Polizei, Granate

Fast könnte man von einem Waffenlager sprechen.

29.02.2024 - 01:52:39

Polizei findet Granate in Klettes Wohnung. Munition, Waffen, eine Granate und weitere möglicherweise gefährliche Gegenstände fanden sich in der Wohnung der früheren RAF-Terroristin Klette.

  • Der Abtransport von gefährlichen Waffen zog sich bis in die Nacht über viele Stunden hin. - Foto: Annette Riedl/dpa

    Annette Riedl/dpa

  • Bereits in der Nacht beschlagnahmte die Polizei gefährliche Waffen. - Foto: Annette Riedl/dpa

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Der Abtransport von gefährlichen Waffen zog sich bis in die Nacht über viele Stunden hin. - Foto: Annette Riedl/dpaBereits in der Nacht beschlagnahmte die Polizei gefährliche Waffen. - Foto: Annette Riedl/dpa

Nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette hat die Polizei eine Granate und weitere möglicherweise gefährliche Gegenstände aus ihrer Wohnung in Berlin-Kreuzberg geholt.

Der Einsatz, für den das siebenstöckige Mietshaus am späten Mittwochnachmittag geräumt worden war, dauerte viele Stunden bis in den frühen Morgen. «Die Maßnahmen unserer Einsatzkräfte in der Sebastianstr. in Kreuzberg sind abgeschlossen», schrieb die Polizei dann auf der Online-Plattform X (früher Twitter). «Die Anwohnerinnen und Anwohner können wieder zurück in ihre Wohnungen.»

Zunächst hatte die Polizei am Abend eine Granate weggebracht, am frühen Morgen wurde ein weiterer möglicherweise gefährlicher Gegenstand aus dem Haus herausgetragen und in ein Spezialfahrzeug verladen. Dieses fuhr gegen 1.30 Uhr ab. Später folgte noch ein drittes Fundstück. Nähere Angaben zu den verdächtigen Gegenständen machte die Berliner Polizei nicht. Sie verwies an die Ermittler in Niedersachsen, die zunächst ebenfalls keine detaillierteren Erklärungen abgaben.

Granate unschädlich gemacht

Am Abend hatte die Polizei mitgeteilt: «Von unseren Kriminaltechnikern wurde bisher eine Granate aus dem Gebäude in der Sebastianstraße in Kreuzberg gebracht und an einem anderen Ort unschädlich gemacht.» Ein Beamter vom Kampfmittelräumdienst hatte einen Gegenstand herausgetragen, der einer kleineren Granate ähnelte. Er verstaute den Gegenstand in einem Auto in einer Sicherheitskiste.

Das siebenstöckige Mietshaus war am frühen Abend von der Polizei geräumt worden, alle Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen. Der Gehweg wurde gesperrt. «Unsere Kriminaltechnik untersucht aktuell die bei der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen, möglicherweise gefährlichen Gegenstände», schrieb die Polizei im Internet. Gegen 22.00 Uhr wurde der Sperrkreis erweitert, die ganze Straße abgesperrt und einige Wohnungen in einem weiteren Haus geräumt. «Für den Abtransport weiterer Gegenstände wird ein gegenüberliegendes Gebäude teilweise evakuiert», teilte die Polizei mit. Die evakuierten Bewohner sollten bei Verwandten, Freunden, in Wärmebussen der Verkehrsbetriebe BVG und in einer Turnhalle untergebracht werden.

Im Laufe des Mittwochs hatte die Polizei bei der Durchsuchung zuvor schon Waffen entdeckt, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Niedersachsen bestätigte. Zuvor hatte über den Waffenfund «Der Tagesspiegel» berichtet. Die Räumung des Wohnhauses im Stadtteil Kreuzberg habe aber nichts mit diesem Waffenfund zu tun, sagte die LKA-Sprecherin in Hannover. Schon nach der Festnahme von Klette am Montagabend stieß die Polizei unter anderem auf Magazine einer Pistole und Patronen.

Schleyer-Sohn: Klettes unentdecktes Leben im Untergrund «unheimlich»

Der jüngste Sohn des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer reagiert erleichtert auf die Klette-Festnahme, aber deutliche Kritik an den Behörden geäußert. «Die Tatsache, dass eine RAF-Terroristin 20 Jahre vom Verfassungsschutz unentdeckt und unbehelligt mitten in Berlin leben kann, ist mir unheimlich», sagte Jörg Schleyer (70) der «Bild». Diesen Umstand müsse nun die Politik untersuchen und über Konsequenzen «nachdenken». 

Er habe sich über die Verhaftung Klettes «sehr gefreut», sagte Schleyer. Der Fahndungserfolg beweise, dass «auch heute noch eine realistische Chance zur Aufklärung linksterroristischer Morde besteht. Das ist für mich und für viele Angehörige der 34 RAF-Mordopfer beruhigend zu wissen». Die Morde dürften «nicht ungeklärt, ungestraft und damit ungesühnt bleiben», sagte Schleyer und dankte «den Ermittlern aus Niedersachsen für ihre Hartnäckigkeit».

Sind Fahnder auch auf Spur weiterer ehemaliger RAF-Terroristen?

Die frühere RAF-Terroristin Klette lebte 30 Jahre lang im Untergrund. Ermittler nahmen die 65-Jährige am Montagabend in Kreuzberg fest. Die Staatsanwaltschaft Verden und das LKA Niedersachsen fahnden seit Jahrzehnten nach den früheren RAF-Terroristen Klette sowie Burkhard Garweg (55) und Ernst-Volker Staub (69). Sie werden der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet. Vertreter dieser Generation sollen den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Treuhand-Chef, Detlev Karsten Rohwedder, umgebracht haben. Täter und Motiv sind bis heute jedoch unbekannt.

Wie dicht die Fahnder inzwischen Staub und Garweg auf den Fersen sind, ist unklar. Aus «ermittlungs- und einsatztaktischen Gründen» gab das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen bisher keine weiteren Details bekannt. Am Dienstag hatte LKA-Präsident Friedo de Vries stolz die Festnahme von Daniela Klette auf einer Pressekonferenz in Hannover verkündet.

Konkret wird Klette zur Last gelegt, gemeinsam mit Staub und Garweg im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche Justizvollzugsanstalt (JVA) Weiterstadt in Hessen verübt zu haben. Durch die Explosion war an dem Gebäude ein Schaden von rund 123 Millionen D-Mark entstanden.

Klette soll darüber hinaus mit weiteren RAF-Mitgliedern versucht haben, im Februar 1990 einen Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Deutschen Bank im hessischen Eschborn zu verüben. Der Sprengstoff detonierte nicht, da die Zündung versagte. Außerdem hat Klette Erkenntnissen der Ermittler zufolge im Februar 1991 mit RAF-Mitgliedern mindestens 250 Schüsse auf die US-Botschaft in Bonn-Bad Godesberg abgegeben.

@ dpa.de