CDU, AfD

Eigentlich wollte die CDU beim Treffen des Bundesausschusses in Berlin ihr sozialpolitisches Profil schärfen.

16.06.2023 - 05:23:49

Kleiner CDU-Parteitag: Debatte über Umgang mit AfD erwartet. Angesichts der hohen Umfragewerte der AfD dürfte nun aber ein anderes Thema im Zentrum stehen.

Vor dem Hintergrund eines AfD-Höhenfluges in den Umfragen kommt die CDU heute in Berlin zu einem Kleinen Parteitag zusammen. Mit Spannung wird erwartet, ob und wie sich Parteichef Friedrich Merz zu einer Mitverantwortung der CDU für die AfD-Werte äußert.

Zum sogenannten Bundesausschuss sind rund 160 Delegierte eingeladen. Eigentlich wollte die CDU im Prozess der Neuaufstellung nach dem Desaster bei der Bundestagswahl 2021 mit Debatten über mehr Unterstützung für Familien sowie eine höhere Tarifbindung in Unternehmen ihr sozialpolitisches Profil schärfen.

Merz: «Zusammenarbeit komplett unvorstellbar»

Merz hatte eine Kooperation mit der in Teilen vom Verfassungsschutz beobachteten AfD beim Evangelischen Kirchentag vor einer Woche erneut kategorisch ausgeschlossen. «Eine Zusammenarbeit mit solchen Leuten ist für mich komplett unvorstellbar», sagte er. Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Ein CDU-Bundesparteitagsbeschluss verbietet jegliche Zusammenarbeit der Christdemokraten mit AfD und Linken.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warnte seine Partei: «Wer nur die billigen Punkte macht und den Populisten hinterherrennt, der legt die Axt an die eigenen Wurzeln und stürzt sich selbst ins Chaos.» In einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb er weiter, die CDU solle «auch in Zukunft der Stabilitätsanker der Mitte sein» und die politische Mitte adressieren.

Nach diesem Motto hätten die beiden CDU-Kanzler Helmut Kohl und Angela Merkel Land und Partei geführt. «Die CDU ist stark, wenn sie Gegensätze versöhnt, Spaltung überwindet und Ausgleich schafft», schrieb Wüst. Maßstab für politische Entscheidungen müsse die «Lebensrealität des Einzelnen» sein.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem «Tagesspiegel»: «Wir können nicht mit einer Partei gemeinsame Sache machen, die keine Grenze zieht zu Faschismus und Rechtsextremismus. Deswegen dürfen wir als Union auch nicht in einen Wettbewerb des Verbalradikalismus eintreten.»

AfD in jüngster Forsa-Umfrage bei 19 Prozent

Im jüngsten RTL/ntv-«Trendbarometer» des Forsa-Instituts hatte die AfD im Bund im Vergleich zur Vorwoche zwei Prozentpunkte hinzugewonnen. Mit 19 Prozent ist sie nun zweitstärkste Partei hinter der Union und vor der SPD (18 Prozent) und den Grünen (14 Prozent), die unverändert bleiben. Die Union verlor einen Prozentpunkt und lag bei 29 Prozent. In Thüringen und Sachsen stand die AfD in jüngsten Umfragen auf Platz eins, in Brandenburg lag sie auf ähnlichem Niveau wie CDU und SPD. In diesen drei Ländern sind 2024 Landtagswahlen.

In der Thüringer CDU hatte es immer wieder Stimmen gegeben, die sich für eine zumindest partielle Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten. In Thüringen unterstützt die CDU-Fraktion keine Anträge der AfD. Umgekehrt fanden aber schon CDU-Anträge mit Hilfe von AfD-Stimmen eine Mehrheit. Die rot-rot-grüne Minderheitenkoalition wiederum brachte dort einen Untersuchungsantrag durch, den die Union ablehnte und die AfD unterstützte.

Diskussion über Umgang mit der AfD

Merz hatte Anfang Juni auf Twitter unter anderem zum Thema Gendern geschrieben: «Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD.» Im ZDF erklärte er kurz darauf, er bleibe dabei, dass für den Zustand der AfD nicht die Union verantwortlich sei, sondern überwiegend die Regierung und insbesondere die Grünen. «Die Menschen sind die Bevormundung leid. Ich möchte, dass die Union denen eine Stimme gibt, die zur schweigenden Mehrheit gehören.»

Ministerpräsident Günther gegen «populistisches Draufhauen»

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte kürzlich der «Welt am Sonntag» mit Blick auf die AfD-Umfragewerte: «Es gelingt uns als Union nicht ausreichend, mit überzeugenden Angeboten wahrgenommen zu werden und die enttäuschten Stimmen abzuholen.» Der «Süddeutschen Zeitung» sagte er auf die Frage, was er der CDU nun empfehle: «Kurs der Mitte, sprachlich sauber bleiben, keine Debatten über das Gendern und andere Nebensächlichkeiten führen - den Leuten halt keinen Scheiß erzählen.» Populistisches Draufhauen helfe der CDU nicht, «die Leute gehen nahtlos zur AfD».

Leitantrag zur Unterstützung von Familien

In einem Leitantrag fordert der CDU-Vorstand, mit verpflichtenden Deutschkursen für Vorschulkinder mit Sprachdefiziten, einem «Kinderzukunftsgeld» und einer engeren Verzahnung von Kitas und Schulen die Bildungschancen von Kindern zu verbessern. In einem zweiten Leitantrag will die CDU an den Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR erinnern. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine heißt es: «Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen, die russische Aggression darf nicht erfolgreich sein.»

Grundsatzkonvent am Samstag

Morgen will die CDU mit einem großen Konvent in Berlin den nächsten Schritt zur Entwicklung ihres neuen Grundsatzprogramms gehen. Es seien 500 Gäste eingeladen worden, darunter etwa 150 aus der Zivilgesellschaft, teilte der Vorsitzende der Programmkommission, Carsten Linnemann, mit. Die Diskussionen des Konvents würden auch in das neue Grundsatzprogramm einfließen. Ein Bundesparteitag Anfang Mai kommenden Jahres soll das Programm endgültig beschließen.

@ dpa.de