Klimawandel, Klimakrise

Bundesweite Proteste der Gruppe Letzte Generation legen den Verkehr in zahlreichen Großstädten in Deutschland an wichtigen Punkten lahm - Verletzte gab es ebenfalls.

14.07.2023 - 14:00:48

Klimaaktivisten stören bundesweit den Verkehr

  • Sicherheitspersonal und Polizisten versuchen am Düsseldofer Flughafen, Aktivisten vom Asphalt auf dem Rollfeld zu lösen. - Foto: David Young/dpa

    David Young/dpa

  • Die Polizei trägt einen Aktivisten der Gruppe Letzte Generation weg, der mit anderen die Fahrbahnen rund um die Siegessäule in Berlin blockiert hat. - Foto: Paul Zinken/dpa

    Paul Zinken/dpa

Sicherheitspersonal und Polizisten versuchen am Düsseldofer Flughafen, Aktivisten vom Asphalt auf dem Rollfeld zu lösen. - Foto: David Young/dpaDie Polizei trägt einen Aktivisten der Gruppe Letzte Generation weg, der mit anderen die Fahrbahnen rund um die Siegessäule in Berlin blockiert hat. - Foto: Paul Zinken/dpa

Klimaaktivisten der Letzten Generation haben mit Blockaden den Straßenverkehr in mehreren deutschen Städten an wichtigen Stellen gestört. In Städten wie Berlin, Leipzig, Dresden und Braunschweig klebten sich Protestteilnehmer am Freitag auf die Fahrbahn - einige trugen Masken, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigten. Sie hielten dabei Banner hoch mit der Aufschrift «Wir brechen das Gesetz».

Grund für den Protest war nach Angaben der Gruppe der «Bruch des Klimaschutzgesetzes durch die Regierung». Die Aktivisten werfe Wissing vor, trotz rechtlicher Verpflichtung kein Sofortprogramm vorgelegt zu haben, um die im Klimaschutzgesetz festgelegten Höchstmengen an klimaschädlichen Treibhausgasen einzuhalten.

Im gesamten Bundesgebiet waren nach den Angaben der Letzten Generation mindestens 36 Sitzblockaden in 26 Städten geplant. «Die Bundesregierung bricht das Gesetz und führt unsere Gesellschaft in den Kollaps», sagte die Sprecherin der Gruppierung, Carla Rochel. «Es ist unsere demokratische Pflicht, dagegen friedlich Widerstand zu leisten.»

Ein Verletzter bei Auffahrunfall

In einem Stau als Folge einer Blockade der Autobahn 73 in Nürnberg wurde ein Autofahrer verletzt. Der 31-Jährige hat nach Polizeiangaben in einem Stau wohl wegen mangelnder Aufmerksamkeit den Anhänger eines Lastwagens zu spät gesehen und wurde mit seinem Fahrzeug unter dem Anhänger eingeklemmt. Zur Schwere der Verletzungen konnte die Polizei zunächst keine Angaben machen.

Eine 18 Jahre alte Aktivistin der Gruppe Letzte Generation soll am Morgen bei einer Straßenblockade in Bottrop leicht verletzt worden sein. Ihren eigenen Angaben zufolge habe sie die Verletzung erlitten, als sie von einer Frau an den Haaren von der Straße gezogen wurde, sagte eine Polizeisprecherin. Ein auf Twitter verbreitetes Video zeigt eine entsprechende Szene.

Laut Polizei läuft eine Anzeige gegen unbekannt wegen Körperverletzung im Zusammenhang mit der Verletzung der Aktivistin. Zu einer Klebeaktion kam es laut Polizei gar nicht erst. Der Verkehr war demnach kurz erheblich beeinträchtigt, lief aber bald wieder.

Acht Aktivisten legten am Vormittag für etwa zwei Stunden den Verkehr in der Münchner Innenstadt lahm. An drei Orten blockierten Aktivisten den Verkehr in Nürnberg. Die Polizei löste die Blockaden mit zum Teil auf der Straße festgeklebten Aktivisten nach etwa 30 Minuten auf, wie ein Sprecher mitteilte. Gegen die Aktivisten wird nun wegen Nötigung ermittelt und wegen eines Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Nürnberg, wonach unangemeldete Festklebe-Aktionen von Klimaaktivisten verboten waren.

Hotspot Siegessäule

In Berlin protestierten unter anderem mehr als ein Dutzend Aktivisten am Kreisverkehr rund um die Siegessäule, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Mehrere Menschen klebten sich dort auf die Fahrbahn. Nach Angaben des dpa-Reporters versuchten zahlreiche Autofahrer, der Blockade auszuweichen, indem sie über Bürgersteige fuhren. Nach gut einer Stunde lief der Verkehr an der Siegessäule wieder wie gewohnt.

Auch in der Potsdamer Innenstadt gab es eine Klebeaktion auf einer Straße. So auch in Dresden und Leipzig - beide Sitzblockaden wurden von der Polizei beendet.

In Braunschweig blockierten Aktivisten im Berufsverkehr eine Straße in der Innenstadt. Kritik daran gab es aus der niedersächsischen Landesregierung. «Nach Ansicht des Ministerpräsidenten schadet das dem Klimaschutz», sagte eine Sprecherin von Stephan Weil (SPD). Der Klimaschutz sei eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe. «Wenn man dann weite Teile der Gesellschaft gegen sich aufbringt, ist das der Sache nicht dienlich.»

Flughäfen zuletzt lahmgelegt

Am Donnerstag hatten Aktivisten die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt, indem sie die Zäune überwanden, auf die Rollfelder liefen und sich dort nahe der Start- und Landebahnen festklebten. In Hamburg wurde der Flugverkehr am ersten Ferientag für einige Stunden komplett eingestellt. In Düsseldorf wurden mehrere Flüge umgeleitet oder verspäteten sich.

Verkehrsminister Wissing verurteilte die Blockaden an den Flughäfen scharf. «Das Ganze ist eine Zumutung für die gesamte Bevölkerung, vollkommen inakzeptabel und muss mit aller Härte bestraft werden», sagte der FDP-Politiker der «Rheinischen Post».

Nach der Klebe-Aktion am Düsseldorfer Flughafen verteidigte der Airport-Chef das Sicherheitskonzept für das Areal - aber mögliche Nachbesserungen in Erwägung gezogen. Der Zaun um das Gelände erfülle «alle gesetzlichen Sicherheitsanforderungen nach den hohen deutschen und europäischen Anforderungen», sagte Flughafen-Geschäftsführer Lars Redeligx der Düsseldorfer «Rheinischen Post».

Nur vier Minuten, nachdem der Alarm in der Verkehrszentrale des Flughafens eingegangen sei, seien die ersten Einsatzkräfte vor Ort gewesen, so Redeligx. Damit sei verhindert worden, dass sich die Aktivisten großflächig über das Gelände verteilen konnten. «Dass nur ein Teil der Aktivisten sich letztlich nur an einer Stelle festkleben konnte, ist auch ein Ergebnis dieser kurzen Reaktionszeit.»

Die Letzte Generation will ihre Blockaden in den nächsten drei Wochen zurückfahren. Man wolle nun drei Wochen Zeit nutzen, «um neue Menschen zu integrieren, die dazu gekommen sind», sagte ein Sprecher der Gruppe der dpa. «Wir wollen Kraft für die kommenden Proteste im August und September sammeln.»

@ dpa.de