#ltwhe23, Nancy Faeser

Seit dem Morgen können die Hessen über die Zusammensetzung ihres neuen Parlamentes entscheiden.

08.10.2023 - 18:23:06

CDU liegt in Hessen vorn: Schwarz-Grün könnte weiterregieren. Jetzt gibt es die erste Prognose.

  • Ein Mann verlässt den Wahlraum in der Volkshochschule in der Sonnemannstraße. - Foto: Andreas Arnold/dpa

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  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser, zugleich Spitzenkandidatin der SPD Hessen, bei einer Kundgebung in Marburg. - Foto: Christian Lademann/dpa

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  • Roland Koch (CDU, l-r), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen und Volker Bouffier (CDU), ebenfalls ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen, reagieren nach der Veröffentlichung der ersten Prognose zur Landtagswahl in Hessen. - Foto: Arne Dedert/dpa

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  • Anhänger der SPD reagieren nach der Veröffentlichung der ersten Prognose zur Landtagswahl in Hessen. - Foto: Boris Roessler/dpa

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Ein Mann verlässt den Wahlraum in der Volkshochschule in der Sonnemannstraße. - Foto: Andreas Arnold/dpaBundesinnenministerin Nancy Faeser, zugleich Spitzenkandidatin der SPD Hessen, bei einer Kundgebung in Marburg. - Foto: Christian Lademann/dpaRoland Koch (CDU, l-r), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen und Volker Bouffier (CDU), ebenfalls ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen, reagieren nach der Veröffentlichung der ersten Prognose zur Landtagswahl in Hessen. - Foto: Arne Dedert/dpaAnhänger der SPD reagieren nach der Veröffentlichung der ersten Prognose zur Landtagswahl in Hessen. - Foto: Boris Roessler/dpa

Bei der Landtagswahl in Hessen ist die CDU stärkste Kraft geworden. Laut Prognosen von ARD und ZDF liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne, der SPD und der AfD, die sich ein knappes Rennen um den zweiten Platz liefern. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag steht auf der Kippe. Die Linke wird ihn voraussichtlich nicht schaffen.

Den Prognosen zufolge steigert sich die CDU auf 34,5 bis 35,5 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin steuert mit 15,0 bis 16,0 Prozent (19,8) auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Die mitregierenden Grünen verlieren ebenfalls und landen bei 15,5 Prozent (19,8).

Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 16,0 bis 17,0 Prozent (13,1). Die FDP nimmt nach diesen ersten Zahlen mit 5,0 Prozent (7,5) nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde, ihr Einzug in den Landtag ist unsicher. Die Linke rutscht ab auf 3,5 Prozent (6,3). Sie muss das Parlament in Wiesbaden voraussichtlich verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 Prozent (3,0). Die Wahlbeteiligung wird mit 64,5 bis 65,5 angegeben - weniger als 2018 mit 67,3 Prozent.

Die CDU erhält laut den Prognosen 45 bis 52 Sitze im Landtag. Die SPD kommt auf 20 bis 23, die Grünen erreichen 19 bis 23 Mandate. Die AfD bekommt 20 bis 26 Sitze, die FDP 6 bis 8. Damit wäre eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.

Kühnert: Bitterer Abend für SPD

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertet das Ergebnis der Landtagswahlen als bitter für seine Partei und für die Ampel-Koalition gewertet. «Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger», sagte Kühnert im ZDF. Die drei Parteien der Ampel-Koalition hätten in beiden Bundesländern verloren.

«Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampel-Koalition erkennen: In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns», sagte Kühnert. In der ARD sagte er, man müsse erkennen, dass «die allgemeine Stimmungslage den Menschen aufs Gemüt drückt und dass mehr Orientierung erforderlich ist».

Der SPD-Generalsekretär stärkte zugleich der hessischen SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Rücken. Ihre Autorität als Bundesministerin sei nicht beschädigt, sagte er. «Da kann ich auch für die gesamte Parteispitze sprechen.»

Nouripour: Grüne stabil

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bezeichnet die Wahlergebnisse seiner Partei bei den Landtagswahlen als stabil. Die Grünen hofften, bei beiden Wahlen zweitstärkste Kraft zu werden, sagte Nouripour in der ARD. Die Grünen stünden für Verantwortung. Seine Partei hat den Prognosen zufolge verloren.

Als «erschreckend» bezeichnete er das Abschneiden der AfD, die in beiden Ländern hinzugewonnen hat. Das sei auch ein Auftrag für die Ampel-Koalition, wieder Vertrauen zurückzugewinnen.

Trotz der Verluste der Grünen spricht die Bundesvorsitzende Ricarda Lang indes von stabilen Ergebnissen. «Es sind stabile Ergebnisse, auch wenn es nicht das ist, was wir uns vielleicht gewünscht hätten», sagte Lang im ZDF nach den ersten Prognosen. Das sei eine gute Basis für die Zukunft. Mit Sorgen beobachte man, dass alle drei Ampel-Parteien, also SPD, Grüne und FDP, nicht dazugewinnen konnten.

Hessens AfD-Spitzenkandidat kündigt starke Opposition an

Der Spitzenkandidat der hessischen AfD, Robert Lambrou, kündigt eine starke Oppositionsarbeit seiner Partei im Landtag an. Sehr viele Bürger in Hessen hätten zum ersten Mal AfD gewählt, sagte er. «Es ist ein enormer Vertrauensvorschuss, dem wir uns als würdig erweisen werden.» Er freue sich auf die nächsten fünf Jahre im Landtag «mit einer ganz starken Stimme bürgerlich, konservativ, freiheitlich».

Drei Spitzenkandidaten mit Führungsanspruch

Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen - meist recht harmonisch. Derzeit hat die Koalition eine Mehrheit von nur einem Mandat. Während CDU-Ministerpräsident Rhein (51) sein Amt verteidigen wollte, strebte Rheins Stellvertreter und Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir (52) an, zweiter Ministerpräsident seiner Partei zu werden - nach Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Ziel von SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Faeser (53) war es, die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung zu werden.

Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird. Die Schlappe der Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Auch als Bundesinnenministerin könnte Faeser jetzt angezählt sein.

Fast zehn Jahre Schwarz-Grün - Wie geht es jetzt weiter?

Umfragen vor der Wahl deuteten nicht auf eine echte Wechselstimmung im Land hin, zeugten aber auch nicht von großer Zufriedenheit mit der amtierenden schwarz-grünen Regierung. Ministerpräsident Rhein zeigte sich kürzlich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur offen für verschiedene Koalitionen. Das Bündnis mit den Grünen sei «sehr konstruktiv, sehr vertrauensvoll». Er habe aber immer auch den Kontakt zur SPD gepflegt, es gebe «durchaus die eine oder andere Gemeinsamkeit».

Ein klares landespolitisches Spitzenthema fehlte im Wahlkampf. Wichtig war aber auch in Hessen die Debatte um die Versorgung von Geflüchteten durch die Kommunen, die über Belastungen klagen. Bundesinnenministerin Faeser hatte jüngst verstärkte flexible Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen angekündigt. Ähnliche Forderungen kommen aus CDU und CSU seit längerem. CDU-Ministerpräsident Rhein etwa fordert - anders als sein grüner Stellvertreter Al-Wazir - bundesweite Grenzkontrollen gegen illegale Migration.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen, davon mehr als 107 000 Erstwählerinnen und -wähler. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als sechs Millionen Einwohner.

Jeder und jede Wahlberechtigte hat zwei Stimmen - mit der einen wird eine Landesliste einer Partei oder Wählergruppe gewählt, mit der anderen wird in jedem Wahlkreis eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter direkt gewählt. Der Landtag besteht regulär aus 110 Abgeordneten, 55 werden im Wahlkreis und 55 aus Landeslisten gewählt. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate kann das Parlament am Ende auch mehr Mitglieder haben. In der laufenden Legislaturperiode sind es 137 Abgeordnete.

Gleichzeitig mit der Wahl in Hessen wird auch in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die beiden Abstimmungen gelten als wichtiger Indikator für die bundespolitische Lage.

CDU-Generalsekretär hocherfreut nach Landtagswahlen

DU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigt sich sehr zufrieden mit dem Abschneiden von CDU und CSU bei den Landtagswahlen in Hessen. Das Abschneiden der CDU in Hessen bezeichnete Linnemann als «sensationelles Ergebnis». Boris Rhein sei ein toller Spitzenkandidat, der genau die richtigen Themen adressiert habe. CDU-Chef Friedrich Merz habe ihn unterstützt. Der Wahlkampf in Hessen habe eine Vorbildfunktion auch für den Bundestagswahlkampf.

Wagenknecht: Faeser nach Hessen-Wahl als Ministerin entlassen

Nach der Hessen-Wahl fordert die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht die Entlassung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Hintergrund ist das schwache Abschneiden der hessischen SPD mit Faeser als Spitzenkandidatin. «Wer in Wiesbaden scheitert, ist in Berlin fehl am Platz», sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. «Auf die Rote Karte der Wähler sollte die Entlassung durch den Kanzler folgen.»

Das Innenministerium sei eines der wichtigsten Ministerien und «die Flüchtlingskrise mindestens so dramatisch wie 2015», meinte Wagenknecht. «Hier braucht es an der Spitze keine Wahlverliererin, sondern maximale Handlungsfähigkeit.» Sie warf Faeser vor, dass sie «die Schleuserindustrie machen lässt». Die Bundesregierung solle sich an Ländern wie Dänemark orientieren und den Zuzug minimieren, sagte Wagenknecht.

@ dpa.de