Trinkwasser, Überschwemmung

Verwesende Leichen, verschmutzte Brunnen, Zehntausende Obdachlose: Die Versorgungslage in Libyen ist alarmierend.

19.09.2023 - 04:42:55

Trinkwasserlage in Libyen alarmierend. Experten warnen vor dem Ausbruch von Krankheiten. In die Verzweiflung mischt sich auch Wut.

  • Rettungsteams suchen in Darna nach Opfern. - Foto: Yousef Murad/AP/dpa

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  • In den betroffenen Gebieten vergrößert sich die Sorge um das Weiter- und Überleben nach der Katastrophe. - Foto: Muhammad J. Elalwany/AP

    Muhammad J. Elalwany/AP

Rettungsteams suchen in Darna nach Opfern. - Foto: Yousef Murad/AP/dpaIn den betroffenen Gebieten vergrößert sich die Sorge um das Weiter- und Überleben nach der Katastrophe. - Foto: Muhammad J. Elalwany/AP

Während Rettungsteams in der von Überschwemmungen zerstörten Hafenstadt Darna in Libyen wegen der prekären Trinkwasserversorgung Alarm schlagen, entlädt sich unter den verzweifelten Überlebenden Wut auf die politischen Eliten.

Hunderte aufgebrachte Menschen forderten vor einer Moschee im Zentrum der verwüsteten Hafenstadt Darna, dass die Verantwortlichen der Katastrophe zur Rechenschaft gezogen werden, wie gestern Aufnahmen des libyschen TV-Senders Al-Masar zeigten. In Folge des Sturms «Daniel» waren zwei Dämme in Darna gebrochen. Den Behörden wird vorgeworfen, diese nicht ordnungsgemäß instand gehalten und somit zum Ausmaß der Katastrophe beigetragen zu haben. Der Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

Wasserquellen stark verunreinigt

Laut Augenzeugen sollen Demonstranten versucht haben, das Haus des zur Zeit suspendierten Bürgermeisters Abdel-Moneim al-Gheithy in Brand zu setzen. Durch die schweren Überschwemmungen sind die Wasserquellen in der Katastrophenregion stark mit Abwässern verunreinigt. Tausende Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr. Die Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) warnte eindringlich vor einer sich «rasch ausweitenden Gesundheitskrise», vor allem in Darna. Dutzende Kinder seien bereits wegen verschmutzten Wassers erkrankt, hieß es.

Auch die Vereinten Nationen zeigten sich besorgt über die Zustände im Osten des Bürgerkriegslandes. Insbesondere verunreinigtes Wasser und mangelnde sanitäre Einrichtungen erhöhten das Risiko von Krankheitsausbrüchen, hieß es in einer gestern veröffentlichten Erklärung von UNSMIL, der UN-Mission in Libyen. Teams der Vereinten Nationen arbeiteten daran, eine «zweite verheerende Krise in der Region» und die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Die EU sagte Libyen weitere 5,2 Millionen Euro für humanitäre Hilfe zu. Auch die USA stellen weitere elf Millionen Dollar (zehn Mio Euro) bereit.

Viele Migranten unter den Opfern

Von der Katastrophe sind auch viele Migranten betroffen. Vor den Überschwemmungen lebten Tausende von ihnen allein in Darna. Die UN-Organisation für Migration (IOM) geht davon aus, dass die Zahl der Todesopfer unter den Migranten besonders hoch sein werde, da sie in sehr niedrig gelegenen Gebieten angesiedelt gewesen seien, wie die Organisation dem britischen Sender BBC mitteilte.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bis Ende vergangener Woche rund 4000 Todesopfer identifiziert. Die IOM geht davon aus, dass sich darunter allein rund 400 Migranten befanden. Diese Zahlen dürften mit der andauernden Bergung weiterer Leichen noch steigen.

Bürgerkrieg hat Land gespalten

In Libyen halten sich Hunderttausende Migranten auf. Einige leben und arbeiten langfristig in dem nordafrikanischen Land, während es andere als Transitland nutzen, um nach Europa zu gelangen. Die IOM und die WHO geben die Zahl der bestätigten Todesfälle ähnlich hoch an. Die Regierung im betroffenen Osten Libyens bezifferte die Zahl der offiziell registrierten Toten mit Stand gestern Abend auf 3338. Zehntausende von Menschen wurden durch die Katastrophe obdachlos.

Libyen ist faktisch zweigeteilt. Das Bürgerkriegsland hat im Westen eine Regierung, die international anerkannt ist. Im Osten, wo der Sturm «Daniel» besonders großen Schaden angerichtet hat, herrscht eine andere Regierung, die international nicht anerkannt ist. Die faktische Teilung erschwert die Rettungseinsätze.

@ dpa.de