Berlin, Hamburg

In der Nacht brennen mehrere Kabelschächte an Bahnstrecken in Hamburg.

08.09.2023 - 14:50:06

Zugausfälle nach mutmaßlichem Brandanschlag in Hamburg. Das hat Folgen: Zahlreiche Fernverkehrszüge fallen aus. Für die Ermittler war es mutmaßlich politisch motivierte Brandstiftung.

  • Zahlreiche Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin waren wegen Bränden an Kabelschächten ausgefallen. - Foto: Soeren Stache/dpa

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  • Bahnarbeiter an den Gleisen im Stadtteil Allermöhe. - Foto: News5 / Schröder/NEWS5/dpa

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Zahlreiche Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin waren wegen Bränden an Kabelschächten ausgefallen. - Foto: Soeren Stache/dpaBahnarbeiter an den Gleisen im Stadtteil Allermöhe. - Foto: News5 / Schröder/NEWS5/dpa

Nach dem mutmaßlichen Brandanschlag auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn sind seit Freitagmorgen zahlreiche Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin ausgefallen. Der Bahnverkehr dürfte laut Unternehmen noch bis Samstagmorgen gestört sein.

Die Ermittler gehen von einem politischen Motiv aus. Auf der linken Plattform Indymedia ist inzwischen ein Bekennerschreiben aufgetaucht, das laut Polizei Bestandteil der Ermittlungen ist. Bis 13.00 Uhr fielen nach Angaben eines Bahnsprechers elf Züge zwischen Hamburg und Berlin ganz aus. 19 Züge seien zum Teil und 35 Züge deutlich verspätet gewesen. Reisende würden gebeten, sich vor Fahrtantritt zu informieren.

An drei Orten an Bahnstrecken hatten in der Nacht zu Freitag in der Hansestadt Kabelschächte gebrannt. Die Polizei sucht nun Zeugen. Die Brände wurden zwischen 2.30 Uhr und 3.40 Uhr entdeckt.

«Wir verurteilen den Brandanschlag auf unsere Infrastruktur heute Nacht in Hamburg auf das Schärfste», sagte Hans-Hilmar Rischke, Leiter Konzernsicherheit der Deutschen Bahn. «Menschen, die mit uns reisen möchten - mit einem der klimafreundlichsten Verkehrsmittel - sind massiv von Zugausfällen und Verspätungen betroffen und erreichen ihre Ziele nicht.» Man sei im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden und hoffe auf schnelle Fahndungserfolge.

Schreiben bezieht sich vor allem auf den Güterverkehr

«In der Nacht des 7. September haben wir in Hamburg Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert», heißt es in dem Bekennerschreiben auf der Plattform Indymedia. «Einige Liter Benzin in den Kabelschächten an den Schienen sollten zu möglichst langfristigen Ausfällen oder Einschränkungen beim Transport von zum Beispiel im Zuge neokolonialer Ausbeutung und erdzerstörendem Extraktivismus beschafften Rohstoffen führen.»

Allerdings bezieht sich das Schreiben vor allem auf den Güterverkehr. Bei der Tat sollte es demnach um Streckenabschnitte gehen, «die nicht für den Personenverkehr genutzt werden». Dennoch war am Freitag der Personenverkehr zwischen Berlin und Hamburg stark gestört.

Viele Personenverkehrsstrecken betroffen

Ein DB-Sprecher sagte, auch Nahverkehrsverbindungen seien betroffen. «Die Fernverkehrszüge werden teilweise über Uelzen umgeleitet oder fallen aus.» Als Alternative seien auch Fahrten mit Umstieg in Hannover möglich. «Dadurch verlängert sich jeweils die Fahrtzeit.» Die Experten würden mit Hochdruck daran arbeiten, den Schaden so schnell wie möglich zu beheben.

Von den Schäden ebenfalls betroffen waren den DB-Angaben zufolge ICE- und IC-Züge zwischen Hamburg - Rostock - Stralsund (- Ostseebad Binz) - auch hier fielen Züge aus.

Zahlreiche Reisende stiegen auf Busse und Mietwagen um. «Wir sehen zwischen Hamburg und Berlin eine erhöhte Nachfrage nach FlixBus-Tickets», sagte FlixBus-Sprecher Sebastian Meyer der Deutschen Presse-Agentur. Aktuell seien aber noch genug Plätze verfügbar, so dass Reisende auch spontan auf den Fernbus ausweichen könnten. Auch die Autovermietungen sprachen von größeren Nachfragen auf der Strecke Hamburg - Berlin.

Bahn-Experte: Strecken einzäunen

Der Bahn-Experte Markus Hecht spricht sich dafür aus, deutlich mehr Bahnstrecken einzuzäunen. «In Frankreich ist die Bahn dabei, Schnellfahrstrecken doppelt einzuzäunen», sagte Hecht. Auch in Großbritannien seien viele Strecken eingezäunt, ebenso in Norwegen. «Das würde die Betriebsstabilität schon erhöhen», sagte der Wissenschaftler von der TU Berlin. Er sei darüber schon lange mit der DB in der Auseinandersetzung, der Konzern argumentiere dann stets, dass Zäune leicht überklettert werden könnten.

Die Bahn wies Forderungen zurück. «Das Einzäunen des gesamten Streckennetzes ist nahezu unmöglich», teilte eine Sprecherin mit. Bei einem Streckennetz von 34.000 Kilometern müsste ein solcher Zaun «fast eineinhalb Mal um die Erde reichen».

Am 8. Oktober 2022 waren in Berlin und in Herne in Nordrhein-Westfalen unverzichtbare Kabel für den Zugfunk der Bahn beschädigt worden. Über Stunden stand daraufhin der Schienenverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands still. Aufsehen erregte, dass zwei kritische Punkte im Bahnnetz gleichzeitig betroffen waren. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Bahn selbst sprachen von Sabotage. Ob es tatsächlich ein politisches Motiv gab, war zuletzt aber noch offen.

@ dpa.de