Flughafen, Hamburg

Nach dem glimpflichen Ende der Geiselnahme am Hamburger Flughafen bleiben viele Fragen zum Thema Sicherheit.

06.11.2023 - 11:52:04

Flughafen Hamburg kündigt bauliche Maßnahmen an. Der Täter hatte die Absperrungen mit seinem Auto durchbrochen und war bis aufs Flugfeld vorgedrungen.

  • Der Geiselnehmer wird von der Polizei abgeführt. - Foto: Jonas Walzberg/dpa

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  • Der Hamburg Flughafen Helmut Schmidt: Die Größe des Airports umfasst fast 800 Fußballfelder. - Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

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  • Am Hamburger Flughafen kehrt langsam wieder Normalität ein. - Foto: Bodo Marks/dpa

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Der Geiselnehmer wird von der Polizei abgeführt. - Foto: Jonas Walzberg/dpaDer Hamburg Flughafen Helmut Schmidt: Die Größe des Airports umfasst fast 800 Fußballfelder. - Foto: Daniel Bockwoldt/dpaAm Hamburger Flughafen kehrt langsam wieder Normalität ein. - Foto: Bodo Marks/dpa

Als Reaktion auf die Geiselnahme will der Hamburger Flughafen sein Sicherheitskonzept erhöhen. «Wir werden weitere bauliche Maßnahmen umsetzen, um mögliche Zugangspunkte zum Sicherheitsbereich zu verstärken», sagte eine Flughafensprecherin dazu in Hamburg.

Vorfälle wie die Geiselnahme zeigten, dass die Sicherheitskonzepte laufend neu bewertet werden müssen. «Das gilt für die gesamte kritische Infrastruktur, aber eben auch ganz konkret für den Flughafen Hamburg.»

Unter anderem hatte die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen kritisiert. «Weihnachtsmärkte und Volksfeste sind stärker gesichert als der Hamburger Flughafen», sagte der Fraktionschef und innenpolitische Sprecher Dirk Nockemann. «Das ist verwunderlich, denn vor einigen Monaten spazierten Klimakleber bereits auf das Rollfeld und hielten den Betrieb auf.» Es könne doch nicht sein, dass eine Drahtschere oder eine Autofahrt ausreiche, um den Flughafen lahmzulegen.

Unblutiges Ende der Geiselnahme

Ein Mann hatte laut Polizei am Samstag seine vierjährige Tochter aus der Wohnung der Mutter in Stade entführt und war mit ihr in einem Auto in Richtung Hamburg geflüchtet. Am Flughafen hatte er eine Absperrung durchbrochen und war mit dem Auto aufs Vorfeld des Airports gefahren. Nach einem mehr als 18-stündigen Nervenkrieg hatte sich der Mann am Sonntagnachmittag der Polizei ergeben. Die Geiselnahme ging unblutig zu Ende.

Der Geiselnehmer mit türkischer Staatsbürgerschaft sollte im Lauf des Montags dem Haftrichter vorgeführt werden. «Noch gibt es keinen Haftbefehl, es hat noch keine Vorführung beim Haftrichter stattgefunden», sagte Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering.

Entführer hatte kein Sorgerecht mehr

Inzwischen sind weitere Details zu den Hintergründen der Tat bekanntgeworden. Der Vater des Kindes sei im Frühjahr 2023 zu einer Geldstrafe von 3600 Euro wegen Entziehung Minderjähriger verurteilt worden, sagte Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade. Der Mann habe das Mädchen im März 2022 in seine Heimat mitgenommen. Die Mutter habe Anzeige erstattet, dann aber zunächst versucht, auf anderem Wege die Sache zu regeln. Zunächst sei das Verfahren daher eingestellt worden.

Am 2. September 2022 habe die Frau dann noch einmal Anzeige erstattet, sagte der Behördensprecher. Zuvor hatte im Juli das Familiengericht des Amtsgerichts Stade dem Vater die elterliche Sorge entzogen und das Sorgerecht allein der Mutter übertragen. Die Frau holte ihre Tochter demnach am 17. September aus der Türkei ab und brachte sie zurück nach Deutschland. Der Strafrahmen für die Entziehung Minderjähriger liegt zwischen einer Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Haft.

Zeuge von Kindesentführung: Mutter wollte Auto stoppen

Vor der 18-stündigen Geiselnahme versuchte die Mutter laut einem Zeugen verzweifelt, ihren Ex-Partner zu stoppen. Die Frau habe auf der Straße geschrien und probiert, sein Auto anzuhalten, sagte in Stade ein Nachbar der Mutter der dpa.

Der Mann habe die Frau fast angefahren, danach sei sie auf der Straße zusammengebrochen. Der 24-Jährige war nach eigenen Angaben Zeuge der Kindesentführung geworden.

Er habe der Frau helfen wollen, sagte der Zeuge. Sein Bruder habe dann aber geschrien, dass der Mann eine Waffe habe. «Ich war schockiert», sagte der 24-Jährige. Der Mann habe das Kind ins Auto reingeschoben und sei mit hoher Geschwindigkeit weggefahren. Er habe nicht nur die Frau, sondern auch einen anderen Nachbarn fast angefahren.

Familie des Geiselnehmers dem Jugendamt bekannt

Die Familie des Geiselnehmers ist dem Jugendamt des Landkreises Stade bekannt. «Nähere Hintergründe können wir aus Gründen des Sozialdatenschutzes und aus Rücksicht auf das Kindeswohl an dieser Stelle nicht mitteilen», sagte ein Behördensprecher der dpa.

Der Täter war laut Polizei nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen in einem Untersuchungsgefängnis untergebracht worden. Dabei seien Beweismittel sichergestellt, der Mann erkennungsdienstlich behandelt und ihm Blut entnommen worden, erklärte ein Polizeisprecher dazu.

Wenige Stunden nach dem unblutigen Ende der Geiselnahme war der Flughafen am Montagmorgen wie geplant in den Normalbetrieb gestartet. Gegen 6.00 Uhr waren die ersten Maschinen in Richtung Lissabon und Frankfurt am Main abgehoben, wie aus dem im Internet veröffentlichten Flugplan hervorging.

Im Anschluss sollten weitere Maschinen eng getaktet folgen. Bereits am Sonntag war der Flugbetrieb nach dem Ende des Polizeieinsatzes gegen 17.30 Uhr wieder angelaufen. Bis Betriebsende war es noch zu Streichungen und Verzögerungen gekommen.

Bund setzt auf Aufklärung

Die Bundesregierung setzt nach der Geiselnahme auf dem Gelände des Hamburger Flughafens auf eine Aufklärung des Vorfalls durch die örtlichen Behörden. Grundsätzlich seien die deutschen Flughäfen sehr sicher, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.

Zugleich würden jeder Vorfall und jede mögliche Gefahr sehr ernst genommen, und man stehe mit Betreibern und Behörden dazu in engem Austausch, machte ein Sprecher des Verkehrsministeriums deutlich. Solche Vorfälle seien zudem Anlass, Sicherheitskonzepte zu hinterfragen, erläuterte eine Sprecherin des Innenministeriums.

@ dpa.de