Tote, Libyen

Ein heftiges Unwetter hat im Bürgerkriegsland Libyen schwere Verwüstungen angerichtet.

12.09.2023 - 18:42:28

Unwetter-Katastrophe in Libyen: Ministerium meldet 5200 Tote. Langsam wird das Ausmaß der Katastrophe klar. Angehörige suchen verzweifelt nach Überlebenden.

  • Überflutete Straßen in Marj. - Foto: ---/Libya Almasar TV/AP/dpa

    ---/Libya Almasar TV/AP/dpa

  • Autos wurden von den Fluten in Darna mitgerissen. - Foto: -/Libysche Regierung via AP/dpa

    -/Libysche Regierung via AP/dpa

  • Zerstörte Häuser in der verwüsteten Hafenstadt Darna. - Foto: Jamal Alkomaty/AP

    Jamal Alkomaty/AP

  • Rund ein Viertel der Hafenstadt Darna sollen verloren gegangen sein. - Foto: Jamal Alkomaty/AP/dpa

    Jamal Alkomaty/AP/dpa

Überflutete Straßen in Marj. - Foto: ---/Libya Almasar TV/AP/dpaAutos wurden von den Fluten in Darna mitgerissen. - Foto: -/Libysche Regierung via AP/dpaZerstörte Häuser in der verwüsteten Hafenstadt Darna. - Foto: Jamal Alkomaty/APRund ein Viertel der Hafenstadt Darna sollen verloren gegangen sein. - Foto: Jamal Alkomaty/AP/dpa

Nach dem verheerenden Unwetter in Libyen wird das Ausmaß der Zerstörung langsam sichtbar. Nach Worten eines Sprechers des Innenministeriums einer der beiden rivalisierenden Regierungen in dem Bürgerkriegsland wurden bei den Überschwemmungen rund 5200 Menschen in den Tod gerissen. Unabhängig lassen sich die Zahlen bisher nicht bestätigen.

Während Retter und Angehörige nach Überlebenden suchen, gelten nach Angaben des Roten Kreuzes inzwischen rund 10.000 Menschen als vermisst.

Der Sturm «Daniel», der schon in Griechenland schwere Zerstörungen hinterlassen hatte, erfasste das nordafrikanische Land mit rund sieben Millionen Einwohnern am Sonntag. Besonders schwer betroffen ist die Hafenstadt Darna. Videos und Fotos in sozialen Medien zeigen ein katastrophales Ausmaß der Verwüstung in der Küstenstadt: zerstörte Häuser und Autos in von Schlammmassen überschwemmten Straßen.

Laut Augenzeugenberichten ließen die starken Winde Strommasten umstürzen. Mitten in der Nacht brach dann mit einem lauten Knall ein Staudamm unweit der Küstenstadt. Schließlich gab auch ein zweiter Damm den Wassermassen nach, die vom Tal Richtung Darna donnerten. Sehenswürdigkeiten, Häuser und Menschen sollen so ins Meer gespült worden sein. Rund ein Viertel der Stadt sei verloren gegangen.

Opfer in Massengräbern beerdigt

Hunderte Opfer wurden nahe Darna in Massengräbern beerdigt. «Erst wurden diejenigen begraben, deren Identität festgestellt wurde», sagte ein Augenzeuge. «Wegen des Stromausfalls und fehlender Plätze für die Leichen wurden die anderen Toten fotografiert und dann begraben, um sie später identifizieren zu können.» Unter den Opfern sollen sich ganze Familien befinden, die zusammen beerdigt wurden.

Osama Ali, ein Sprecher der örtlichen Notdienste, berichtete von den schwierigen Bemühungen der Retter. «Es gibt noch eine Straße, die in die Stadt führt. Aber die Durchfahrt ist schwierig und gefährlich, da ein Teil der Straße zerstört ist und ein weiterer Einsturz aufgrund der riesigen Wassermengen erwartet wird.»

Rund 20.000 Quadratkilometer überflutet

Neben Darna sind auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20.000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete - eine Fläche etwa so groß wie Sachsen-Anhalt. Die betroffenen Regionen wurden zu «Katastrophengebieten» erklärt.

Die Regierung in der Hauptstadt Tripolis unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba sprach von den schwersten Regenfällen seit mehr als 40 Jahren. Am Montag wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Die Katastrophe schien das Bürgerkriegsland zunächst zusammenzuschweißen, wie Helfer vor Ort berichteten.

Derzeit kämpfen zwei verfeindete Regierungen - eine mit Sitz im Osten, die andere mit Sitz im Westen - um die Macht. Alle diplomatischen Bemühungen, den bis heute andauernden Bürgerkrieg friedlich beizulegen, scheiterten bislang. Der Konflikt wird durch ausländische Staaten zusätzlich befeuert. Die staatliche Ordnung in dem Land ist weitgehend zerfallen und zahlreiche Konfliktparteien ringen um Einfluss, nachdem Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 gewaltsam gestürzt worden war.

Deutschland will helfen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich angesichts der schweren Überschwemmungen bestürzt. «Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und ihren Familien», schrieb Scholz auf X, ehemals Twitter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stellte Unterstützung durch das Technische Hilfswerk (THW) in Aussicht. «Wir wollen nach dieser schrecklichen Naturkatastrophe schnell helfen», so die Ministerin.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach auf der Online-Plattform X (früher Twitter) von herzzerreißenden Szenen. Die EU stehe angesichts dieser Tragödie an der Seite der Menschen in Libyen. Papst Franziskus äußerte in einem Kondolenzschreiben «tiefe Trauer».

Unterdessen haben immer mehr Länder ihre Hilfe angeboten. Die Türkei organisierte inzwischen die Entsendung von Rettungskräften. Man habe Flüge mit Bergungstrupps samt Rettungsbooten, Zelten und Versorgungsgütern an Bord organisiert, teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit. Auch das Nachbarland Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Europäische Union sicherten Unterstützung zu.

London bietet Unterstützung an

Der britische Außenminister James Cleverly hat den Menschen in Libyen Unterstützung angeboten. «Meine Gedanken sind bei all denen, die von der katastrophalen Überschwemmung im Osten Libyens betroffen sind», teilte der Politiker mit. Großbritannien stehe für Unterstützung parat. «Wir sind in Kontakt mit libyschen Behörden und der UN, um schnell einzuschätzen, welche Unterstützung wir dem libyschen Volk in dieser tragischen Zeit bieten können.»

@ dpa.de