Kabinett, Strategie

Ohne Bauern kein Essen, das war zuletzt auf Protestplakaten zu lesen.

17.01.2024 - 15:17:46

Kabinett beschließt Strategie für gesündere Ernährung. In Berlin bleibt die Branche im Fokus. Und die Frage, wie gesündere Ernährung gelingen kann.

  • Bauernpräsident Joachim Rukwied auf der Grünen Woche in Berlin. - Foto: Soeren Stache/dpa

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  • Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wird auf der Grünen Woche erwartet. - Foto: Carsten Koall/dpa

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  • Am Montag hatte es in Berlin eine Demonstration mit Tausenden Landwirten gegen die geplante Streichung der Steuerentlastungen gegeben. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Bauernpräsident Joachim Rukwied auf der Grünen Woche in Berlin. - Foto: Soeren Stache/dpaLandwirtschaftsminister Cem Özdemir wird auf der Grünen Woche erwartet. - Foto: Carsten Koall/dpaAm Montag hatte es in Berlin eine Demonstration mit Tausenden Landwirten gegen die geplante Streichung der Steuerentlastungen gegeben. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

Weniger Zucker, Fett und Salz im Essen vor allem für Kinder, mehr Bio und regionale Lebensmittel in Kantinen und Mensen: Darauf zielt eine Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die das Kabinett beschlossen hat. «Ich will, dass jeder eine echte Wahl für gutes Essen bekommt», sagte Ernährungsminister Cem Özdemir. Leckeres, gesundes und nachhaltiges Essen dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen oder davon, aus welcher Familie man komme. «Entscheiden muss sich dann jeder selbst, da hat niemand jemandem etwas vorzuschreiben», betonte der Grünen-Politiker.

Die Strategie mit dem Titel «Gutes Essen für Deutschland» zielt insgesamt auch auf mehr pflanzenbasiertes Essen mit weniger Fleisch. Weniger Lebensmittel sollen im Abfall landen. In der Strategie wird erneut genannt, dass die Regierung plant, an Kinder gerichtete Werbung für ungesündere Lebensmittel für unter 14-Jährige zu unterbinden. Dieses Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag steckt seit Monaten im Ampel-Regierungsbündnis fest.

Nach Bauernprotesten kommt die Grüne Woche

Nach den tagelangen Bauernprotesten in ganz Deutschland findet ab Freitag die Agrarmesse Grüne Woche auf dem Berliner Messegelände statt. Eröffnet wird die Messe am Donnerstagabend. Der Bauernverband plant beim Besuch von Özdemir keine Protestaktion. Das sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied auf dem Messegelände. Er bekräftigte aber, dass grundsätzlich die geplante Subventionskürzung beim Agrardiesel aus Sicht des Verbandes komplett zurückgenommen werden müsse. Andernfalls gingen die Landwirte bundesweit erneut auf die Straßen.

Aktuell setze der Verband auf Gespräche mit den Politikern, den Bundestagsfraktionen und auch mit dem Agrarminister. «Seitens des Bauernverbands wird es da keine Protestaktionen geben, weil wir über den parlamentarischen Prozess, über den Diskurs zu einem Ergebnis kommen wollen», sagte Rukwied konkret zum Ministerbesuch auf der Grünen Woche, der für Freitagmorgen geplant ist. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) wird dann auf dem Messegelände erwartet.

Ernährungsindustrie stagnierte 2023 - kein Aufschwung in Sicht

Hohe Preise und die Zurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher haben für ein durchwachsenes Jahr in der Ernährungsindustrie geführt. Zwar gehört die Branche mit einem Umsatz von rund 232,7 Milliarden Euro weiter zu den größten Industrien des Landes, wie der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Christoph Minhoff, bei der Eröffnungspressekonferenz der Grünen Woche in Berlin sagte. Politische Regularien belasteten die Betriebe aber zunehmend.

Inflationsbereinigt gingen die Erlöse im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um knapp ein Prozent zurück. Nominal, also inklusive der Inflation, stieg der Umsatz um 6,5 Prozent. «Wir haben uns zwar als krisenresistent gezeigt», sagte Minhoff. «Aber ein Aufschwung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Herausforderung durch Krisen nehmen weiter zu.»

Trübe Aussichten trotz Rekordumsatz in Agrarbranche

Mit einem Umsatz von mehr als 300 Milliarden Euro hat die deutsche Agrarwirtschaft im vergangenen Jahr zwar ein Rekordergebnis erzielt - aber der Ausblick auf das kommende Jahr war selten so schwarz wie in diesen Tagen. Ein Grund: Nach einer Hochphase seien die Preise für Agrarprodukte in den vergangenen sechs Monaten wieder abgestürzt, die Kosten aber - etwa für Futter oder Energie - seien auf einem hohen Niveau geblieben, sagte am Mittwoch Christian Janze von dem Prüfungs- und Beratungsunternehmen Ernst & Young (EY) in Hannover.

Nach jetzigem Stand sei der Umsatz im Jahr 2023 um acht Prozent gestiegen. Der Zuwachs beruhe aber auf Preis- und nicht auf Mengensteigerungen, sagte Janze. Mit einem Anteil von 13 Prozent sei die Agrarbranche der zweitwichtigste Sektor im verarbeitenden Gewerbe nach der Autoindustrie.

Die von der Bundesregierung geplanten Subventionskürzungen beim Agrardiesel dürften auf der Grünen Woche ein zentrales Diskussionsthema sein. Der Bundestag debattiert heute über die umstrittenen Pläne der Bundesregierung für Kürzungen bei Bauern. Die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll schrittweise abgeschafft werden. Dies ist Teil des Haushaltsfinanzierungsgesetzes, über welches der Bundestag erstmals berät.

Demonstration mit Tausenden Landwirten

Am Montag hatte es in Berlin eine Demonstration mit Tausenden Landwirten gegen die geplante Streichung der Steuerentlastungen gegeben. Bauernpräsident Joachim Rukwied hat zwar angekündigt, dass für die nächsten Tage keine weiteren Protestaktionen geplant seien.

Er fordert aber weiterhin, dass die Bundesregierung die geplanten Subventionskürzungen zurücknimmt. Je nach Ablauf der Haushaltsbereinigungssitzung des Bundestags am Donnerstag könnte die Stimmung bei der Grünen Woche daher dieses Jahr deutlich angespannter sein als in den Vorjahren.

Eröffnet wird die Agrarmesse am Donnerstagabend. Ab Freitagmorgen können sich dann Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Leistungsschau in den Messehallen über die Entwicklungen in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie informieren. Die Messe dauert bis zum 28. Januar.

Der Chef der Messe Berlin hofft bei der Grünen Woche auf deutlich mehr Besucher als im Vorjahr. «Bei der letzten Grünen Woche hatten wir 30. 000 Personen. Wenn ich mir anschaue, wie wichtig diese Thematik ist und wie viel mehr wir in diesem Jahr noch zu bieten haben, würden wir sagen, da müssen 10 Prozent Steigerung sicherlich möglich sein», sagte Mario Tobias bei einer Pressekonferenz zur Grünen Woche. «Wir denken, dass wir die 300.000 locker reißen werden, sofern keine Streiks im öffentlichen Personennahverkehr und kein Blitzeis kommt.»

@ dpa.de