Sportrichter, Eis-Star

Es war der Skandal der Winterspiele von Peking: Der Dopingfall Kamila Walijewa beschäftigt seit zwei Jahren die Sportgerichte.

29.01.2024 - 15:55:49

Sportrichter sperren Eis-Star Walijewa für vier Jahre. Jetzt gibt es ein Urteil.

Knapp zwei Jahre nach dem Olympia-Skandal um Kamila Walijewa ist die russische Eiskunstläuferin vom Internationalen Sportgerichtshof Cas nachträglich für vier Jahre gesperrt worden. Damit dürfte Russlands Mannschaft auch das mit der damals 15-Jährigen gewonnene Team-Gold bei den Winterspielen in Peking verlieren.

Die US-Auswahl würde dann zum Olympiasieger erklärt werden. Die Sperre Walijewas beginnt laut der veröffentlichten Cas-Entscheidung rückwirkend mit dem 25. Dezember 2021. Der Fall der heute 17 Jahre alten Walijewa beschäftigt die Sportjuristen seit Winter-Olympia 2022 in Peking. Nach dem Team-Wettbewerb war eine positive Dopingprobe der Eiskunstläuferin bekannt geworden. Walijewa war im Dezember 2021 bei den nationalen Meisterschaften positiv auf das verbotene Mittel Trimetazidin getestet worden.

Kür unter Tränen

Da Walijewa zu dem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt war, galt sie gemäß Welt-Anti-Doping-Code als «geschützte Person», deren Identität hätte nicht genannt werden dürfen. Die Geheimhaltung misslang. Walijewas juristisch durchgesetzter Start im olympischen Damen-Einzel endete als Skandal mit einer Kür unter Tränen, die Favoritin landete nur auf dem vierten Platz.

Erste Reaktionen in Russland zeigten völliges Unverständnis. Die russische Eiskunstlauf-Föderation kündigte an, das Urteil genau zu prüfen. Da die Föderation nicht an dem Verfahren teilnehme, kenne man das Urteil nur aus allgemein zugänglichen Quellen, sagte Generalsekretär Alexander Kogan. «Wir gehen davon aus, dass unsere Sportsleute Olympiasieger im Mannschaftswettbewerb sind», sagte er der Agentur Tass zufolge. 

«Es ist sehr schade, dass ein so ehrlicher, wunderbarer, begabter Mensch wie Kamila schon in jungen Jahren mit so einer harten Ungerechtigkeit zu tun hat», sagte die russische Erfolgstrainerin Tatjana Tarassowa. «Der Hass auf unser Land hat sich auf sie übertragen.»

DEU begrüßt Urteil

Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) hält das Urteil für richtig. «Es hat lange gedauert, aber es entspricht grundsätzlich meinen Erwartungen», sagte DEU-Präsident Andreas Wagner. Deutschland könnte nun noch um einen Platz auf Olympia-Rang acht vorrücken.

Die Cas-Sportrichter hatten den Fall im Herbst 2022 übernommen, weil die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und der Eislauf-Weltverband (Isu) Widerspruch gegen das Urteil der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada eingelegt hatten. Die Rusada hatte Walijewa nur den nationalen Meistertitel aberkannt, aber keine weiteren Sanktionen verhängt. Es habe «keine Schuld oder Fahrlässigkeit» nachgewiesen werden können.

Die Wada hat das Cas-Verfahren angestrengt, um eine vierjährige Sperre von Walijewa zu erreichen. Die Isu wollte, dass der Sportgerichtshof «eine Sperre nach eigenem Ermessen» verhängt und endgültig über die Ergebnisse des Mannschaftswettbewerbs bei Olympia 2022 entscheidet. Dagegen verlangte die Rusada, Walijewa gemäß ihrer Richtlinien autonom sanktionieren zu dürfen.

Wada: «Im Interesse der Fairness»

Die Wada begrüßte naturgemäß die Cas-Entscheidung. Die Wada habe «im Interesse der Fairness für die Athleten und eines sauberen Sports» Berufung eingelegt und glaubt, dass dies die richtige Entscheidung sei, teilte die Weltagentur mit.

«Doping von Kindern ist unverzeihlich. Ärzte, Trainer oder anderes Hilfspersonal, die Minderjährigen leistungssteigernde Substanzen verabreicht haben, müssen mit der vollen Härte des Welt-Anti-Doping-Codes rechnen», hieß es in der Mitteilung der in Montreal ansässigen Agentur. Die Wada ermutige die Regierungen, «die Verabschiedung von Gesetzen zu erwägen», die das Doping von Minderjährigen zu einer Straftat machen - wie es einige bereits getan hätten.

«Die Wada hat Verständnis für die Frustration der betroffenen Parteien angesichts der Zeit, die für den Abschluss dieses Falles benötigt wurde», hieß es weiter. Die Wada teile diese Frustration, weshalb sie sich in jeder Phase des Verfahrens, auch während des erstinstanzlichen Verfahrens in Russland, nachdrücklich für eine zeitnahe Lösung eingesetzt habe.

Der Kreml kritisiert die Sperre als politisch motiviert. «Natürlich sind wir nicht damit einverstanden», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in St. Petersburg. Wenn es Rechtsmittel gegen das Urteil gebe, dann sollte Russland sie nutzen, sagte er der Agentur Tass zufolge. «Wir müssen die Interessen unserer Sportler bis zum letzten verteidigen.» 

@ dpa.de