Klimakrise, Klimastreik

Aus Sicht der Klimabewegung Fridays for Future sind Politik und Wirtschaft im «Verdrängungsmodus», was die fatalen Folgen der Klimakrise angeht.

15.09.2023 - 04:27:11

Deutschlandweite Klima-Proteste an fast 250 Orten. Nun soll ein weiterer globaler Aktionstag Druck aufbauen.

Mit Demonstrationen an fast 250 Orten in Deutschland will die Klimaschutzbewegung Fridays for Future heute von der Politik mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung einfordern. Rund um den Globus sind Hunderte weitere Kundgebungen und sogenannte Klimastreiks an Schulen geplant - mit der Forderung eines zügigen Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas.

«Nie war es deutlicher als in diesem Sommer: Wir erleben live die Verschärfung der Klimakrise und gleichzeitig eine Regierung ohne klimapolitischen Plan», sagte die Aktivistin Annika Rittmann der Deutschen Presse-Agentur.

In Deutschland verlangt die Bewegung die Einführung eines Klimagelds und die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Das sogenannte Klimageld ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgeschrieben. Es soll steigende Preise für den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen sozial ausgleichen. Das geltende Klimaschutzgesetz sieht vor, die klimaschädlichen Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent.

Demonstrationen und Protestaktionen weltweit

Es ist der inzwischen 13. globale «Schulstreik fürs Klima». Die Bewegung wurde vor fünf Jahren von der Schwedin Greta Thunberg ins Rollen gebracht. Besonders viele Teilnehmer dürften hierzulande wie immer in den Millionenstädten zusammenströmen. In Hamburg spielt unter anderem live Herbert Grönemeyer auf der Kundgebung, in Berlin ist ein Auftritt der Popband Juli geplant.

Weltweit sind von heute bis Sonntag Hunderte weitere Demonstrationen und Protestaktionen vorgesehen, zu denen die Veranstalter Millionen Menschen erwarten. Laut dem Climate Action Network richtet sich die «historische Mobilisierung» auch an einen Klima-Gipfel am 20. September in New York (Climate Ambition Summit), zu dem UN-Generalsekretär António Guterres eingeladen hat.

Trotz aller Klimaschutz-Versprechen der vergangenen Jahre haben die weltweiten Emissionen nach Zahlen der Internationalen Energie-Agentur 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Schon jetzt hat sich die Welt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um etwa 1,1 Grad erwärmt, Deutschland sogar um 1,6 Grad. Die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren die vergangenen acht.

Appell «an alle Generationen und Berufsgruppen»

Fridays-for-Future-Aktivistin Rittmann verwies auf die fatalen Folgen der Erderhitzung, wie jene Hurricans über dem Mittelmeer, die zur Katastrophe in Libyen geführt haben, brennende und überschwemmte griechische Inseln und auch bei uns in Deutschland Starkregen, Dürre und Hitzetote. «Nie war es wichtiger als in dieser Zeit, dass Menschen mit uns auf die Straße gehen, um gemeinsam für die Vision einer besseren Zukunft einzustehen.»

Der Aktivist Pit Terjung sagte, nach der Hälfte ihrer Amtszeit sehe die Klimabilanz der Ampel-Regierung verheerend aus. «Mit der drohenden Entkernung des Klimaschutzgesetzes, das Fridays for Future hart erkämpft hat, plant sie jetzt einen untragbaren Rückschritt.»

Die Aktivistin Luisa Neubauer sagte auf Instagram, die Regierung reagiere in Sachen Klimaschutz erfahrungsgemäß nur auf Druck von der Straße. Sie schrieb auf Twitter: «Wir jungen Menschen werden unsere Probleme nicht alleine lösen können. Wir appellieren an alle Generationen und alle Berufsgruppen, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen.»

Die Einstellung der Deutschen zu Klima- und Umweltfragen hat Fridays for Future einer Umfrage von Infratest Dimap zufolge bisher nicht grundlegend ändern können. Für drei Viertel der Deutschen (75 Prozent) hatten die Demonstrationen wenig (35 Prozent) oder sogar gar keinen Einfluss (40 Prozent) auf ihre persönliche Einstellung zu Klima- und Umweltfragen, wie aus dem «Deutschlandtrend» im ARD-«Morgenmagazin» hervorgeht. Nur 23 Prozent fühlen sich von der Bewegung stark (19 Prozent) oder sehr stark (4 Prozent) beeinflusst.

@ dpa.de