Proteste, Deutschland

In ganz Deutschland sind am Samstag Hunderttausende für die Demokratie und gegen rechts auf die Straßen gegangen.

21.01.2024 - 12:52:48

Weitere Proteste gegen rechts. Auch am Sonntag demonstrieren wieder sehr viele Menschen. Politiker zeigen sich beeindruckt und dankbar.

  • An der Demonstration in Cottbus nimmt auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (r, mit Brille u. Mütze) teil. - Foto: Frank Hammerschmidt/dpa

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  • Mit den Demonstrationen wollen die Teilnehmer ein Zeichen des Widerstands gegen rechtsextreme Umtriebe setzen. - Foto: Pia Bayer/dpa

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  • Demonstration gegen Rechtsextremismus in Flensburg. - Foto: Birgitta von Gyldenfeldt/dpa

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  • Mit selbstgemachten Schildern und Plakaten demonstrieren die Menschen auf dem Bremer Marktplatz gegen rechts. - Foto: Carmen Jaspersen/dpa

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An der Demonstration in Cottbus nimmt auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (r, mit Brille u. Mütze) teil. - Foto: Frank Hammerschmidt/dpaMit den Demonstrationen wollen die Teilnehmer ein Zeichen des Widerstands gegen rechtsextreme Umtriebe setzen. - Foto: Pia Bayer/dpaDemonstration gegen Rechtsextremismus in Flensburg. - Foto: Birgitta von Gyldenfeldt/dpaMit selbstgemachten Schildern und Plakaten demonstrieren die Menschen auf dem Bremer Marktplatz gegen rechts. - Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bundesweit demonstrieren am Sonntag erneut Zehntausende Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus.

In Köln kamen nach Angaben eines Polizeisprechers für einen Demozug von der Deutzer Werft durch die Innenstadt und eine wenig später anlaufende Demo des aus mehr als 50 Parteien, Organisationen und Initiativen bestehenden Bündnisses «Köln stellt sich quer» insgesamt «sicherlich mehrere Zehntausend Menschen» zusammen. Die Veranstalter sprachen in der Spitze sogar von 70.000 Teilnehmern - die Schätzung bezeichnete der Polizeisprecher als «nicht unrealistisch».

In München wurde die Demonstration gegen rechts mit mindestens 80.000 Menschen vom Organisator wegen Überfüllung abgebrochen. Die Sicherheit der Teilnehmer sei nicht mehr zu gewährleisten, hieß es. In Berlin ist am Nachmittag ein Protest vor dem Bundestag geplant.

In Bremen versammelten sich nach Schätzung der Polizei bis zu 45.000 Menschen zur Kundgebung «Laut gegen rechts». Auch in vielen weiteren deutschen Städten finden Kundgebungen und Demonstrationen gegen rechts und gegen die AfD statt, unter anderem in Chemnitz, Dresden, Flensburg, Bonn und Neubrandenburg. In Cottbus nahm Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) an einer Demonstration teil. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im September neue Landtage gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD in allen drei Ländern teilweise mit deutlichem Abstand stärkste Kraft werden.

Bereits am Samstag hatten Zählungen der Polizei und der Veranstalter zufolge bundesweit insgesamt mindestens 300.000 Menschen demonstriert. Allein in Frankfurt am Main und in Hannover waren es nach Angaben von Polizei und Veranstaltern jeweils 35.000 Menschen.

Steinmeier: Demonstranten verteidigen Republik

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Demonstrierenden für ihren Einsatz für die Demokratie. «Diese Menschen machen uns allen Mut. Sie verteidigen unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit», sagte er in Berlin in einer Videobotschaft. Ganz unterschiedliche Menschen seien auf die Straße gegangen. «Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie stehen jetzt auf gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Sie wollen auch in Zukunft frei und friedlich zusammenleben.»

Nötig sei jetzt ein Bündnis aller Demokratinnen und Demokraten, sagte Steinmeier: «Egal, ob sie auf dem Land leben oder in der Stadt, ob jung oder alt, ob mit oder ohne Migrationsgeschichte.» Der Bundespräsident betonte: «Die Zukunft unserer Demokratie hängt nicht von der Lautstärke ihrer Gegner ab - sondern von der Stärke derer, die die Demokratie verteidigen. Zeigen wir, dass wir gemeinsam stärker sind.»

Habeck: «Demokratie lebt von den Menschen, die dafür aufstehen»

Vizekanzler Robert Habeck wertet die Demonstrationen als ermutigendes Zeichen für die Demokratie. «Demokratie lebt von den Menschen, die dafür aufstehen», sagte der Grünen-Politiker der «Augsburger Allgemeinen». Es sei beeindruckend zu sehen, wenn jetzt viele Menschen «auf die Straße gehen und Flagge zeigen für unsere Demokratie».

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, bezeichnet die Demonstrationen als «gut und wichtig», fordert zugleich aber weiteren Einsatz. «Wir brauchen ein gesamtgesellschaftliches Bündnis», sagte die SPD-Politikerin «Zeit Online». «Und das bedeutet mehr als ein paar Mal auf die Straße zu gehen.» Alle müssten für die vielfältige Gesellschaft einstehen. «Das heißt, das Gespräch suchen: im Verein, am Arbeitsplatz, in der Familie und unter Freunden. All den rassistischen Sprüchen widersprechen, von denen immer behauptet wird, die wären gar nicht so gemeint.»

Am Samstagabend schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf der Plattform X, ehemals Twitter: «So viele Menschen, die Gesicht und Haltung zeigen - unsere Demokratie lebt von starken Demokraten wie Euch!» Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, die aus Thüringen stammt, schrieb ebenfalls auf X: «Halle, Magdeburg, Spremberg, Luckenwalde, Eberswalde, Jena, Leipzig, Dresden, Erfurt, Potsdam. Überall im Osten sind Menschen für Demokratie auf der Straße, die wir 1989 erkämpft haben. Ermutigend! Freu mich über alle, die raus gegangen sind, aber besonders im Osten.»

Internationales Auschwitz Komitee dankbar

Das Internationale Auschwitz Komitee dankte den Menschen, die im ganzen Land protestierten. «Überlebende des Holocaust sind all denjenigen, die in diesen Tagen gegen den Hass und die Lügenwelt der Rechtsextremen auf die Straße gehen, mehr als dankbar. Sie empfinden diese Demonstrationen als ein machtvolles Zeichen der Bürgerinnen und Bürger und eine Belebung der Demokratie auf die sie lange gehofft und gewartet haben», teilte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner mit.

Auslöser für die Proteste sind die Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremisten am 25. November, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

@ dpa.de