Schröder, Scholz

Scholz macht es mit dem Taurus so wie einst Schröder mit dem Irak-Krieg, sagen viele.

18.03.2024 - 05:04:41

Schröder unterstützt Scholz in Taurus-Debatte. Jetzt schaltet sich der von der SPD-Spitze ausgegrenzte Altkanzler in die Debatte ein - und lobt nicht nur Scholz.

Altkanzler Gerhard Schröder hat sich hinter das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine und die grundsätzliche Absage an eine Entsendung von Bodentruppen gestellt. «Ich finde, Olaf Scholz macht das, was ich von einem deutschen Bundeskanzler zurzeit erwarten würde», sagte der frühere SPD-Chef Schröder der dpa. Gleichzeitig forderte er eine deutsch-französische Initiative für Verhandlungen über eine Konfliktlösung in der Ukraine. 

Auf die Frage, ob er sich einen «Friedenskanzler» Scholz wünsche, sagte der 79-Jährige: «Ja, den wünsche ich mir.» Er fügte hinzu: «Wenn jemand als deutscher Bundeskanzler sich für den Frieden einsetzt, wenn jemand als "Friedenskanzler" beschrieben wird, ist das denn negativ?» 

Einfrieren des Kriegs: Mützenich wird in Schutz genommen

Den SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der für seine Äußerung zum Einfrieren des Kriegs auch aus den Reihen der Ampel-Koalition scharf kritisiert wird, nahm Schröder in Schutz. «Mir scheint, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Rolf Mützenich, auf dem richtigen Weg ist. Seine Position sollte von der Partei und Fraktion unterstützt werden», forderte der Altkanzler.

Mützenich hatte vergangenen Donnerstag in der Bundestags-Debatte über eine Taurus-Lieferung gefragt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?»

Schröder ist seit seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet und weiterhin für die mehrheitlich russischen Gesellschaften der Nord-Stream-Pipelines durch die Ostsee tätig. Er hat den russischen Angriff auf die Ukraine zwar als Fehler bezeichnet, hält aber dennoch an seiner Freundschaft zu Putin fest. Von der SPD-Spitze wird er daher ausgegrenzt, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte aber. 

Scholz hatte vor drei Wochen sein Nein zu einer Lieferung der Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern damit begründet, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Kurz darauf stellte er sich klar gegen die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine als Option auf dem Tisch zu lassen.

Hilft das Taurus-Nein Putin? «Schlicht lächerlich»

Schröder teilt beide Positionen des Kanzlers. «Das sind zwei Festlegungen, die er getroffen hat. Ich unterstütze sie. Und ich hoffe, ich schade ihm damit nicht», sagte er der dpa.  Er nahm den Kanzler gegen die Kritik in Schutz, dass er mit seinem Nein zu Taurus Putin in die Hände spiele. «Das ist doch schlicht lächerlich», sagte Schröder dazu. «Diese Attacken, die da eine Rolle spielen, die kann ich nicht ernst nehmen. Weder von Frau Strack-Zimmermann noch von anderen.» 

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, gilt als schärfste Kritikerin des Taurus-Neins in der Ampel-Koalition und hat sogar für zwei Unions-Anträge gestimmt, in denen die Lieferung der Marschflugkörper gefordert wird. Einen Tipp, wie Scholz mit den Kritikern in der Ampel umgehen sollte, hat Schröder nicht. «Das ist nicht eine Sache, die ich lösen muss, sondern die der Bundeskanzler lösen muss. Ich halte deren Positionen für falsch. Ich halte die von Olaf Scholz für richtig.»

Vergleich mit Nein zum Irak-Krieg «unhistorisch»

Die Absage von Scholz an die Taurus-Lieferung ist zuletzt immer wieder mit dem Nein Schröders zu einer deutschen Beteiligung an der US-Invasion im Irak 2002 verglichen worden. Der Altkanzler hatte den USA damals nach den verheerenden Anschlägen islamistischer Terroristen in den USA vom 11. September 2001 zunächst «uneingeschränkte Solidarität» zugesichert und die Bundeswehr in den Afghanistan-Einsatz geschickt. Beim Irak-Krieg ging er dann aber nicht mehr mit.   

Schröder hält den Vergleich zu Scholz' Taurus-Nein zwar für «unhistorisch». Allerdings würde er sich wünschen, dass Deutschland und Frankreich wie damals beim Nein zum Irak-Krieg jetzt auch bei der Suche nach einer Friedenslösung in der Ukraine an einem Strang ziehen würden. «Denn das sind die Mächte, die Diskussionsmöglichkeiten haben aufgrund der langen Geschichte, die auch mit Russland besteht», sagte er. «Deshalb wäre es angemessen, wenn diese beiden ihre Unterstützung der Ukraine verbinden würden mit dem Versuch, zu einer Lösung dieses Konfliktes zu kommen. Und prinzipiell lösbar müsste das eigentlich sein.»

Debatte über Profilierung als Friedenskanzler «merkwürdig»

Für die Kritik, Scholz wolle sich wie er damals als «Friedenskanzler» profilieren, zeigt Schröder keinerlei Verständnis. «Ich finde diese ganze Diskussion wirklich merkwürdig, die da schlicht heißt: Man darf sich für den Krieg einsetzen, egal auf welcher Seite, aber für den Frieden nicht. Also das finde ich ganz falsch», sagte er. «Ich sehe, wie jetzt versucht wird, Scholz als jemanden darzustellen, der zu Unrecht versucht, Frieden zu schaffen. Seit wann ist das nicht Aufgabe eines verantwortlichen Politikers in Deutschland, aber auch über Deutschland hinaus, Frieden zu vermitteln? Das ist doch eine selbstverständliche Aufgabe.»

Kritik aus der CDU

Führende CDU-Politiker kritisieren die Rückendeckung von Schröder für das Nein von Scholz zur Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine. «Wer Freunde, Unterstützer wie den Ex-Kanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder hat, der braucht eigentlich keine politischen Feinde mehr», sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn beim Eintreffen zu Beratungen der Spitze seiner Partei in Berlin.

Dass jemand wie Schröder, «der so kritikfrei für (Russlands Präsident Wladimir) Putin spricht, regelmäßig in Deutschland die SPD, den Kanzler hier unterstützt», solle Scholz zum Nachdenken bringen, ergänzte Spahn.

«Ich finde generell, dass die SPD in ihrer Sprache, in ihren Forderungen aufpassen muss, dass sie nicht das Geschäft der AfD macht. Denn sonst wählen die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage das Original», sagte Spahn.

CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner kritisierte: «Dass Altkanzler Schröder keine lauteren Motive hat und auch keine entsprechende Distanz zu Russland hat, das haben wir ja mehrfach gesehen. Er hat sich das ja auch gut bezahlen lassen.» Die Verbindungen von Schröder nach Russland «sind verständnisvolle Verbindungen für Herrn Putin, aber nicht für den Westen, der seine demokratischen Werte und vor allen Dingen das Völkerrecht auch verteidigt».

CSU-Chef Markus Söder fordert dringend zum Kurswechsel auf. «Von Gerhard Schröder gelobt und vereinnahmt zu werden, zeigt eindeutig, dass er auf dem falschen Weg ist», sagte Söder nach einer CSU-Vorstandssitzung am Montag in München. «Ich würde mir das dringend noch mal überlegen, und dieses Lob würde ich mir dann als Bundeskanzler echt verbitten. Möchte ich ehrlicherweise nicht haben.»

@ dpa.de