Freie Wähler, CSU

Festzelt, Bier und heftige Attacken auf die politische Gegnerschaft.

04.09.2023 - 13:45:10

Im Bierzelt - Merz, Aiwanger und Klingbeil beim Gillamoos. Das Volksfest Gillamoos in Niederbayern wird alljährlich zur Bühne der Bundes- und Landespolitik. Und einer wird besonders bejubelt.

  • Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der Freien Wähler, vor seiner Rede beim Politischen Frühschoppen Gillamoos. - Foto: Sven Hoppe/dpa

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  • CDU-Chef Friedrich Merz (l) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trinken beim Politischen Frühschoppen Gillamoos auf der Bühne aus Bierkrügen. - Foto: Sven Hoppe/dpa

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Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der Freien Wähler, vor seiner Rede beim Politischen Frühschoppen Gillamoos. - Foto: Sven Hoppe/dpaCDU-Chef Friedrich Merz (l) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trinken beim Politischen Frühschoppen Gillamoos auf der Bühne aus Bierkrügen. - Foto: Sven Hoppe/dpa

Verbale Angriffe auf die politische Gegnerschaft - und neuerliche Debatten über die Flugblatt-Affäre: Einen Tag nach der Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), seinen Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Amt zu belassen, stand der politische Frühschoppen beim Volksfest Gillamoos in Niederbayern ganz im Zeichen der Vorwürfe.

Allerdings ging Aiwanger selbst bei seiner umjubelten Rede gar nicht auf das Thema ein. Wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober attackierte er vor allem die Ampel-Parteien in Berlin.

CDU-Chef Friedrich Merz lobte derweil Söder für die Aufarbeitung der Flugblatt-Affäre. Dieser habe in den vergangenen Tagen eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er bravourös gelöst, sagte Merz beim gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit Söder in Abensberg: «Sehr gut, genauso war's richtig, das so zu machen.» Söder indes schwieg in seiner Rede zur Causa Aiwanger.

Söder hatte am Vortag seine Entscheidung mitgeteilt, Aiwanger am Ende trotz der Vorwürfe rund und ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten im Amt zu belassen.

Aiwanger: Demokratie «in höchster Gefahr»

Aiwanger selbst warnte vor einer politischen Spaltung des Landes. «Dieses Land wird derzeit politisch tief gespalten bis hin zu einer Situation der Regierungsunfähigkeit», sagte der bayerische Wirtschaftsminister. Als Beispiel nannte er Umfragen in ostdeutschen Bundesländern, in denen «Randparteien» mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinten. «Dann ist die Demokratie in höchster Gefahr», sagte Aiwanger. Seine Partei wolle deshalb «ein Angebot der vernünftigen Politik» an Wähler der Mitte machen.

Auch Merz und Söder attackierten in ihren Reden die Ampel-Regierung zur Halbzeit der Legislaturperiode in scharfen Worten. «Wir sind fest entschlossen, es spätestens in zwei Jahren besser zu machen als diese Regierung», sagte Merz. Deutschland habe eine bessere Regierung verdient. «Fachkräftemangel haben wir in erster Linie in der Bundesregierung - und nicht bei den Ingenieuren in Deutschland.» Merz warf SPD, Grünen und FDP unter anderem schwere Fehler in der Energie- und in der Migrationspolitik vor. Die Abschaltung dreier funktionierender Atomkraftwerke kritisierte er als «Dämlichkeit» und «Schwachsinn».

Söder sagte: «Die Hampel-Ampel ist die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte.» Es gebe «Woche für Woche Hin und Her», sagte er. Nach der Bundestagswahl 2025 werde die Union die Ampel ablösen, sagte Söder optimistisch voraus. «Die Ampel wird das Jahr 2025 nicht mehr erfolgreich als Regierung bestreiten. Die lösen wir gemeinsam ab.»

Aiwanger-Affäre nur bei SPD und Grünen Thema

Die Flugblatt-Affäre spielte vor allem bei SPD und Grüne eine Rolle. Aiwanger verhalte sich unanständig, kritisierte SPD-Bundeschef Lars Klingbeil. Es würde der politische Diskurs verschoben, «da verschwindet Anstand aus der Politik», sagte er. Söder warf er Egoismus vor: «Der guckt nur auf sich selbst, aber nicht auf dieses Bundesland», sagte Klingbeil.

Nach Ansicht von SPD-Chefin Saskia Esken schadet die Affäre dem Ansehen ganz Deutschlands. «Der Schaden für Bayern und für Deutschland ist immens», sagte sie auf einer Pressekonferenz in Berlin. Das Ausland beobachte die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus der Schulzeit Aiwangers sehr genau.

«Allein der Anschein von Antisemitismus in der Staatsregierung schadet dem Antrieb unseres Handelns», sagte der Spitzenkandidat der bayerischen Grünen, Ludwig Hartmann: «Der Populismus ist der Feind unserer Demokratie.»

Aiwanger überließ das Thema Flugblatt-Affäre anderen Vertretern seiner Partei. Der parlamentarische Geschäftsführer, Fabian Mehring, bezeichnete die Vorwürfe als Kampagne «mit dem Ziel, der Ampel den Weg zu bahnen», bezeichnet. Die Opposition habe den Vize-Ministerpräsidenten «aus wahltaktischen Gründen in den Dreck ziehen wollen».

Grünen-Chef: Aiwanger inszeniert sich "lieber als Opfer"

Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour fordert eine stärkere Aufklärung in der Flugblatt-Affäre. «Es geht darum, dass er sich lieber als Opfer inszeniert, als dass er Reue zeigt», sagte Nouripour in Berlin. Es gehe nicht um den Hubert Aiwanger mit 17 Jahren, sondern darum, wie dieser heute damit umgehe.

Söder habe diesen Umgang mit seiner Entscheidung nur bestärkt, und diese Entscheidung sei damit falsch, sagte der Grünen-Chef. Das sei für eine Partei, die trotz der Differenzen mit den Grünen dafür gestanden habe, dass sie die staatstragende Mitte sein wollte, «schlicht beschämend».

Der Gillamoos ist ein Jahrmarkt mit Volksfestbetrieb, der immer Anfang September stattfindet. Die Veranstaltung im Landkreis Kelheim hat eine mehr als 700-jährige Tradition und ist gerade für die politischen Reden am letzten Festtag überregional bekannt.

@ dpa.de