Scholz, Taurus

Während die Uneinigkeit in der Ampel vor der Abstimmung am Donnerstag wächst, wiederholt Scholz seine Absage.

11.03.2024 - 20:43:13

Scholz bekräftigt Nein zu Taurus: «Meine Klarheit ist da». Die Lieferung der Marschflugkörper sei nicht vertretbar.

Die Meinungsverschiedenheiten um eine Lieferung von Marschflugkörpern in die Ukraine werden deutlicher. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine erneut eine deutliche Absage erteilt.

«Meine Klarheit ist da. Das ist meine Aufgabe als Kanzler, als Regierungschef hier mich präzise zu äußern und keine missverständlichen Erwartungen zu wecken. Entsprechend klar sind auch meine Antworten», sagte Scholz bei einer Pressekonferenz in Berlin auf die Frage, ob er wie Außenministerin Annalena Baerbock einen Ringtausch mit Großbritannien statt einer direkten Lieferung als Option sehe. Er halte den Einsatz des Taurus nicht für vertretbar, deswegen gehe es in dieser Frage «weder um direkt noch um indirekt», betonte Scholz.

Die Ukraine hat die Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereits im vergangenen Mai von Deutschland erbeten. Scholz hatte der Anfrage zuerst im Oktober und dann erneut vor zwei Wochen eine klare Absage erteilt. Er bekräftigte, dass er den Ukrainern das Waffensystem nicht ohne deutsche Kontrolle der Zielsteuerung überlassen wolle. Da dies aus seiner Sicht nicht ohne deutsche Soldaten möglich sei, lehne er den Einsatz ab. Scholz befürchtet, dass Deutschland sonst in den Krieg hineingezogen werden könnte.   

Baerbock hatte zuvor einen sogenannten Ringtausch, bei dem Deutschland Taurus-Marschflugkörper an Großbritannien abgeben und London dafür weitere Storm Shadow aus seinen Beständen an die Ukraine liefern würde, als «Option» bezeichnet. Der britische Außenminister David Cameron hat ein solches Vorgehen in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» nicht ausgeschlossen. 

SPD-Chef Lars Klingbeil lehnt dies ab. Er verteidigte im ARD-«Morgenmagazin» auch das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz zu Taurus-Lieferungen an die Ukraine und forderte, die europäischen Partner sollten sich darauf konzentrieren, endlich mehr Munition zu produzieren und zu liefern. Klingbeil sagte: «Das ist das, worauf sich alle konzentrieren sollten und keine anderen Debatten.»

Merz sieht Ringtausch skeptisch

CDU-Chef Friedrich Merz steht der Option eines Taurus-Ringtauschs für die Ukraine skeptisch, aber grundsätzlich offen gegenüber. «Das mag die zweitbeste Lösung sein, um das Ziel zu erreichen - besonders ehrenhaft ist das nicht», sagte Merz nach einer Sitzung der Präsidien von CDU und CSU in Berlin aber. Auf ihn wirke die Option eines Ringtausches «ein bisschen» wie die Aussage, «Wasch' mir den Pelz, aber mach mich nicht nass».

CDU-Außenexperte Norbert Röttgen und Grünen-Politiker Anton Hofreiter kritisierten Scholz gemeinsam heftig. In einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» warfen sie dem SPD-Politiker «katastrophalen Defätismus» sowie «dramatisch schlechte Kommunikation» vor. Mit Blick auf Scholz' Argumente gegen eine Taurus-Lieferung kritisierten sie, der Kanzler verbreite in der Bevölkerung Angst und Schrecken. Wenn Scholz behaupte, Taurus-Lieferungen machten Deutschland zur Kriegspartei, sei «faktisch und rechtlich falsch». Zudem brüskiere dies Frankreich und Großbritannien, die bereits lieferten.

Die Union will am Donnerstag im Bundestag erneut einen Antrag zur Abstimmung stellen, der Ukraine das Taurus-System zu liefern. Es gibt Anzeichen dafür, dass der Unions-Antrag auch von einzelnen Abgeordneten der FDP und Grünen unterstützt werden könnte. Strack-Zimmermann ließ Distanz zu dem Vorgehen der Union erkennen. Der Bundestag könne zwar jede Woche abstimmen, sagte sie. Man müsse aber aufpassen, dass das für die Ukraine wichtige Thema «nicht zur Posse verkommt».

Dürr: Antrag der Union ist «reine Symbolpolitik»

FDP-Fraktionschef Christian Dürr erinnerte die liberalen Bundestagsabgeordneten in diesem Zusammenhang an einen Grundsatz aus dem Koalitionsvertrag der Ampel. «Es gibt keine wechselnden Mehrheiten innerhalb einer Koalition», sagte er dem Nachrichtenportal «t-online». Den Unions-Antrag bezeichnete er als «reine Symbolpolitik», denn über Waffenlieferungen entscheide die Bundesregierung, nicht das Parlament. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es zum Thema Abstimmungsverhalten: «Im Deutschen Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.»

Der Co-Vorsitzende der Grünen Omid Nouripour betrachtet einen Ringtausch mit dem Marschflugkörper Taurus als eine Möglichkeit zur weiteren Unterstützung der Ukraine. Dies könne «eine Option sein, wie wir den Knoten durchschlagen können», sagte er. Diese Möglichkeit müsse nun dringend geprüft werden, sagte Nouripour.

Eine Erwägung für die Bundesregierung bei Entscheidungen über die Unterstützung der Ukraine sei eine mögliche Eskalation des Konflikts. «Und diese Sorgen muss man auch sehr, sehr ernst nehmen», erklärte Nouripour. Aber: «Wir Grüne glauben, dass die Ukraine gerade in der jetzigen Situation Waffensysteme braucht, die das gesamte Staatsgebiet erreichen, also auch Marschflugkörper.» Es gebe in dieser Angelegenheit aber keine Einigkeit innerhalb der Bundesregierung. «Und deshalb gilt es nun zu schauen, wie wir mit anderen Mitteln helfen können.» 

@ dpa.de