Verkehr, Fachleute

Wer zu schnell fährt, dem drohen mitunter Punkte in Flensburg.

17.01.2024 - 07:30:54

Verkehr: Fachleute fordern Straftatbestand für Punktehandel. Praktisch, wenn dann Bekannte oder gar Unternehmen die Punkte auf sich nehmen. Wegen einer gesetzlichen Grauzone kann das funktionieren - bisher.

Fachleute wollen dem Handel mit Punkten in Flensburg einen Riegel vorschieben. Durch einen neuen Straftatbestand soll verhindert werden, dass Menschen Punkte auf sich nehmen, um einen anderen zu schützen - so fordern es zumindest einige Experten. Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar soll ab dem 24. Januar darüber gesprochen werden.

«Das ist ein irre Sauerei», sagt Siegfried Brockmann, der die Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft leitet. Die Möglichkeit des sogenannten Punktehandels nutze vor allem Menschen, die bereits viele Punkte haben - und denen der Entzug der Fahrerlaubnis für mindestens ein halbes Jahr droht. Die Punkte seien gegen diese Menschen bisher die wirksamste Methode.

Etwa 5000 Menschen erreichen jährlich die Schwelle von acht Punkten, wie der Leiter der Juristischen Zentrale beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC), Markus Schäpe, sagt. «Das sind die Unbelehrbaren, die eine große Gefahr für den Verkehr darstellen.» Wie oft genau der Punktehandel betrieben wird, dazu gibt es laut Schäpe keine belastbaren Zahlen. Laut dem Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamtes wurden 2022 in etwa 4,1 Millionen Fällen Punkte an Autofahrer wegen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten verteilt. Demnach ist die Zahl seit 2019 beständig gesunken.

Konkret geht es beispielsweise um Fälle, in denen wegen der schlechten Auflösung eines Blitzerfotos die Polizei per Brief den Halter nach dem Fahrer befragt. Wenn sich unbeteiligte Dritte hier selbst fälschlicherweise als Fahrer bezichtigen und die Punkte auf sich nehmen, geht das bisher oft ohne weitere Strafe aus. Bei der dritten Person kann es sich um einen Bekannten handeln oder eine Person, deren Dienst über entsprechende Firmen im EU-Ausland online gekauft werden kann.

Ein neuer Straftatbestand könnte nach Ansicht von Brockmann und Schäpe den Druck auf die Täter erhöhen. Auch die Gewerkschaft der Polizei will, dass die Gesetzeslücke geschlossen wird. Der Automobilclub von Deutschland hält die aktuelle Rechtslage hingegen für ausreichend.

@ dpa.de