Italien, Kriminalität

Menschen in Italien empören sich in sozialen Medien über eine Gerichtsentscheidung.

14.07.2023 - 11:03:03

Zehn-Sekunden-Grabsch-Urteil sorgt in Italien für Empörung. Es geht um den Vorwurf sexueller Nötigung und die Folgen für den Hausmeister einer Schule.

Zehn Sekunden und «kurzes Begrabschen» - mit diesen Hashtags kritisieren zahlreiche Italienerinnen und Italiener in den sozialen Medien seit einigen Tagen die Entscheidung eines Gerichts in Rom. Ein Schulhausmeister soll einer 17-jährigen Schülerin laut einem italienischen Medienbericht auf einer Treppe in die Hose gefasst und ihr Gesäß berührt haben. Ein Gericht sprach den Mann demnach in der vergangenen Woche jedoch frei - weil der Übergriff weniger als zehn Sekunden gedauert haben soll. Seitdem ist die Empörung groß. Unter dem Hashtag #10secondi (deutsch: zehn Sekunden) posten Menschen bei Instagram und Tiktok Videos, um zu zeigen, wie lang eine «palpata breve» (deutsch: kurzes Begrabschen) sein kann.

Zehn Sekunden lang läuft eine Stoppuhr, während die Frauen und Männer in die Kamera schauen und intime Bereiche ihres Körpers berühren. Den Anfang machte der für seine Rolle in «The White Lotus» bekannte italienische Schauspieler Paolo Camilli. Ihm folgte die in Italien bekannte Influencerin Chiara Ferragni.

Der Fall ereignete sich der Zeitung «Corriere della Sera» zufolge im April 2022. Als die Schülerin mit einer Freundin die Treppe hinaufging, um zum Unterricht zu gehen, spürte sie demnach, wie jemand für ungefähr fünf bis zehn Sekunden von hinten in ihre Hose und unter ihren Slip griff. Der Hausmeister gab dem Bericht zufolge später zu, das Gesäß der 17-Jährigen berührt zu haben, äußerte aber, er habe ihr nicht unter die Hose gegriffen und «aus Spaß» gehandelt.

Das Gericht sprach ihn dem Bericht zufolge vom Vorwurf der sexuellen Nötigung frei. Sein Handeln stelle kein Verbrechen dar, wie der «Corriere della Sera» aus der Urteilsbegründung zitierte. Der Übergriff habe «eine Handvoll Sekunden» gedauert und sei deswegen zwar «ungeschickt, aber frei von lüsternen Absichten». Die Schülerin zeigte sich darüber bestürzt. «Das war, zumindest für mich, kein Scherz», sagte sie dem «Corriere della Sera».

@ dpa.de