Nancy Faeser, Grenzen

Die Bundesinnenministerin plant zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität unter anderem stationäre Kontrollen.

26.09.2023 - 09:34:12

Faeser: Bereiten stationäre Grenzkontrollen vor. Die Polizeigewerkschaft spricht sich hingegen für einen «agileren» Ansatz aus.

Zur besseren Bekämpfung von Schleusern bereitet Bundesinnenministerin Nancy Faeser auch zusätzliche Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien vor. «Wir bereiten erstmal stationäre Grenzkontrollen mit vor. Es geht um zusätzliche Kontrollen», sagte die SPD-Politikerin.

«Und wir müssen schauen, was das dann bringt», fügte Faeser hinzu. Die Ministerin ergänzte, für sie sei wichtig, «dass wir in der Fläche an der Grenze mit Personal vorhanden sind», weil das ansonsten zu einer Verdrängung führe und die Menschen dann an anderen Stellen über die Grenze kämen.

«Wenn wir Schleuser erwischen, wird es viel bringen, weil wir im Moment das Gefühl haben, dass jeder Vierte oder Fünfte über Schleuser ins Land kommt.» Eine wirksame Lösung sei aber letztlich nur auf europäischer Ebene möglich, «nämlich eine Grenzkontrolle an der Außengrenze, nicht über Binnengrenzen», betonte die Ministerin.

Seit Herbst 2015 gibt es vorübergehende stationäre Grenzkontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich. Sie werden vom Bundesinnenministerium bei der EU-Kommission angemeldet und jeweils verlängert. Die Kontrollen müssen in Brüssel mit einem Vorlauf von etwa einem Monat beantragt werden. Für die Grenze zu Tschechien und Polen ist dies bislang nicht geschehen.

Gewerkschaft der Polizei gegen stationäre Grenzkontrollen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte zuvor ihre Bedenken gegen stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien. «Wir sprechen uns als GdP gegen stationäre, feste Grenzkontrollen aus, weil wir das in der polizeilichen Arbeit nicht als effektiv ansehen», sagte die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, der «Rheinischen Post».

Schleuser würden einfach um die festen Kontrollpunkte herumfahren. Stattdessen wolle die Bundespolizei «agil auf der Grenzlinie» agieren können, sagte Krause-Schöne.

Faeser: Dauerhafte Lösung «kann es nur in Europa geben»

Faeser betonte, sie habe ihre Meinung in dem Punkt nie geändert. Es gehe nun darum, dass auch auf polnischem und tschechischem Gebiet Rückweisungen bei unerlaubten Einreiseversuchen möglich würden. «Wir müssen die irreguläre Migration stärker bekämpfen. Wir brauchen aber eine dauerhafte Lösung. Die kann es nur in Europa geben», sagte Faeser.

Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier zeigte sich bei dem Thema skeptisch. «Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien allein werden die Migrationskrise in Deutschland nicht lösen», sagte Maier dem Nachrichtenportal «The Pioneer». «Es gibt rechtlich keine Handhabe, Menschen an der Grenze zurückzuweisen, wenn diese Asyl begehren.» Zudem würden bei lückenlosen Kontrollen lange Staus sowie ein enormer Personalaufwand die Folge sein. Krause-Schöne und Maier plädierten beide für Lösungen auf europäischer Ebene, um die irreguläre Migration zu begrenzen.

Brandenburger Landkreise: «Stimmung kippt ein Stück»

Die Landkreise in Brandenburg sehen indes die Belastungsgrenze bei der Unterbringung von Flüchtlingen überschritten und dringen auf eine schärfere Asylpolitik. «Wenn das so weitergeht, werden wir irgendwann nicht mehr in der Lage sein, aufnehmen zu können», sagte der Vorsitzende des Landkreistags, Landrat Siegurd Heinze, der Deutschen Presse-Agentur.

«Dann gibt es wieder Zeltstädte, Turnhallen und Containerlösungen.» Er sprach von einer sehr angespannten Situation und einer schwindenden Akzeptanz bei den Bürgern. «Wir können es nicht mehr lange stemmen», sagte Heinze.

Der Landkreistagschef forderte eine Einschränkung von Leistungen bei fehlendem Asylanspruch und eine größere Zahl von Rückführungen in die Heimat. «Es muss eine stringente Rückführung von Menschen geben, die keinen Anspruch auf Asyl haben», forderte Heinze. «Bei ihnen müssen die Barauszahlungen mindestens minimiert, am besten gar nicht mehr gewährt werden.» Aus seiner Sicht werden zu wenige Migranten ohne Bleibeperspektive oder ausreisepflichtige Menschen zurück in die Heimat gebracht. «Wir können den Menschen vor Ort das alles nicht mehr erklären. Die Stimmung kippt ein Stück weit», warnte er.

SPD: Bei Asylpolitik moralisch standhaft bleiben

In der Debatte um eine Begrenzung der Einreise von Asylsuchenden kommt es nach Ansicht des SPD-Innenpolitikers Hakan Demir aber auch auf den moralischen Kompass an. «Wir brauchen moralische Standhaftigkeit», sagte der Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für internationales Flüchtlingsrecht der Deutschen Presse-Agentur.

Er betonte: «Wer vor Krieg und Gewalt flieht, hat ein Recht auf Asyl.» Wer nun in einer Zeit der Verunsicherung meine, «auf den Zug der Abschottung aufzusteigen», stehe auf der falschen Seite der Geschichte.

Union fordert Kostenklärung und Begrenzung der Migration

Die Union im Bundestag dringt indes auf eine Klärung der künftigen Finanzierung der Flüchtlingskosten und fordert von der Regierung zugleich konkrete Schritte zur Begrenzung der Migration. Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte in Berlin, er verstehe die Haltung der Kommunen zu 100 Prozent. Es wäre aber auch zu wenig vom Bund mit seinen Möglichkeiten zu steuern und zu begrenzen, einfach nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das wäre ein «Arbeiten an den Symptomen».

Unionsfraktionschef Friedrich Merz forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abermals zum Handeln auf, um gemeinsame Lösungen anzugehen. Auch drei Wochen nach dem Vorschlag des Kanzlers für einen «Deutschland-Pakt» gebe es «keinerlei Initiative der Bundesregierung, mit uns über irgendein Thema zu sprechen», sagte der CDU-Vorsitzende heute vor einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Er habe Scholz auch in einem Gespräch angeboten, mit der Migrationskrise zu beginnen, die in Städten und Gemeinden zu handfester Überforderung führe. Er bitte den Kanzler erneut, die ausgestreckte Hand der Opposition zu nehmen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rief Faeser auf, in Aussicht gestellte zusätzliche Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien bei der EU anzumelden. Dies müsse umgehend geschehen, ansonsten sei es eine Verschleppung.

@ dpa.de