Linken-Partei, Streit

Vor knapp einem Monat eskalierte der lange Streit zwischen Sahra Wagenknecht und ihrer Partei.

18.11.2023 - 14:58:36

Vorsitzende wollen Linken-Partei erneuern. Zehn Bundestagsabgeordnete traten aus. Nun will die Linke ihr Überleben mit einer Kampagne sichern.

  • Die Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler. Die Linke will sich nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht und weiteren Mitgliedern neu aufstellen. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

    Karl-Josef Hildenbrand/dpa

  • «Wir wollen ein politisches Comeback der Linken», sagt Fraktionschef Dietmar Bartsch. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

    Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Die Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler. Die Linke will sich nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht und weiteren Mitgliedern neu aufstellen. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa«Wir wollen ein politisches Comeback der Linken», sagt Fraktionschef Dietmar Bartsch. - Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Nach der Abspaltung der Parteiströmung um Sahra Wagenknecht will die Linke mit einer Kampagne zur Erneuerung der Partei Wähler zurückgewinnen. Die Initiative «Eine Linke für alle» wurde von den Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan am Samstag auf dem Bundesparteitag in Augsburg gestartet. «An diesem Wochenende schlagen wir ein neues Kapitel auf», sagte Wissler.

Mit der Kampagne sollen die langwierigen internen Streitigkeiten, die mit dem Austritt der zehn Bundestagsabgeordneten um Wagenknecht ihren Höhepunkt fand, beendet und aufgearbeitet werden. «Die Konflikte in den letzten Jahren haben uns zunehmend gelähmt und waren nicht mehr aufzulösen», sagte die Parteichefin.

Doch die Probleme seien nicht einfach gelöst, weil ein Streit nun beendet worden sei. Strukturelle und strategische Aufgaben seien liegen geblieben. Es gehe darum, die Linke wieder stark zu machen und sie zur Opposition der Ampel-Regierung in Berlin zu machen, sagte Wissler.

700 neue Mitglieder seit Wagenknecht-Austritt

Wagenknecht und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer waren am 23. Oktober aus der Linken ausgetreten, um eine Konkurrenzpartei zu gründen. Die Linke verweist darauf, dass seitdem mehr als 700 Menschen neu in die Partei eingetreten seien. Dies sei «ein ermutigendes Signal». Auf dem Parteitag konnten stellvertretend drei junge Frauen, die eingetreten waren, ihre Beweggründe erläutern.

Zuvor hatte Bundestags-Fraktionschef Dietmar Bartsch erneut die Gruppe um Wagenknecht scharf angegriffen und diese für die Auflösung der Linken-Bundestagsfraktion verantwortlich gemacht. Die Liquidation sei eine «gewaltige Niederlage», sagte er.

Erneut scharfe Kritik an Wagenknecht-Gruppe

«Die Verantwortung dafür tragen zuallererst die zehn Abgeordneten, die die Partei verlassen haben. Oder besser gesagt, die neun Abgeordneten, die in der zehnten ausschließlich eine politische Heilsbringerin sehen», meinte Bartsch, ohne Wagenknecht namentlich zu erwähnen. Wegen der Spaltung muss sich die Fraktion der Linken im Bundestag zum 6. Dezember auflösen.

Die Delegierten einigten sich bei dem Parteitag darauf, künftig eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde sowie einen automatischen Inflationsausgleich zu fordern. Bisher vertrat die Linke eine Zielmarke von 14 Euro, wie sie auch SPD und Grüne wollen. Derzeit liegt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn bei 12 Euro. Am 1. Januar 2024 soll er auf 12,41 Euro steigen, ein Jahr später dann auf 12,82 Euro.

Hitzige Debatte über Gaza-Krieg

Am späten Freitagabend hatten sich die Delegierten nach einer hitzigen Debatte bereits auf eine Position zum Gaza-Krieg verständigt. Eine breite Mehrheit forderte einen sofortigen Waffenstillstand und die sofortige Freilassung der von Hamas verschleppten israelischen Geiseln. In dem Beschluss wurde das Existenzrecht Israels und das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung betont. Antisemitismus in Deutschland wird verurteilt, jedoch auch vor antimuslimischen Ressentiments gewarnt.

Der vorab ausgehandelte Kompromissantrag war der Parteispitze wichtig, um die Linke in der Frage nicht als zerstritten dastehen zu lassen. In der Debatte gab es dennoch auch extremere Positionen. So warf der Delegierte Nick Papak Amoozegar Israel einen «Genozid», die «gezielte Vernichtung eines Volks» und «ethnische Säuberungen» vor. Aus den Reihen der Delegierten gab es Protestrufe. Wissler kritisierte am Samstag, dass einige Aussagen und die Tonalität in der Debatte dem Leid der Menschen im Nahen Osten nicht gerecht geworden seien.

Hauptthema des bis Sonntag dauernden Treffens der Partei in Bayern ist die Europawahl im Juni 2024. Schirdewan und die Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete sollen dann die Kandidatenliste anführen.

@ dpa.de