Suizidhilfe, Recht auf Tod

Schwierige ethische Frage: Sollen Gesetzesregeln für «selbstbestimmtes Sterben» mit Vorgaben für suizidwillige Menschen und deren Ärzte kommen? Im Parlament fielen zwei gegensätzliche Wege durch.

06.07.2023 - 11:42:01

Regelung zur Sterbehilfe im Bundestag gescheitert

Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland ist vorerst gescheitert. Im Bundestag verfehlten zwei dafür vorgelegte Entwürfe mit Bedingungen und Voraussetzungen jeweils eine Mehrheit.

Abgelehnt wurde zunächst ein Vorschlag für eine striktere Regelung im Strafgesetzbuch. Für den Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) stimmten 304 Parlamentarier, mit Nein votierten 363, es gab 23 Enthaltungen. Der konkurrierende Entwurf einer Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) bekam dann 287 Ja-Stimmen, es gab aber 375 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen.

Hintergrund für die Initiativen war ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020, das ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe im Strafgesetzbuch gekippt hatte - weil es das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben verletzte. «Geschäftsmäßig» hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet «auf Wiederholung angelegt». Das Urteil stieß eine Tür für organisierte Angebote auf - aber ausdrücklich mit der Möglichkeit zur Regulierung. Diese Möglichkeit nutzte der Bundestag nun nicht.

Ein Gesetzesvorschlag sah Neuregelung im Strafgesetzbuch vor

Beide Vorstöße sollten Bedingungen und Voraussetzungen zu Fristen und Beratungspflichten festlegen, um eine Suizidhilfe für Volljährige zu regeln. Der Vorschlag der Gruppe Castellucci/Heveling sah dazu eine Neuregelung im Strafgesetzbuch vor. Dort soll es heißen: «Wer in der Absicht, die Selbsttötung einer anderen Person zu fördern, dieser hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.» Geregelt werden sollten aber auch Ausnahmen.

Der Vorschlag der Gruppe Künast/Helling-Plahr sah eine Regelung ausdrücklich außerhalb des Strafgesetzbuches vor. Kommen sollte ein «Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung». Für den Vorstoß hatten sich zwei Gruppen zusammengetan. Im Entwurf heißt es: «Jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte, hat das Recht, hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen.» Ärzte dürften Volljährigen dann Arzneimittel dafür verschreiben.

Patientenschützer begrüßen Nein zu Gesetzesregeln

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat das Nein des Bundestags begrüßt. «Es war richtig, dass der Bundestag über die organisierte Suizidbeihilfe abgestimmt und sich gegen beide Entwürfe entschieden hat», sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. «So wird Deutschland vor einem ethischen Dilemma bewahrt.» Jetzt dürften sich die Abgeordneten aber keine weiteren Jahre Zeit lassen, um ein wirksames Suizid-Präventionsgesetz zu verabschieden. Kommen müsse unter anderem ein Rechtsanspruch auf kurzfristige Sprechstunden, Behandlungsplätze und aufsuchende Therapieangebote, forderte Brysch.

@ dpa.de