Missbrauchsvorwürfe, Franz Hengsbach

Die Katholische Kirche untersucht «gravierende» Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Ruhrbischof Hengsbach.

20.09.2023 - 10:06:29

Kirchenrechtler sieht Fall Hengsbach besonders dramatisch. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht eine «Ikone» sei vom Sockel gestoßen.

Bei den Missbrauchsvorwürfen gegen den 1991 gestorbenen Essener Kardinal Franz Hengsbach handelt es sich Kirchenrechtler Thomas Schüller zufolge um einen besonders dramatischen Fall. «Die Plausibilität scheint gegeben zu sein, sonst hätten die beiden Bistümer sich nicht an die Öffentlichkeit gewandt», sagte der Experte aus Münster im «Morgenecho» auf WDR 5. Man könne «nur erahnen», welche Angst die mutmaßlichen Opfer über Jahrzehnte geplagt hätten, bevor sie sich anvertraut hätten.

Die Bistümer Essen und Paderborn hatten am Dienstag mitgeteilt, dass sie «gravierende» Missbrauchsvorwürfe gegen den Essener Bistumsgründer Hengsbach untersuchten. Er soll unter anderem in seiner Zeit als Weihbischof in Paderborn eine damals 16-Jährige missbraucht haben. Außerdem wird er eines weiteren Übergriffs 1967 in Essen beschuldigt. Die Untersuchungen laufen.

«Man sieht die Fratze der katholischen Kirche»

Schüller sagte, eine «Ikone» sei vom Sockel gestoßen. «Man sieht die Fratze der katholischen Kirche.» Es werde auch viele kritische Fragen geben, «was denn in Rom die Glaubenskongregation mit ihrer Disziplinarabteilung gemacht hat.» Hier sehe man eine «viel zu späte Lernkurve.»

Der derzeitige Essener Bischof Franz-Josef Overbeck habe in einem «längeren Lernprozess» verstanden, dass seine eigene Kirche nicht sachgerecht mit solchen Verdachtsfällen umgegangen sei, man eher den Tätern geglaubt habe, meinte der Kirchenrechtler. Overbeck habe sich für die Wahrheit entschieden: «Er geht damit ein Risiko ein. Er muss das Bistum danach zusammenhalten.» Und: «Auf ihn kommen stürmische Zeiten zu.»

Erste Konsequenzen: Essen will Platz umbennnen

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe will die Stadt Essen den Kardinal-Hengsbach-Platz in der Innenstadt umbenennen. «Ich nehme die Anschuldigungen sehr ernst», erklärte der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen auf Anfrage. Das weitere Vorgehen der Stadt werde eng mit dem Bistum und dem Generalvikariat abgestimmt. «Klar ist aber auch, der Kardinal-Hengsbach-Platz in Essen wird so nicht mehr heißen können», erklärte der CDU-Politiker.

Die Reforminitiative Maria 2.0 hatte die Umbenennung des Platzes in der Innenstadt nahe des Essener Doms gefordert. Das Thema werde demnächst im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates behandelt, sagte Kufen.

@ dpa.de