Steffi Lemke, Klimakrise

Hitze, Starkregen, Flut: Wegen des Klimawandels werden Wetterextreme häufiger, warnt die Umweltministerin.

13.07.2023 - 05:06:38

Lemke: Wetterextreme zwingen zur Anpassung an die Klimakrise. Um Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen, müssen Städte umgebaut werden - und das wird teuer.

Rund zwei Jahre nach der tödlichen Flutkatastrophe im Westen Deutschlands will die Bundesregierung die Kommunen besser an die Folgen des Klimawandels anpassen. «Hitze und Dürre, Starkregen und Hochwasser - Wetterextreme werden in Zukunft häufiger und zwingen uns zur Vorsorge und Anpassung an die Folgen der Klimakrise», sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. «Mit Risikovorsorge, die weiter als bisher in die Zukunft blickt, können wir nicht nur Schäden abmildern, sondern auch die Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land erheblich verbessern.»

Heute will sich das Kabinett daher mit einem Entwurf Lemkes zur sogenannten Klimaanpassung befassen. Bei der Klimaanpassung wird Vorsorge getroffen vor Folgen des Klimawandels, die sich nicht mehr vermeiden lassen. Dem Entwurf zufolge soll die Bundesregierung bis Ende 2024 eine Anpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorlegen.

Demnach soll künftig beim Planen und Entscheiden immer geschaut werden, welche Auswirkungen des Klimawandels dabei zu beachten sind. Es soll beispielsweise vor dem Bau von Gebäuden geprüft werden, ob dort Überschwemmungen drohen könnten.

Katastrophe im Ahrtal ein Vorgeschmack

Bei der Flutkatastrophe vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren allein in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen ums Leben gekommen. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen. Im rheinland-pfälzischen Dernau waren nach Angaben der Stadt rund 90 Prozent aller Menschen von der Flut betroffen. Von 650 Haushalten konnten kurz nach der Flut 570 ihre Wohnungen nicht nutzen. Experten gehen davon aus, dass infolge des Klimawandels Extremwetterereignisse auch in Deutschland zunehmen werden.

Das geplante Gesetz schafft Lemke zufolge nun erstmals einen verbindlichen Rahmen für Bund, Länder und Kommunen. «Mit lokalen Risikoanalysen und Anpassungsplänen bereiten wir uns auf die Klimaveränderungen vor und ermöglichen einen besseren Schutz der Bevölkerung zum Beispiel durch Strategien für kühlere Städte und mehr Beschattung.»

Der Deutsche Städtetag unterstützt das Vorhaben der Umweltministerin. «Es ist gut, dass der Bund mit dem Gesetzentwurf das Erstellen von Klimaanpassungskonzepten in den Mittelpunkt seiner Politik stellt», sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der dpa. «Viele Städte verfügen bereits über solche Pläne, wir brauchen sie aber flächendeckend.»

Dedy: Mehr Personal in Städten benötigt

Der Städtetag verwies dabei auf die Notwendigkeit erheblicher Investitionen - und forderte mehr Unterstützung. «Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16.200 Stellen», sagte Dedy. «Mit den bestehenden Förderprogrammen ist es unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen. Bund und Länder müssen deshalb mehr Verantwortung übernehmen.»

Nach einer Recherche von NDR, BR, WDR und Correctiv sehen viele Regionen jetzt schon ein Problem bei der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen. Von den Landkreisen und kreisfreien Städten, die an der Befragung teilgenommen hätten, habe gut die Hälfte angegeben, dass die erforderlichen Maßnahmen in den kommenden Jahren vermutlich nicht finanziert werden könnten, hieß es in dem Bericht. Ein weiteres Drittel gehe davon aus, dass die Finanzierung nur für einen Teil der Maßnahmen reichen werde. Ein explizites Anpassungskonzept für die Folgen des Klimawandels habe der Befragung zufolge nur eine Minderheit der Landkreise und kreisfreien Städte.

Bislang keine verlässliche Finanzierung

Insgesamt 329 Verwaltungen, also rund 82 Prozent aller Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands, haben den Medien zufolge an der Befragung teilgenommen. 96 Prozent von ihnen gehen demnach davon aus, dass sie von Extremwetterereignissen wie Hitze, Dürre, Wassermangel, Starkregen oder Hochwasser bis 2050 stärker betroffen sein werden. 86 Prozent rechneten dadurch mit zunehmenden finanziellen Belastungen - vor allem durch Starkregen und Hitzewellen.

Das Bundesumweltministerium bestätigt der dpa, dass den Kommunen bislang eine verlässliche Finanzierung für ihre Klimaanpassung fehlt. «Die Verantwortung für diese Finanzierung liegt zwar zunächst bei Kommunen und Ländern. Gleichzeitig ist die Aufgabe zu umfangreich und herausfordernd, als dass sie ohne Hilfe des Bundes bewältigt werden könnte - sowohl, was die Finanzierung, aber auch was die überregionale Koordinierung von Maßnahmen angeht», sagte ein Sprecher. Wie eine dauerhafte gemeinsame Finanzierung von Klimaanpassung durch Bund und Länder gelingen kann, werde mit der Umweltministerkonferenz diskutiert.

@ dpa.de