Regionen, Hochwasser

Ein Drittel des Elbe-Wassers wird an Magdeburg vorbei geleitet: Hunderte Schaulustige verfolgten die seltene Öffnung des großen Pretziener Wehrs.

28.12.2023 - 05:01:59

Regionen ringen weiter mit Hochwasser. Sorgen bereiten auch viele kleine Flüsse im Osten und Norden.

  • Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern den aufgeweichten Deich der Hunte nahe der Ortschaft Astrup mit Vlies und Sandsäcken. - Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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  • Das Pretziener Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden. Auch jetzt soll es dafür sorgen, dass ein Drittel des Elbwassers in einen 21 Kilometer langen Kanal fließt. - Foto: Simon Kremer/dpa

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  • Auch die Stadt Verden an der Aller ist vom Hochwasser betroffen. - Foto: Jörn Hüneke/XOYO Film/dpa

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  • Ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks (THW) bauen einen Mobildeich mit Sandsäcken auf, um ein Wohngebiet in Meppen unweit der Ems zu sichern. - Foto: Lars Penning/dpa

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  • Sandsäcke liegen auf einem durchweichten Deich vor evakuierten Wohnhäusern in Lilienthal bei Bremen. - Foto: Focke Strangmann/dpa

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  • Das Hochwasser vom deutsch-polnischen Grenzfluss Oder hat schon teilweise Wiesen vor dem Deich überflutet. - Foto: Patrick Pleul/dpa

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  • Große Teile des Serengeti-Parks Hodenhagen sind überflutet. Die ersten Tiere mussten evakuiert werden. - Foto: -/Serengeti-Park-Hodenhagen/dpa

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Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern den aufgeweichten Deich der Hunte nahe der Ortschaft Astrup mit Vlies und Sandsäcken. - Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpaDas Pretziener Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden. Auch jetzt soll es dafür sorgen, dass ein Drittel des Elbwassers in einen 21 Kilometer langen Kanal fließt. - Foto: Simon Kremer/dpaAuch die Stadt Verden an der Aller ist vom Hochwasser betroffen. - Foto: Jörn Hüneke/XOYO Film/dpaEhrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks (THW) bauen einen Mobildeich mit Sandsäcken auf, um ein Wohngebiet in Meppen unweit der Ems zu sichern. - Foto: Lars Penning/dpaSandsäcke liegen auf einem durchweichten Deich vor evakuierten Wohnhäusern in Lilienthal bei Bremen. - Foto: Focke Strangmann/dpaDas Hochwasser vom deutsch-polnischen Grenzfluss Oder hat schon teilweise Wiesen vor dem Deich überflutet. - Foto: Patrick Pleul/dpaGroße Teile des Serengeti-Parks Hodenhagen sind überflutet. Die ersten Tiere mussten evakuiert werden. - Foto: -/Serengeti-Park-Hodenhagen/dpa

Die Hochwasserlage hält viele Menschen im Osten und Norden Deutschlands in Atem. Zur Entschärfung der Situation im Raum Magdeburg öffnete der Landesbetrieb für Hochwasserschutz am Donnerstag das etwa 135 Meter lange Pretziener Wehr - damit wird jetzt etwa ein Drittel des Elbe-Wassers an den beiden Städten vorbei durch einen Kanal geleitet, ehe es wieder in die Elbe fließt.

Auf den umliegenden Deichen verfolgten am Vormittag mehrere Hundert Menschen das Geschehen. Das Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden.

Elb-Pegel in Dresden vor der Sechs-Meter-Marke

Die Wasserstände in den sächsischen Flüssen fallen inzwischen wieder - mit einer Ausnahme. Für die Elbe rechnen die Hydrologen nach der jüngsten Prognose erst am Freitag mit einem Rückgang, wie ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt sagte. «Am Pegel Ústí nad Labem bildet sich ein langgestreckter Hochwasserscheitel aus und der Wasserstand wird bis heute Nachmittag nur noch wenige Zentimeter ... ansteigen», hieß es. Er bewege sich dann flussabwärts. Am Pegel Dresden wurden zuletzt 5,92 Meter Meter registriert, dort werde voraussichtlich am Abend die Sechs-Meter-Marke knapp erreicht. Normal sind zwei Meter.

Aus der Talsperre Kelbra in Sachsen-Anhalt war bereits zuvor Wasser abgelassen worden. Dadurch stieg der Wasserstand des Flusses Helme und gefährdet nun nach Behördenangaben den Ortsteil Nikolrausrieth in Thüringen. Einsatzkräfte bauen laut Innenministerium dort Sandsäcke am Flussufer auf, um ein Überlaufen des Wassers in den kleinen Ort mit etwa 30 Häusern zu verhindern. Die Behörden beider Bundesländer beraten, ob ein Deich geöffnet wird, um Wasser auf umliegende Felder zu leiten.

Erste Tiere im Serengeti-Park evakuiert

Im Serengeti-Park im niedersächsischen Hodenhagen wurden die ersten Tiere evakuiert. In einigen Stallungen der Dschungel-Safari mit mehr als 200 Affen sei Wasser eingedrungen, sagte eine Sprecherin. Lemuren, Varis, Präriehunde und Erdmännchen mussten ihre Gehege verlassen und seien nun woanders auf dem Gelände nördlich von Hannover untergebracht.

Große Teile des Serengeti-Parks Hodenhagen sind überflutet. Die ersten Tiere mussten evakuiert werden.

Weite Teile des Geländes sind nach Parkangaben überflutet und teilweise gar nicht oder nur noch mit Unimogs oder Traktoren zu erreichen. Im Nordosten des Geländes sind unter anderem Verwaltungs- und Versorgungsgebäude, Restaurants, Shops und ein Teil der Lodges von Wassermassen umschlossen.

Bewohner können in thüringischen Ort zurückkehren

Die Bewohner des wegen Hochwassers evakuierten Ortes Windehausen in Thüringen können in ihre Häuser zurückkehren. Er habe die Anordnung zur Evakuierung am Vormittag aufgehoben, sagte Bürgermeister Matthias Marquardt. Nachdem Stromversorgung und Abwasserentsorgung wieder funktionierten, seien die Gründe für die Evakuierung weggefallen. Die Einwohner des Ortsteils könnten zurückkehren - zunächst aber weiterhin nur mit Pendelbussen, noch nicht mit eigenen Fahrzeugen.

Windehausen war Weihnachten von Schmelzwasser aus dem Fluss Zorge und nach oben gedrücktem Grundwasser überflutet worden. Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte das Wasser dem Bürgermeister zufolge um die 70 Zentimeter hoch auf den Straßen gestanden. 400 der 500 Einwohner folgten der Aufforderung zur freiwilligen Evakuierung.

Feuerwehrverband: Anwohner entwenden Sandsäcke von Deichen

Bei den laufenden Hochwasser-Einsätzen beklagen Feuerwehren den Diebstahl von Sandsäcken. «Sandsäcke, die an Deichen verbaut sind, werden von Anwohnern weggeholt, weil sie selber keine Sandsäcke haben, um ihre Häuser zu schützen», sagte der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse.

Er sprach von vielen Problemen bei den Einsätzen. «Es gibt Beleidigungen, es gibt Diskussionen mit Betroffenen, warum wird erst in der Straße A begonnen und nicht in der Straße B das Wasser abzupumpen. Warum hat mein Nachbar vorher die Feuerwehr im Keller als ich», sagte Banse. «Da gibt es viel, viel Streitereien.» Zudem habe die Feuerwehr mit sehr vielen Schaulustigen zu kämpfen.

Nach Banses Angaben sind seit Heiligabend Tausende Feuerwehrleute in verschiedenen Teilen Deutschlands im Einsatz. «Wir haben eine Hochwasserlage, wie wir sie seit vielen Jahren nicht erlebt haben.»

Weitere Straßen nach Deichriss bei Bremen evakuiert

Nach einem Deichriss in Lilienthal bei Bremen wurden angrenzende Straßen erfolgreich evakuiert. «Die Maßnahmen verliefen verhältnismäßig ruhig», teilte die Gemeinde in der Nacht zu Donnerstag mit. Nach einer ersten Evakuierung am Mittwochabend wurden in der Nacht weitere Straßen «aus dringenden Sicherheitsgründen» geräumt, wie die Feuerwehr mitteilte. Die Menschen kamen bei Freunden und Verwandten oder in einer hergerichteten Turnhalle unter. In dem evakuierten Bereich sei daraufhin der Strom abgeschaltet worden.

Wegen des Aller-Hochwassers mussten in der niedersächsischen Gemeinde Winsen rund 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Der Wasserstand auf einigen Straßen sei auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, aus Sicherheitsgründen sei daher der Strom abgestellt worden, so der Landkreis Celle. In einigen Orten im Landkreis Verden herrschte in der Nacht zum Donnerstag wegen des Hochwassers und aufweichender Deiche weiterhin eine «bedrohliche Lage», wie ein Feuerwehrsprecher sagte.

Orientierungsloser Mann aus Hochwasser gerettet

Ein orientierungsloser Mann wurde bei Rotenburg in Niedersachsen aus den Fluten der Wümme gerettet. Er hatte sich am Mittwoch mit seinem Auto in dem über die Ufer getretenen Fluss festgefahren, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Polizisten retteten den 84 Jahre alten Mann aus Schleswig-Holstein zusammen mit einem Zeugen, der den Notruf abgesetzt hatte. Der Mann war den Angaben nach stark unterkühlt und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Sein Gesundheitszustand habe sich dann stabilisiert.

Am Oberlauf der Weser von Hann. Münden bis Höxter in Nordrhein-Westfalen sanken die Wasserstände am Mittwoch laut Landesbetrieb, für die Mittelweser wurden aber steigende Pegelstände vorhergesagt. Am Pegel Drakenburg im Landkreis Nienburg könne sogar der bisherige Rekordstand aus dem Jahr 1981, nämlich 8,34 Meter, überschritten werden, hieß es. In Nordrhein-Westfalen bleiben auch die zahlreichen Talsperren unter Beobachtung.

Niederschläge in Sicht - «Jeder Tropfen eigentlich zu viel»

Eine komplette Entspannung deutet sich bei der Hochwasserlage weiter nicht an. Zwar werde in den nächsten Tagen insgesamt nicht mehr so viel Regen wie um Weihnachten erwartet, sagte der Meteorologe Marcel Schmid vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Donnerstagmorgen in Offenbach. «Allerdings ist jeder Tropfen eigentlich einer zu viel.»

Am Donnerstag erwartete Schmid eher noch keine neuen Niederschläge in den Hochwassergebieten vor allem in Ost- und Norddeutschland. Am Freitag aber könne es immer wieder einmal regnen - insbesondere im Umfeld von Harz, Bergischem Land, Sauerland und Siegerland. Eher nur vereinzelte Schauer sind laut dem Meteorologen für Samstag in Deutschland vorhergesagt. Am Sonntag könnte es jedoch wieder häufiger zeitweise regnen.

«Es gibt keinen Wintereinbruch»

Und der Start ins neue Jahr beim Deutschland-Wetter? «Ab Montag wird es tendenziell etwas kühler. Aber es gibt keinen Wintereinbruch», sagte Meteorologe Schmid. Eher in den Höhenlagen könne etwas Schnee liegenbleiben.

@ dpa.de