AfD, Sachsen

Prüffall, Verdachtsfall, Beobachtungsfall: Behörden attestieren der AfD eine zunehmende Radikalisierung.

08.12.2023 - 11:41:38

AfD in Sachsen ist gesichert rechtsextremistisch. Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt gilt die AfD nun auch in Sachsen offiziell als rechtsextrem.

Die sächsische AfD ist als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft worden. An ihrer rechtsextremistischen Ausrichtung bestünden keine Zweifel mehr, erklärte Dirk-Martin Christian, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), in Dresden.

Zuvor hatte die Partei bereits in Thüringen und Sachsen-Anhalt eine solche Einstufung erhalten. In Sachsen war sie zunächst ein Prüffall, seit Februar 2021 ein Verdachtsfall. Nun wird sie vom Verfassungsschutz beobachtet. Dabei können auch nachrichtendienstliche Mittel zum Einsatz kommen.

In vier Jahren intensiver Prüfung habe man eine Vielzahl von Äußerungen und politischen Forderungen vor allem hoher Funktionäre und Mandatsträger gesammelt, betonte Christian: «Diese belegen in der Summe unzweifelhaft, dass der hiesige AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.» Die AfD habe die Anzahl ihrer Kooperationspartner aus dem rechtsextremistischen Spektrum weiter ausgedehnt und sei inzwischen fast mit sämtlichen relevanten rechtsextremistischen Akteuren eng vernetzt.

Welche Konsequenzen folgen?

Nach Bekanntgabe der Entscheidung tauchten Fragen nach Konsequenzen auf. Auf die Parteienfinanzierung oder Teilnahme an Wahlen hat eine solche Klassifizierung keinen Einfluss. Eine Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung zieht auch nicht zwingend ein Verbot der betroffenen Organisation nach sich. Die sächsische Linke-Politikerin Kerstin Köditz forderte jedoch die Landesregierung auf, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. «Sie muss sich - erstens - im Bundesrat dafür einsetzen, einen Antrag zum Verbot der AfD beim Bundesverfassungsgericht vorzubereiten. Und sie muss - zweitens - umgehend mit der Sammlung von Beweismitteln beginnen.»

Der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Philipp Hartewig - von Beruf Rechtsanwalt - sah in anderer Beziehung Handlungsbedarf. «Eine Beobachtung der Gesamtpartei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist kein Akt politischer Opportunität, sondern eine handfeste Frage der inneren Sicherheit - es ist eine juristische Frage», betonte der Politiker. Auf Bundesebene ist die AfD momentan als Verdachtsfall eingestuft.

AfD: «Hochstufung entbehrt jeder sachlichen Grundlage»

Die sächsische AfD hielt die Entscheidung des Verfassungsschutzes für wahltaktisch motiviert und verwies auf die Landtagswahl im Freistaat am 1. September 2024. «Die Hochstufung war absehbar, weil die AfD derzeit stärkste Kraft in den neuen Bundesländern ist. Trotzdem entbehrt die Hochstufung jeder sachlichen Grundlage», erklärte Partei- und Fraktionschef Jörg Urban.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) verteidigte die Entscheidung. «Es ist die Kernaufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz, Erkenntnisse zu sammeln, um in einem fachlich-juristischen Prüfprozess zu beurteilen, ob eine Organisation erwiesen rechtsextremistisch ist oder auch nicht. Eine solche Entscheidung orientiert sich ausschließlich an den Regelungen des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes.»

AfD im Osten - Umfrageergebnisse von mehr als 30 Prozent

Der Kommunikationswissenschaftler und Politikberater Johannes Hillje warnte vor überzogenen Erwartungen. «Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass die Einstufung der Zustimmung zur AfD schaden wird», sagte er dem Nachrichtenportal «t-online». «Trotz Prüfverfahren des Verfassungsschutzes sagten bisher bereits 30 Prozent: Wir wählen diese Partei. Im AfD-Milieu verfängt die Erzählung, dass der Verfassungsschutz angeblich politisch instrumentalisiert werde.»

Tatsächlich erreicht die AfD in einigen ostdeutschen Ländern - auch in Sachsen - derzeit Umfrageergebnisse von mehr als 30 Prozent. Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen hatte die AfD mit 27,5 Prozent den zweiten Platz belegt, bei den Bundestagswahlen 2017 und 2021 lag sie aber vor der Union.

@ dpa.de