Wahlkreis, Sachsen-Anhalt

Bayern bekommt zur nächsten Bundestagswahl einen weiteren Wahlkreis - das hat der Bundestag heute beschlossen.

01.02.2024 - 16:47:40

Wahlkreis wandert von Sachsen-Anhalt nach Bayern. Der Freistaat hat Bedenken. Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie.

Wegen der schrumpfenden Bevölkerung in Sachsen-Anhalt verliert das Bundesland bei der nächsten Bundestagswahl einen Wahlkreis an Bayern. Der Bundestag beschloss heute eine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes. Dadurch verschwindet der Wahlkreis Anhalt, der unter anderem Bitterfeld-Wolfen und Köthen umfasst.

Die betroffenen Wähler werden auf die benachbarten Wahlkreise verteilt. In Bayern entsteht unterdessen aus Teilen der bisherigen Wahlkreise Augsburg-Land, Neu-Ulm und Ostallgäu der neue Wahlkreis Memmingen.

Weil Bayerns zusätzlicher Wahlkreis im schwäbischen Landesteil entsteht statt in der Münchner Innenstadt, warfen sich Ampel-Koalition und Unionsfraktion in der Debatte allerdings gegenseitig vor, das Wahlrecht aus Eigeninteresse manipulieren zu wollen. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Alexander Hoffmann, kritisierte, durch die willkürliche Herauslösung der CSU-lastigen Gemeinde Königsbrunn aus dem Wahlkreis Augsburg-Stadt steige die Chance der Grünen-Politikerin Claudia Roth, dort ein Direktmandat zu erringen. 

Deren Parteikollege Till Steffen wies diese Behauptung zurück. Roth sei in ihrem Augsburger Wahlkreis ohnehin noch nie direkt gewählt worden - für sie ändere sich also nichts. Vielmehr werde der neue Wahlkreis deshalb in Schwaben eingerichtet, weil zwei Wahlkreise in dieser Region so groß seien, dass sie ohnehin reformiert werden müssten.

Bayern kritisiert Neuzuschnitt von Wahlkreisen

Das bayerische Innenministerium kritisiert den von der Berliner Ampel-Koalition geplanten Neuzuschnitt von Bundestagswahlkreisen. Die Pläne seien «abweichend von der bisherigen Staatspraxis» nicht mit Bayern abgestimmt worden, sie seien mittel- bis langfristig nicht tragfähig, und es würde sich eine viel naheliegendere Lösung für einen zusätzlichen Wahlkreis in Bayern anbieten, argumentiert das Ministerium.

Das bayerische Innenministerium argumentierte, Wahlkreise sollten «ein zusammenhängendes und abgerundetes Ganzes bilden, dessen Bürger eine regionale politische Einheit repräsentieren». Der neue Wahlkreis und der daran angrenzende Wahlkreis Ostallgäu würden künftig «hohe negative Abweichungswerte» aufweisen. Es sei absehbar, dass diese Wahlkreise bereits in der nächsten Wahlperiode neu zugeschnitten werden müssten. Die vorgeschlagene Einteilung widerspreche damit dem Grundsatz der Wahlkreiskontinuität. Zudem lasse das Gesetz völlig außer Acht, dass sich eine naheliegendere Lösung anbieten würde, nämlich die Bildung des weiteren Wahlkreises in der Landeshauptstadt München.

Merz warf Ampel Manipulation beim Wahlrecht vor

CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Montag argumentiert, mit dem Neuzuschnitt solle erreicht werden, dass der Wahlkreis Augsburg-Stadt «nicht zu viele CSU-Wähler hat» und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) «bei der nächsten Bundestagswahl in Augsburg Stadt ihren Wahlkreis behalten kann». Es werde «wieder einmal das Wahlrecht manipuliert». Die Ampel-Koalition reagierte empört auf den Vorwurf. Tatsächlich hat Roth noch nie einen Wahlkreis in Bayern direkt gewonnen.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, rief den CDU-Chef zur Zurückhaltung auf. «Merz schadet mit seinem unverantwortlichen Halbwissen der Glaubwürdigkeit unserer Demokratie, wenn er fälschlicherweise von Wahlrechtsmanipulation spricht», sagte Wiese. Seit Juni 2023 habe es ein halbes Dutzend Abstimmungsrunden unter anderem mit der CDU/CSU zu Änderungen der Wahlkreiszuschnitte gegeben. Wiese warf der Union vor, «letztlich jegliche Einigung blockiert» zu haben, statt an Kompromissen mitzuarbeiten. Nun setze die Ampel das um, «was das Bundesinnenministerium in Abstimmung mit der Bundeswahlleitung vorgeschlagen hat». Mit Blick auf die Vorbereitungen für die Bundestagswahl im kommenden Jahr sei es wichtig, jetzt Rechtssicherheit zu schaffen.

@ dpa.de