Scholz, Kante

Der Gaza-Krieg hat auch in Deutschland verheerende Auswirkungen.

19.10.2023 - 15:58:26

Scholz zeigt «Kante» gegen Antisemitismus. In der Nacht zum Donnerstag kommt es in Berlin erneut zu Ausschreitungen. Die Politik zeigt sich entsetzt - und will handeln.

  • Bundeskanzler Olaf Scholz im Plenum des Bundestages. - Foto: Christoph Soeder/dpa

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  • Teilnehmer einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration zünden in der Nähe der Sonnenallee Pyrotechnik. Es wurden auch Steine und Flaschen auf Einsatzkräfte geworfen. - Foto: Paul Zinken/dpa

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Bundeskanzler Olaf Scholz im Plenum des Bundestages. - Foto: Christoph Soeder/dpaTeilnehmer einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration zünden in der Nähe der Sonnenallee Pyrotechnik. Es wurden auch Steine und Flaschen auf Einsatzkräfte geworfen. - Foto: Paul Zinken/dpa

Nach teils gewalttätigen Ausschreitungen und dem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein hartes Vorgehen gegen Antisemitismus in Deutschland angekündigt. Es sei «eine klare Kante gefragt», sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag kurz nach Rückkehr von seiner Israel-Reise. Man dürfe nicht wegschauen.

«Antisemitismus ist in Deutschland fehl am Platz, und wir werden alles dafür tun, uns gegen ihn zu stellen. Wir werden das machen als Bürgerinnen und Bürger, als diejenigen die politisch Verantwortung tragen», sagte Scholz. Zugleich verlangte der SPD-Politiker am Donnerstag im Bundestag erneut die sofortige Freilassung der Hamas-Geiseln im Gazastreifen. Für seinen diplomatischen Einsatz wurde der Bundeskanzler im Bundestag von nahezu allen Fraktionen gelobt. Als einer der ersten Regierungschefs war Scholz am Dienstag nach Israel gereist.

Ausschreitungen in Berlin

Trotz eines Verbots von pro-palästinensischen Demonstrationen war es in Berlin-Neukölln am Mittwochabend erneut zu Menschenansammlungen und stundenlangen Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei sprach von einer aufgeheizten Stimmung auf der Sonnenallee, die erst ganz spät am Abend allmählich ruhiger wurde. Die Beamten gingen eigenen Angaben zufolge gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor, die Mülltonnen, Reifen und Pyrotechnik anzündeten sowie mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen warfen.

Eine Sprecherin der Berliner Polizei sprach am Donnerstagmorgen von 174 Festnahmen. 65 Polizisten seien verletzt worden. Einer davon habe seinen Dienst beenden müssen. Insgesamt seien 65 Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober kam es vor allem in Berlin immer wieder zu Demonstrationen von Palästinensern und Unterstützern, bei denen einige Teilnehmer die islamistische Hamas bejubelten. Zum Teil kam es zu Ausschreitungen. Auch die Zahl der antisemitischen Vorfälle nahm seit dem Überfall der Hamas bundesweit drastisch zu. Allein die Berliner Polizei registrierte mehr als 360 Straftaten im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg.

Ermittlungen nach Anschlagsversuch auf Synagoge

Nach dem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin-Mitte hat die Generalstaatsanwaltschaft inzwischen die Ermittlungen übernommen. Das teilte die Behörde am Donnerstag mit und begründete dies unter anderem mit dem eskalierenden Charakter des Angriffs. Das Ermittlungsverfahren richte sich gegen noch unbekannte Personen wegen versuchter schwerer Brandstiftung.

Nach bisherigen Erkenntnissen sollen zwei vermummte Täter sogenannte Molotowcocktails in Richtung der Kahal Adass Jisroel Synagoge in Berlin-Mitte geworfen haben. Die Brandsätze seien auf dem Bürgersteig nahe der Synagoge aufgeschlagen. Ein Brandsatz habe von Wachleuten der Polizei rechtzeitig gelöscht werden können. Der zweite Brandsatz sei erloschen. Der Zentralrat der Juden sprach von einem «Terroranschlag».

Bundestagsabgeordnete entsetzt über Antisemitismus

Angesichts der antisemitischen Ausschreitungen und Brandanschläge zeigten sich Politikerinnen und Politiker der Bundestagsfraktionen entsetzt. Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte: «Wenn der Satz richtig ist - und er ist richtig - dass Judenhass und Zerstörungswut gegen Israel keinen Platz in unserem Land haben dürfen, dann ist jetzt ein hartes Durchgreifen der Polizei und der Justiz angezeigt.» FDP-Fraktionschef Christian Dürr verlangte: «Wir müssen ins Handeln kommen. Bei Worten darf es nicht bleiben.» Am Ende müsse es Verurteilungen geben.

@ dpa.de