Warnstreik, Bahn

Vorige Woche wirkte die Stimmung noch gut zwischen den Vertretern der GDL und der Deutschen Bahn.

14.11.2023 - 18:45:53

Warnstreik bei der Bahn ab Mittwochabend. Doch nun erhöht die Gewerkschaft den Druck: Noch in dieser Woche wird gestreikt.

Die Fahrgäste der Bahn müssen sich am Mittwoch und Donnerstag auf zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen einstellen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat zum Warnstreik im Bahnverkehr von Mittwochabend, 22.00 Uhr, bis Donnerstagabend, 18.00 Uhr, aufgerufen.

Die Deutsche Bahn teilte mit, dass sie mit «massiven Auswirkungen» auf den Bahnbetrieb rechnet. Kunden werden aufgerufen, Reisen zu verschieben. «Der GDL-Streik verursacht vom 15.11. abends bis einschließlich 16.11. bundesweit massive Beeinträchtigungen des Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehrs der DB», schrieb der Konzern am bei X, früher Twitter. «Bitte verschiebt Eure Reisen.»

Während des Warnstreiks wird die Bahn einen Notfahrplan anbieten. Das Angebot an Fahrten werde stark reduziert, teilte der Konzern mit. «Für diese Fahrten setzt die DB längere Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden», hieß es in der Mitteilung.

Die GDL ruft «Lokomotivführer, Zugbegleiter, Werkstattmitarbeiter und Disponenten in allen Unternehmen und zusätzlich Fahrdienstleiter und weitere Berufsgruppen bei DB Netz» zur Arbeitsniederlegung auf. In ihrem Aufruf kritisierte die GDL am Dienstag vor allem, dass die Vertreter der Deutschen Bahn keinen Verhandlungsspielraum bei der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter sehen.

Die GDL und die Deutsche Bahn verhandeln erst seit vergangenem Donnerstag einen neuen Tarifvertrag. Gewerkschaftschef Claus Weselsky hatte allerdings vor Beginn der Gespräche in zahlreichen Interviews angedeutet, dass es im Rahmen der Verhandlungszeit wohl auch zum Arbeitskampf seiner Gewerkschaft kommen wird.

Umso überraschter waren die DB-Vertreter vor einigen Tagen, als Weselsky am ersten Verhandlungstag zunächst keinen Streik ankündigte und stattdessen stundenlang verhandelte. Nun also die Eskalation zwei Tage vor dem nächsten Gesprächstermin. Ob dieser noch bestehen bleibt, blieb zunächst offen.

Streitpunkt Arbeitszeitreduzierung

Die Gewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen unter anderem 555 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten sowie eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3000 Euro. Besonders wichtig ist Weselsky zudem eine Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bedeutung dieser Forderung für die GDL betonte er zuletzt immer wieder.

Die Bahn hält eine Arbeitszeitreduzierung für nicht realisierbar und lehnt bisher jede Verhandlung darüber ab. DB-Personalvorstand Martin Seiler bot stattdessen in der ersten Verhandlungsrunde eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten an. Auch zur Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zeigte er sich bereit, die erste Hälfte könnte nach DB-Vorstellung schon im Dezember überwiesen werden. «Zu wenig, zu lange und am Ende des Tages nicht ausreichend», lautete Weselskys Kommentar zum Angebot.

Seiler: Streikbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt ein Unding

Trotz der noch großen Differenzen konnten sowohl Seiler als auch Weselsky nach der ersten Runde Positives für sich aus den Gesprächen ziehen: Der Bahn-Personalvorstand wirkte zufrieden, dass für den Moment Warnstreiks kein Thema waren, der Gewerkschaftsboss verbuchte einen engen Terminrhythmus bei den weitere Verhandlungen für sich als Erfolg.

Nach der guten Stimmung steht mit dem plötzlichen Streikbeschluss zwei Tage vor dem nächsten geplanten Treffen alles wieder auf dem Kopf. «Jetzt zeigt die Spitze der Lokführergewerkschaft ihr wahres Gesicht, sie war nie an Lösungen interessiert. Der Streikbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt ist ein Unding», polterte Seiler in einer Mitteilung. «Das ist eine Zumutung für die Bahnreisenden. Dieser Streik ist völlig unnötig.»

Potenzial für viele Zugausfälle durch streikende Lokführer

Die GDL ist die kleinere von zwei Gewerkschaften bei der Bahn. Sie vertritt viele Lokführer, verhandelt aber auch für weitere Berufsgruppen, etwa Zugbegleiter oder Teile der Verwaltung. Die Bahn wendet die Tarifverträge der GDL bisher in 18 von rund 300 Betrieben an und betont, von den nun begonnenen Tarifverhandlungen seien lediglich rund 10.000 Bahnbeschäftigte betroffen. Zum Vergleich: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verhandelte im Frühjahr und Sommer neue Tarifverträge für gut 180.000 DB-Beschäftigte.

Das Potenzial für große Beeinträchtigungen im Bahnverkehr ist bei GDL-Arbeitskämpfen dennoch groß - eben weil vor allem viele der eminent wichtigen Lokführer Mitglieder sind. Zudem ruft die GDL auch explizit jene Gewerkschaftsmitglieder zum Ausstand auf, die nicht in den 18 Betrieben arbeiten, in denen nach GDL-Tarifverträgen bezahlt wird.

Der GDL-Aufruf zum Arbeitskampf richtet sich nicht nur an Beschäftigten der Deutschen Bahn, sondern auch an jene anderer Unternehmen, bei denen die Gewerkschaft derzeit neue Tarifverträge verhandelt. Die Deutsche Bahn ist aber in Deutschland das mit Abstand größte Eisenbahnunternehmen - der bundeseigene Konzern steht daher bei einem Warnstreik im Fokus.

@ dpa.de