Pistorius, SPD

Der Verteidigungsminister warnt, dass der Streit um den Taurus von den wichtigsten Problemen der Ukraine im Verteidigungskrieg ablenke.

19.03.2024 - 08:21:49

Pistorius: Die SPD ist keine Partei der Putinversteher. Keinen Zweifel könne es an der Haltung der SPD geben.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat davor gewarnt, in der Debatte um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern die wesentlichen Bedürfnisse der Ukraine im Abwehrkampf aus dem Blick zu verlieren.

Ausreichend Artilleriemunition, weiter reichende Raketenartillerie sowie die Luftverteidigung seien die wirklich existenziellen Fragen, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk vor einer neuen Abstimmungsrunde der Ukraine-Unterstützer in Ramstein.

Er kritisierte, dass aus einer geheimen Sitzung des Verteidigungsausschusses Informationen öffentlich wurden. «Dass aus der Sitzung Geheimes nach draußen gedrungen ist, gehört genau zu dieser Kakofonie. Jeder versucht, sich über sein Verhalten zu profilieren, in irgendeiner Weise sein Spiel zu spielen», sagte Pistorius. Er wundere sich ohnehin, dass mehr als 100 Teilnehmer bei einer solchen Sitzung dabei gewesen seien.

Bei der Unterstützung der Ukraine ist nach seinen Worten die Geschlossenheit sowohl der Regierungskoalition als auch der Regierungsfraktionen ungebrochen. Er warnte aber auch vor Schaden in der Taurus-Debatte: «Also zunächst mal ist diese Diskussion über Monate auf die Spitze getrieben worden. Das ist das gute Recht von jedermann, der das möchte. Man hätte ja gar nicht an den Punkt kommen müssen, dass ein für alle Mal auszuschließen. Ich glaube allerdings, dass klar sein muss, dass die Unterstützung für die Ukraine auf anderen Feldern wichtiger ist.»

Verteidigungsminister distanziert sich von Mützenich

Pistorius bekräftigte, dass er nicht von einem Einfrieren des Kriegs in der Ukraine gesprochen hätte, wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich tat. «Weil das Wort einfrieren signalisiert, man könne einen solchen Krieg und wir reden ja nicht über einen beidseitigen Konflikt, einen solchen Krieg einfach so einfrieren und dann hoffen, dass es besser wird. Wir wissen aus der Geschichte und aus den Erfahrungen mit Putin, dass das niemals so sein wird», sagte Pistorius. Die Worte Mützenichs bedeuteten aber den Wunsch nach Frieden.

Auch die Spitze der Unionsfraktion hat die neuerlichen Äußerungen von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zu einem Einfrieren des Ukraine-Kriegs scharf zurückgewiesen. «Ich halte diesen Ansatz für absolut inakzeptabel», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), in Berlin. Er fügte hinzu: «Ich sehe hier nirgends einen Ansatz, wie man zu Friedensverhandlungen kommen kann.» Es scheine innerhalb der SPD und der Ampel-Koalition in diesem Zusammenhang «noch einiges an Klärungsbedarf» zu geben.

Trotz Kritik will der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich an seinen Äußerungen zum Einfrieren des Ukraine-Kriegs festhalten. Auf die Frage, was er mit dem Begriff gemeint habe und ob er ihn korrigieren wolle, sagte Mützenich der «Neuen Westfälischen»: «Nein, das möchte ich nicht. Ich bin in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet. Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.» Das benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien, was man nicht von außen diktieren könne.

«Die SPD ist keine Partei der Putinversteher», sagte Pistorius. Die SPD stelle mit Olaf Scholz (SPD) den Kanzler und Deutschland stehe an der Spitze aller europäischen Unterstützer der Ukraine. Pistorius: «Es darf und kann keinen Zweifel geben an unserer Solidarität und unserer Unterstützung für die Ukraine. Alles andere sind herbeigeführte Diskussionen, die niemand braucht und die auch niemandem helfen, am wenigsten der Ukraine.»

@ dpa.de