Angeklagter, Reichsbürger

In wenigen Wochen soll eine Gruppe sogenannter Reichsbürger um den Unternehmer Heinrich XIII.

04.04.2024 - 00:44:59

Angeklagter «Reichsbürger» bestätigt Erkundung im Bundestag. Prinz Reuß in Frankfurt vor Gericht gestellt werden. Einer von ihnen äußert sich nun im «Stern».

  • «Reichsbürger» sollen mit der früheren AfD-Abgeordneten Birgit Malsack-Winkemann Gebäude des Bundestags ausgekundschaftet haben. - Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

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  • Heinrich XIII. Prinz Reuß ist deutscher Immobilienunternehmer und gilt als einer der wichtigsten Akteure in der «Reichsbürger»-Bewegung. - Foto: Boris Roessler/dpa

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  • Die Angeklagten im Terrorprozess gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe sollen ihre Umsturzpläne bereits in den Grundzügen ausgearbeitet haben (Symbolbild). - Foto: Heiko Rebsch/dpa

    Heiko Rebsch/dpa

«Reichsbürger» sollen mit der früheren AfD-Abgeordneten Birgit Malsack-Winkemann Gebäude des Bundestags ausgekundschaftet haben. - Foto: Bernd von Jutrczenka/dpaHeinrich XIII. Prinz Reuß ist deutscher Immobilienunternehmer und gilt als einer der wichtigsten Akteure in der «Reichsbürger»-Bewegung. - Foto: Boris Roessler/dpaDie Angeklagten im Terrorprozess gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe sollen ihre Umsturzpläne bereits in den Grundzügen ausgearbeitet haben (Symbolbild). - Foto: Heiko Rebsch/dpa

Wenige Wochen vor dem Frankfurter Terrorprozess gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß hat sich einer der Mitangeklagten im «Stern» erstmals öffentlich zu einigen Vorwürfen geäußert. Dabei bestätigte der frühere Bundeswehrsoldat Maximilian E. nach Angaben des Magazins über seine Anwältin eine «allgemeine Erkundung» im Berliner Reichstagsgebäude. Ein «Sturm auf den Reichstag» sei aber nicht geplant gewesen. 

Die schriftlichen Antworten von Anwältin Ilka Lang-Seifert an den «Stern» liegen der Deutschen Presse-Agentur im Wortlaut vor. Nach Angaben des Magazins versah die Juristin sie mit dem Hinweis: «Die Antworten sind von meinem Mandanten autorisiert und stellen vollständig seine Sicht der Dinge dar.» Lang-Seifert bestätigte der dpa den Austausch mit dem «Stern».

Maximilian E. ist einer von neun Angeklagten, die ab 21. Mai in Frankfurt am Main vor dem Oberlandesgericht stehen sollen. Die Bundesanwaltschaft legt ihnen zur Last, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein oder diese unterstützt zu haben. Ziel soll es Ermittlern zufolge gewesen sein, die staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen.

«Dies war von Herrn E. eine allgemeine Erkundung»

Die Anklage wirft Maximilian E. vor, als Gründungsmitglied der Gruppe mit zwei weiteren Beschuldigten und der früheren AfD-Abgeordneten Birgit Malsack-Winkemann 2021 Gebäude des Deutschen Bundestags ausgekundschaftet zu haben. Die Gruppe habe geplant, «mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen», heißt es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft.

Maximilian E. erklärte über seine Anwältin auf Fragen des «Stern» zur Begehung am 1. August 2021: «Dies war von Herrn E. eine allgemeine Erkundung für eine ursprünglich in Betracht gezogene Option, gegebenenfalls Parlamentarier beziehungsweise Regierungsmitglieder zur Rede zu stellen», die im Zusammenhang mit einem angeblichen Pädophilen-Ring identifiziert werden sollten. Die Anwältin bestätigte dem Magazin zudem: «Herr E. suchte ganz grundsätzlich und generell nach Tätern und Vertuschern in Sachen satanistisch, rituelle Pädophilie (SRP) aus allen gesellschaftlichen Bereichen, auch aus der Politik bis in höchste Kreise hinein.»

Suche nach angeblichen Kinderschändern

Zu angeblichen Pädophilen-Netzwerken, die auch bei der Verschwörungsideologie QAnon eine Rolle spielen, hatte sich E. vor seiner Festnahme auch öffentlich geäußert. So sagte E. in einem Video vom Mai 2022: «Es gibt also Politiker, die am Wochenende und möglicherweise auch während der Woche manchmal nichts anderes zu tun haben, als solche satanischen Rituale durchzuführen an kleinen Kindern oder an jungen Frauen. Die werden also festgehalten, in unterirdischen Gängen, Katakomben.» Er fügte hinzu: «Das ist wirklich eine Realität, die ich beweisen kann.» 

Laut «Stern» sollen zwei Schweizer Brüder von der Reuß-Gruppe mit der Suche nach angeblichen Kinderschänderringen beauftragt worden sein. Die beiden Schweizer sollen auch die Aufgabe gehabt haben, Waffen zu beschaffen. Die Reuß-Gruppe soll ihnen mindestens 138.710 Euro gezahlt haben. Dazu erklärte Maximilian E.'s Anwältin dem Magazin: «Zutreffend ist, dass Herr E. aus eigenen und geliehenen Mitteln den Gebrüdern R. eine deutlich sechsstellige Summe zur Verfügung gestellt hat.» 

Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte der dpa auf Anfrage, dass sie «ein Strafverfahren gegen zwei Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz im Kanton St. Gallen eröffnet» habe. Ermittelt werde wegen des Verdachts der Unterstützung beziehungsweise Beteiligung an einer terroristischen Organisation. 

«Interimsregierung erforderlich»

Der Verdacht eines angeblichen Pädophilen-Rings in der Politik spielte nach Darstellung der Anwältin für die Reuß-Gruppe eine wichtige Rolle. Diese nahm demnach an, dass Enthüllungen dazu zu einem Ende der Regierung führen würden: «Wenn es sich als zutreffend erweisen sollte, dass Politiker bis in höchste Ebenen in SRP involviert sind», wäre nicht auszuschließen, dass eine Regierungsumbildung, Neuwahlen und «bis dahin eine Interimsregierung erforderlich wären», erklärte sie dem Magazin. Die Anklage wirft Maximilian E. vor, im Januar 2022 bereits eine Erklärung zur Absetzung der Bundesregierung entworfen zu haben.

Im Dezember 2022 hatte es eine großangelegte Anti-Terror-Razzia in mehreren deutschen Bundesländern und im Ausland gegen die Gruppe gegeben. Die Beschuldigten sollen Zugriff auf ein massives Waffenarsenal gehabt und bei ihren Umsturzplänen bewusst Tote in Kauf genommen haben. Die Bundesanwaltschaft klagte insgesamt 27 Verdächtige an. Neben dem Prozess in Frankfurt soll es weitere Hauptverfahren in Stuttgart und München geben.

@ dpa.de