Bewaffneter, Flughafen

Auf das Vorfeld des Hamburger Flughafens ist ein bewaffneter Mann eingedrungen.

05.11.2023 - 05:01:34

Bewaffneter auf Hamburger Flughafen - Betrieb eingestellt. Er hat seine Tochter als Geisel dabei. Tausende Menschen am Airport werden in Sicherheit gebracht.

  • Fahrzeuge der Feuerwehr und ein Krankenwagen stehen am Flughafen vor einem Flugzeug. - Foto: Jonas Walzberg/dpa

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  • Ein Polizeiauto eskortiert einen Bus mit Menschen vom Flughafen Hamburg. - Foto: Jonas Walzberg/dpa

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  • Die beschädigte Schranke, durch die der Mann am Flughafen mit seinem Auto gerast sein soll. - Foto: Jonas Walzberg/dpa

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  • Ein bewaffneter Mann hält auf dem Airport in hamburg seine vierjährige Tochter in seiner Gewalt. Hintergrund soll nach Polizeiangaben ein Sorgerechtsstreit sein. - Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

    Daniel Bockwoldt/dpa

Fahrzeuge der Feuerwehr und ein Krankenwagen stehen am Flughafen vor einem Flugzeug. - Foto: Jonas Walzberg/dpaEin Polizeiauto eskortiert einen Bus mit Menschen vom Flughafen Hamburg. - Foto: Jonas Walzberg/dpaDie beschädigte Schranke, durch die der Mann am Flughafen mit seinem Auto gerast sein soll. - Foto: Jonas Walzberg/dpaEin bewaffneter Mann hält auf dem Airport in hamburg seine vierjährige Tochter in seiner Gewalt. Hintergrund soll nach Polizeiangaben ein Sorgerechtsstreit sein. - Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Dramatische Szenen am Hamburger Flughafen: Ein bewaffneter Mann durchbricht nach Angaben der Bundespolizei am Samstagabend gegen 20.00 Uhr mit einem Auto ein Tor, fährt auf das Vorfeld des Airports, schießt in die Luft und wirft «eine Art Molotowcocktails» aus dem Wagen.

Der Mann hat seine vierjährige Tochter mit im Auto - vorausgegangen war laut Polizei offenbar ein Sorgerechtsstreit mit der Mutter.

Tausende Menschen sind betroffen

Der Flughafen wird sofort weiträumig gesperrt, die beiden Terminals werden geräumt. Alle Passagiere in den Flugzeugen werden aus den Maschinen geholt und in einem nahe gelegenen Flughafenhotel untergebracht. Insgesamt 3200 Passagiere seien betroffen gewesen, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend.

Flugbetrieb eingestellt

Am frühen Sonntag gab der Flughafen bekannt, dass der Flugbetrieb wegen der Geiselnahme auf unbestimmte Zeit eingestellt bleibe. «Es kommt zu Flugstreichungen und Verzögerungen über den gesamten Tag», teilte der Flughafen weiter mit. Die Polizei bitte, dass Fluggäste vorerst nicht zum Flughafen anreisen.

Passagiere schildern Ängste

«Beängstigend», «gruselig» - so schildern Passagiere, die aus ihren Maschinen geholt wurden, ihre Eindrücke. Eine junge Frau, die am Samstagabend nach Mallorca fliegen wollte, sagte der Deutschen Presse-Agentur: Sie habe ein Feuer gesehen und erst gedacht, das werde schnell wieder gelöscht.

Dann habe sie gehört, es gebe einen Amoklauf, das sei schon gruselig gewesen. Tatsächlich hatte der bewaffnete Mann bei seiner Fahrt auf dem Flughafen heraus Brandflaschen geworfen, die auf dem Vorfeld Feuer auslösten.

Eine andere Frau, die ebenfalls nach Mallorca fliegen wollte, sagte, sie habe nur ihre Handtasche mitnehmen dürfen, als das Flugzeug geräumt wurde. Alle hätten sich dabei ruhig verhalten, aber es sei auch beängstigend gewesen, weil man nicht wusste, was los war.

Eine Passagierin schilderte, dass sie beim Einsteigen gesehen habe, dass es auf dem Vorfeld brannte. Zwei Minuten vor dem geplanten Start sei dann die Durchsage gekommen: «Verlassen Sie bitte ruhig das Flugzeug». Dann hieß es plötzlich, alle sollten sich jetzt beeilen.

Kontakt mit Geiselnehmer

Die Hamburger Polizei verhandelte die ganze Nacht mit dem Mann. «Wir haben eben guten Kontakt zu dem Täter bekommen», sagte eine Polizeisprecherin am späten Abend. Mit dem vermutlich 35-jährigen Mann werde auf Türkisch verhandelt.

«Wir setzen hier auf eine Verhandlungslösung», sagte sie der Deutschen-Presse-Agentur. Dass sich die Gespräche so lange hinzogen, bewertete sie positiv: «Das ist ein absolut gutes Zeichen», betonte sie. «Er ist uns zugewandt. Er will mit uns sprechen und das bewerten wir erst einmal als sehr positiv.» Bisher gab es noch keinen Durchbruch.

Derweil bleibt die Polizei weiter mit einem Großaufgebot vor Ort. Ein dpa-Reporter beobachtete, wie die ganze Nacht über und auch am frühen Sonntagmorgen immer wieder neue Einsatzwagen an den Flughafen kamen, andere Einsatzkräfte wieder wegfuhren. Auch Polizeihunde sind vor Ort. Eine Drohne kreist über dem Airport.

Ehefrau aus Stade meldet sich

Die Ehefrau des Mannes, die sich in Stade bei Hamburg aufgehalten haben soll, hatte sich zuvor wegen möglicher Kindesentziehung bei der Landespolizei gemeldet, wie der Sprecher der Bundespolizei sagte.

«Wir gehen derzeit davon aus, dass ein Sorgerechtsstreit Hintergrund des Einsatzes ist», twitterte die Hamburger Polizei kurz vor Mitternacht. Eine Sprecherin der Polizei sagte am Morgen, die Mutter sei mittlerweile in Hamburg in der Nähe des Flughafens.

Man gehe davon aus, dass der Vater der Mutter das Kind «weggenommen» und möglicherweise unter Gewalteinwirkung ins Auto gesetzt habe, bevor er nach Hamburg und dort auf das Rollfeld des Flughafens fuhr, sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage.

Polizei hat Blickkontakt mit Kind

Das von seinem Vater auf dem Hamburger Flughafen als Geisel festgehaltene vierjährige Mädchen ist nach Einschätzung der Polizei körperlich unversehrt. «Wir gehen im Moment davon aus, dass es dem Kind körperlich gut geht. Das sagt uns der Blickkontakt, den wir im Moment haben, und die Telefonate mit dem Täter, da ist das Kind im Hintergrund zu hören», sagte Polizei-Sprecherin Sandra Levgrün der dpa am Airport.

Man gehe deshalb erst einmal davon aus, dass körperlich mit dem Kind alles in Ordnung sei. «Wie es seelisch aussieht, darüber mag ich nicht spekulieren», sagte Levgrün.

Keine Verletzten unter den Passagieren

Die Polizei hatte kurz vor Mitternacht keine Erkenntnisse, dass jemand verletzt worden ist. Das gelte auch für den Täter und das Kind, das er bei sich habe. «Uns ist im Moment nicht bekannt, dass jemand verletzt ist», teilte eine Sprecherin auf Nachfrage mit.

Die Polizei sah zu dem Zeitpunkt auch keine akute Gefährdung von Dritten mehr. Das Flugzeug der Turkish Airlines, unter dem der Mann sein Auto abgestellt hatte, wurde geräumt, wie ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es gebe keine Gefährdung Unbeteiligter mehr.

Alle Flüge gestrichen

Die Airport-Sprecherin sagte, von der offiziellen Sperre des Flughafens um 20.24 Uhr bis Betriebsschluss um 23.00 Uhr wären normalerweise sechs Starts und 21 Landungen erwartet worden. Für den Sonntag waren ursprünglich insgesamt 286 Flüge mit rund 34.500 Passagieren geplant.

Schon zuvor Sicherheitsvorfälle

Bereits im Oktober war der Hamburger Flughafen gesperrt worden, damals allerdings wegen einer Anschlagsdrohung auf eine Maschine von Teheran nach Hamburg.

Im Juli hatten Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation den Hamburger Flughafen für Stunden lahmgelegt. Der Flugbetrieb musste für mehrere Stunden aus Sicherheitsgründen eingestellt werden. Tausende Passagiere, darunter viele Familien mit Kindern, waren betroffen. Damals hatte es Forderungen nach einer Verstärkung der Sicherheit gegeben.

Flughafen Hamburg: Keine Versäumnisse bei Sicherung

Der Flughafen Hamburg sieht trotz der Geiselnahme auf dem Vorfeld des Airports keine Versäumnisse bei der Sicherung des Geländes. «Die Sicherung des Geländes entspricht allen gesetzlichen Vorgaben und übertrifft diese größtenteils», sagte eine Flughafensprecherin der dpa. Dennoch könne bei der Größe des Flughafens - sie entspreche fast 800 Fußballfeldern - nicht ausgeschlossen werden, «dass ein hochkrimineller, unbefugter Zutritt zum Sicherheitsbereich mit brachialer Gewalt erfolgen kann».

Die Sprecherin betonte: «Um die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten, sind neben baulichen Maßnahmen auch Alarmketten etabliert, die einwandfrei gegriffen haben.» Der Flugbetrieb sei sofort nach dem unbefugten Zutritt eingestellt und der Täter lokalisiert worden. «Nähere Angaben zu sicherheitsrelevanten Details sind nicht möglich», erklärte die Sprecherin.

@ dpa.de