Deutschland, Berlin

Wenn der Beat droppt, tanzen Zehntausende: Bei sengender Hitze treffen sich Techno-Fans, um gemeinsam den Spirit der Love Parade zu fühlen.

08.07.2023 - 18:03:04

Nackte Haut und krasse Beats - Techno-Parade in Berlin. Nach einigem Hin und Her gibt es eine riesige Party.

  • DJ Motte spricht zu den Feiernden. - Foto: Fabian Sommer/dpa

    Fabian Sommer/dpa

  • Fahrzeuge eines Sanitätsdienst stehen am Rande der Technoparade im Tiergarten. - Foto: Christoph Soeder/dpa

    Christoph Soeder/dpa

DJ Motte spricht zu den Feiernden. - Foto: Fabian Sommer/dpaFahrzeuge eines Sanitätsdienst stehen am Rande der Technoparade im Tiergarten. - Foto: Christoph Soeder/dpa

Bässe, die in den Magen fahren. Tanzende und jubelnde Massen. Zehntausende haben in Berlin mit Loveparade-Gründer Dr. Motte erneut am Samstag das Technospektakel «Rave The Planet» gefeiert. Bei strahlenden Sonnenschein und mehr als 30 Grad zeigten viele Menschen auf der Straße des 17. Juni nackte Haut. Manche Frauen hatten obenrum nur einen BH an oder trugen hüftabwärts nicht mehr als einen Tanga. Bis zuletzt stand die zweite Auflage der Techno-Parade auf der Kippe. Kurz vor dem Start gaben Feuerwehr und Polizei dann aber doch grünes Licht. «Die Innenstadt gehört heute den Raverinnen und Ravern», twitterte die Polizei am Mittag.

Dr. Motte, mit bürgerlichem Namen Matthias Roeingh, begrüßte die Raver am Großen Stern. «Unser Motto: Music is the answer. Schön, euch zu sehen!» Er und sein Team hatten bis zuletzt um die Veranstaltung gezittert und 36 Stunden vor Beginn einen privaten Sanitätsdienst engagiert. Das Problem sei auch dank eingegangener Spenden fast gelöst worden, hieß es. «Uns fehlen noch locker 150 000 Euro», erklärte Motte aber und rief zu weiteren Spenden auf.

Alle Auflagen erfüllt

Die Anstrengungen der vergangenen Tage haben Spuren hinterlassen - Dr. Motte klagte während der Veranstaltung über Kreislaufbeschwerden. Ihm fiele es jetzt schwer, sich wirklich über die Veranstaltung zu freuen, sagte er. Denn in den vergangenen Tagen herrschte viel Verwirrung um fehlende Verträge mit Sanitätsdiensten. Die Polizei hatte als Genehmigungsbehörde Bedenken wegen des Sicherheitskonzepts - auch mit Blick auf die Geschehnisse in Duisburg im Jahr 2010. Damals endete die völlig überfüllte Loveparade anderer Organisatoren in einer Katastrophe: 21 Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt.

Am Samstag waren aus Sicht von Polizei und Feuerwehr aber alle Auflagen erfüllt. «Das hat auf uns einen vernünftigen Eindruck gemacht», sagte ein Feuerwehrsprecher. Etwa 270 Menschen seien als medizinisches Personal vor Ort, die Veranstalter sprachen von 240 Helfern. Die Feuerwehr begleite die Parade zudem mit eigenen Kräften und koordiniere Notrufe, so der Sprecher. «Bei dem Wetter rechnen wir ohnehin mit einer erhöhten Anzahl von Einsätzen», erklärte er. Bis zum Nachmittag gab es nach seinen Angaben allerdings kein erhöhtes Aufkommen.

Die Polizei begleitet die Veranstaltung im Tiergarten zwischen dem Brandenburger Tor und dem Großen Stern nach eigenen Angaben mit rund 1000 Beamtinnen und Beamten. «Auf und neben den 25 Floats tummeln sich nach unserer Schätzung rund 130.000 mehr oder weniger wippende Menschen», teilte sie rund drei Stunden nach Beginn der Veranstaltung bei Twitter mit. Die Stimmung sei ausgelassen. Die Veranstalter sprachen von etwa 150 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Erwartet wurden bis zu 300 000. Neben Dr. Motte legten den Angaben zufolge weitere 200 DJs auf.

Wegen des Andrangs wurde am Brandenburger Tor der Bahnhof nach Polizeiangaben sicherheitshalber geschlossen. U-Bahnen und S-Bahnen würden nicht mehr dort halten, hieß es. Später bat die Polizei bei Twitter, nur noch die Zugänge südlich des 17. Juni zu nutzen. Zudem hatten sie eine skurrile Bitte: «Bitte entkleiden Sie sich nicht.» Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten sich beschwert.

Angemeldet als Demonstration

Wie die legendären Berliner Techno-Paraden in den 1990er Jahren war der Umzug als Demonstration angemeldet. Neben der Botschaft, elektronische Musik als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen und Technokultur von Förderungen profitieren zu lassen, ist auch Abrüstung eine Kernbotschaft der Veranstalter. «Uns geht's um Clubkultur, um Technokultur, und Technokultur ist friedlich», sagte die Sprecherin Ellen Dosch-Roeingh.

Für Berlins Kultursenator Joe Chialo kam mit der Techno-Parade ein Stück Berlin nach Hause. In einem blauen Blumenhemd war er tanzend auf dem Paradewagen der Veranstalter zu sehen - und knüpfte damit an frühere Erlebnisse an. «Ich bin jemand, der schon in den 90er Jahren bei den Love Parades hier in Berlin mit dabei war. Ich kann also aus eigenem Erleben sagen, wie geil das ist und warum das auch so richtig toll ist», sagte Chialo der Deutschen Presse-Agentur. «Ich feier' das richtig.»

@ dpa.de