonntag in Jerusalem aufgefordert, mehr Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung in Gaza zuzulassen.

Ägyptens Außenministerium bezeichnete die Bemühungen um eine erneute Waffenruhe und angemessene Hilfslieferungen für die Palästinenser als unausweichlich. "Die Rufe nach den legitimen Rechten der Palästinenser gibt es seit drei Jahrzehnten" sagte Schukri. "Eine nur wörtliche Forderung nach einer Zweistaatenlösung wird dieses Ziel nicht erreichen." Die aktuelle Lage im Gaza-Krieg entwickle sich in Richtung einer Vertreibung der Palästinenser, sagte Schukri. Die zwei Millionen Menschen in dem abgeriegelten Küstenstreifen würden belagert.

"Die israelische Armee muss mehr tun, um die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen", sagte Baerbock. "Das Leid so vieler unschuldiger Palästinenser kann so nicht weitergehen", sagte sie. Mit Schukri habe sie sehr intensiv und sehr lange und vertraulich darüber gesprochen, wie man zu neuen humanitären Pausen kommen könne, "damit Menschen in Israel und in Palästina endlich in Frieden und in Sicherheit leben können".

Weil es dafür auch "konkrete, ganz akute Maßnahmen im Hier und Heute" brauche, habe Deutschland seine humanitäre Hilfe für die Palästinenser auf rund 211 Millionen Euro verdreifacht und vor kurzem auch Brutkästen und Inkubatoren geliefert. Damit würden in Ägypten unter anderem verletzte Babys aus Gaza versorgt. Tausendfach mehr, gerade im medizinischen Bereich sei nötig, sagte Baerbock.

Auslöser des Gaza-Kriegs war ein Terrorangriff der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem abgeriegelten Küstengebiet und der hohen Zahl ziviler Opfer geriet Israel zuletzt international immer mehr in die Kritik.

Den Grenzübergang Rafah hatten zuvor unter anderem die Ministerpräsidenten von Spanien und Belgien, Pedro Sánchez und Alexander De Croo, besucht. Diese hatten das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen dabei sehr scharf kritisiert. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte nach einem Besuch dort sowohl der islamistischen Hamas als auch Israel Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Baerbock: Grenzübergänge Flaschenhals für Hilfslieferungen

Bereits zum Auftakt ihrer mehrtägigen Nahostreise hatte Baerbock Israel am Sonntagabend angesichts des Leids der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen aufgefordert, die Abwicklung von Hilfslieferungen in den Gazastreifen praktikabler zu machen. Die Menschen bräuchten Nahrung, sauberes Wasser und medizinische Versorgung.

Ein wichtiger Anfang sei, dass neben dem Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza von Israel auch der Übergang Kerem Schalom für Hilfslieferungen geöffnet worden sei, sagte sie nach Gesprächen mit Israels Präsident Izchak Herzog und dem neuen Außenminister Israel Katz in Jerusalem. "Aber so, wie diese Grenzübergänge derzeit funktionieren, sind sie ein Flaschenhals. Das kann so nicht bleiben." Es müssten weitere Wege für humanitäre Hilfe gefunden werden.

Im Libanon Gespräche zur Hisbollah geplant

Später am Dienstag wollte Baerbock in den Libanon weiterreisen zu politischen Gesprächen. Die Konfrontationen der Hisbollah im Libanon mit Israels Armee nahe der Grenze haben seit Beginn des Gaza-Kriegs immer weiter zugenommen. Nach der Tötung eines Hamas-Anführers und eines Hisbollah-Kommandeurs im Libanon wächst die Sorge, dass sich der Konflikt zu einem regionalen Flächenbrand entwickeln könnte.

@ dpa.de