Krawalle, Böllern

Die Eskalation im Nahost-Konflikt treibt in Berlin vor allem Palästina-Unterstützer auf die Straßen.

19.10.2023 - 00:34:03

Krawalle mit Böllern und Steinen in Berlin - Pro-Palästina. Die Polizeipräsidentin spricht von einer angespannten Lage.

  • Bei der verbotenen Demonstration in Neukölln wird Pyrotechnik abgebrannt. - Foto: Paul Zinken/dpa

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  • Polizeieinsatz in der Sonnenallee im Berliner Bezirk Neukölln. - Foto: Paul Zinken/dpa

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  • Polizisten nehmen einen Teilnehmer einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration in der Sonnenallee fest. - Foto: Paul Zinken/dpa

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Bei der verbotenen Demonstration in Neukölln wird Pyrotechnik abgebrannt. - Foto: Paul Zinken/dpaPolizeieinsatz in der Sonnenallee im Berliner Bezirk Neukölln. - Foto: Paul Zinken/dpaPolizisten nehmen einen Teilnehmer einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration in der Sonnenallee fest. - Foto: Paul Zinken/dpa

Trotz eines Verbots von pro-palästinensischen Demonstrationen ist es in Berlin-Neukölln gestern Abend erneut zu Menschenansammlungen und stundenlangen Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei sprach von einer aufgeheizten Stimmung auf der Sonnenallee, die erst ganz spät am Abend allmählich ruhiger wurde. Es wurden Steine und Flaschen auf Polizistinnen und Polizisten geworfen und Pyrotechnik abgebrannt, wie die Behörde auf der Plattform X, früher Twitter, mitteilte. Einem Polizeisprecher zufolge wurden einige Einsatzkräfte dadurch verletzt. Vorläufigen Angaben zufolge blieben die meisten weiter im Dienst.

«Die Situation in Nord-Neukölln ist angespannt», sagte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik in der RBB-Abendschau am frühen Abend. Es seien mit Sicherheit mehrere Hundert Menschen auf den Straßen in der Sonnenallee. «Wir haben auch heute Nacht damit zu rechnen, dass kleinere und größere Gruppen auf den Straßen unterwegs sind, die skandieren und die vielleicht auch zu Straftaten greifen», sagte Slowik. Die Polizei sei mit Wasserwerfern im Einsatz, um etwa brennende Hindernisse wie Mülltonnen oder Reifen auf den Straßen zu löschen. «Wir greifen deutlich ein», betonte die Polizeipräsidentin.

Polizei: Widerstand gegen Festnahmen

Die Polizei teilte bei X mit, viele Demonstranten kämen den Aufforderungen der Beamten nicht nach. Es gebe Widerstand gegen Festnahmen von Verdächtigen, so dass die Einsatzkräfte «unmittelbaren Zwang anwenden» müssten. Bei den Demonstranten handele es sich eindeutig um Teilnehmer einer ebenfalls verbotenen Ersatzveranstaltung einer pro-palästinensischen Kundgebung. Neben der Sonnenallee waren nach Angaben des Sprechers die Reuterstraße, die Donaustraße und der Hermannplatz Schauplätze der zuvor verbotenen Demonstration.

Ein dpa-Reporter sprach am Abend von einer aggressiven Stimmung und Dutzenden Festnahmen. Ihm zufolge skandierten die Menschen vor allem «Free free palestine» und «Viva viva palestina». Die Polizei teilte weiter auf X mit: «Wir sehen, wie Menschen wahllos Gegenstände auf die Straße werfen, anzünden und sich dabei filmen und feiern.» Durch Würfe von Pyrotechnik sei ein Feuer auf einem Balkon entstanden, das Polizisten gelöscht hätten.

GdP-Chef: «Absolut widerliche Stimmung in Deutschland»

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, hat ein konsequentes Handeln im Zusammenhang mit solchen Ausschreitungen gefordert. «Wir brauchen schnelle Gerichtsverfahren und Urteile gegen die Krawallmacher», sagte Kopelke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er sprach von einer «absolut widerlichen Stimmung in Deutschland» und bezog sich unter anderem auch auf den versuchten Brandanschlag auf eine jüdische Gemeinde in Berlin in der Nacht zum Mittwoch.

Auch am Auswärtigen Amt versammelten sich nach Polizeiangaben mehrere Hundert Menschen. Die Versammlung gegen Gewalt in Nahost wurde laut Polizei jedoch direkt von der Veranstalterin beendet, weil sie keinen Einfluss auf die Teilnehmer habe. Angemeldet waren demnach 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Gekommen waren mehrere Hundert.

Nach dem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge in der Berliner Brunnenstraße in der Nacht zum Mittwoch haben sich rund 50 Menschen zu einer von Nachbarn organisierten Mahnwache gegen Antisemitismus eingefunden. «Da wir selbst in dieser Nachbarschaft leben, fühlen wir uns dringend verpflichtet, uns dem antisemitisch motivierten missglückten Brandanschlag von heute Morgen sowie Antisemitismus generell entschieden entgegenzusetzen», sagte die Versammlungsleiterin Sonja Kloevekorn der Deutschen Presse-Agentur.

Wut über Raketeneinschlag in Krankenhaus

Ein Raketeneinschlag bei der Al-Ahli-Klinik im Gazastreifen mit möglicherweise Hunderten Toten hat vor allem in arabischen und islamischen Ländern große Wut ausgelöst. Dort und auch in Deutschland gab es anti-israelische Demonstrationen. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde hatte am Dienstagabend umgehend Israel für den Raketeneinschlag verantwortlich gemacht, arabische Nachbarstaaten schlossen sich dem an. Israel wies dies entschieden zurück und sprach vom Einschlag einer verirrten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Auch die US-Regierung hält Israel nach «derzeitiger Einschätzung» nicht für verantwortlich.

Erst in der Nacht zum Mittwoch war es in Berlin bei pro-palästinensischen Kundgebungen zu Ausschreitungen vor allem in Neukölln gekommen. 20 Polizistinnen und Polizisten seien verletzt worden, hieß es. Zwei hätten den Dienst beenden müssen. Nach Angaben der Polizei wurden 39 Menschen festgenommen und 65 Strafverfahren eingeleitet. Zudem wurden 12 Ordnungswidrigkeiten registriert.

@ dpa.de