Festnahme, Ermittler

Auch nach der Festnahme der früheren Terroristin Daniela Klette laufen die Ermittlungsarbeiten.

28.02.2024 - 12:34:01

Nach Festnahme suchen Ermittler nach weiteren Terroristen. Ein vorläufig festgenommener Mann wurde inzwischen wieder auf freien Fuß gesetzt.

  • Das Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover. - Foto: Moritz Frankenberg/dpa

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  • Polizisten gehen in das Wohnhaus von Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg. - Foto: Paul Zinken/dpa

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Das Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover. - Foto: Moritz Frankenberg/dpaPolizisten gehen in das Wohnhaus von Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg. - Foto: Paul Zinken/dpa

Nach dem Fahndungserfolg gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette (65) setzen die Ermittler ihre Arbeit fort. «Aktuell laufen die Auswertungen beim LKA und der Staatsanwaltschaft Verden», sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums.

Auch nach den ehemaligen RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub (69) und Burkhard Garweg (55) wird nach Angaben der zuständigen niedersächsischen Staatsanwaltschaft Verden weiter gesucht. Ein ebenfalls in Berlin vorläufig festgenommener Mann ist allerdings wieder auf freiem Fuß. «Zweifelsfrei handelt es sich nicht um einen der beiden noch flüchtigen Straftäter», teilte das niedersächsische Landeskriminalamt in Hannover mit.

Der Mann sei aus den polizeilichen Maßnahmen entlassen worden. Bei dem Mann habe es sich um einen Mann im «gesuchten Alterssegment» gehandelt, hatte LKA-Präsident Friedo de Vries erklärt. Angaben dazu, in welchem Zusammenhang er festgenommen wurde, machte die Sprecherin des Innenministeriums nicht.

Klette in Untersuchungshaft

Die Berliner Polizei setzte ihren Einsatz in der Wohnung der am Montagabend festgenommenen Daniela Klette fort. Am Morgen standen zunächst drei Mannschaftswagen vor dem Haus in der Sebastianstraße in Berlin-Kreuzberg, wie ein dpa-Reporter berichtete. Der Eingang zu dem siebengeschossigen Gebäude ist weiterhin mit Flatterband abgesperrt.

Klette sitzt wegen mehrerer Raubtaten in Untersuchungshaft. Sie lebte in einer Berliner Wohnung nach LKA-Angaben unter falscher Identität. Einem Nachbarn zufolge führte sie den Vornamen Claudia. Bei der Durchsuchung fanden die Ermittler dem LKA zufolge unter anderem Magazine einer Waffe und Patronen. Eine Waffe sei bislang nicht gefunden worden.

Mehrere Terroranschläge werden Klette vorgeworfen

Auch ein von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe vor Jahren erwirkter Haftbefehl gegen Klette ist nach Angaben einer Behördensprecherin weiterhin in Kraft. Gegen Klette werde dabei wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und versuchten Mordes bei Taten Anfang der 90er-Jahre ermittelt.

Konkret wird ihr zur Last gelegt, gemeinsam mit den noch gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche JVA Weiterstadt verübt zu haben. Durch die Explosion war an dem Gebäude ein Schaden von rund 123 Millionen D-Mark entstanden.

Klette soll darüber hinaus mit weiteren RAF-Mitgliedern versucht haben, im Februar 1990 einen Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Deutschen Bank in Eschborn zu verüben. Der Sprengstoff detonierte nicht, da die Zündung versagte. Außerdem hatte Klette Erkenntnissen der Ermittler zufolge im Februar 1991 mit RAF-Mitgliedern mindestens 250 Schüsse auf die US-Botschaft in Bad Godesberg abgegeben.

Serie schwerer Raubüberfälle

Der Festnahme durch Zielfahnder war eine jahrelange Ermittlungsarbeit unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Verden vorausgegangen. Die Anklagebehörde wirft Klette, Garweg und Staub versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor. Die Tatorte lagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Überfälle nicht politisch motiviert waren. Vielmehr sollen die Beschuldigten die Taten begangen haben, um an Geld für ihr Leben im Untergrund zu kommen.

Die niedersächsischen Behörden äußerten sich bisher nicht zu der Frage, in welche Justizanstalt Klette gebracht wurde. Eine Sprecherin des Justizministeriums führte Sicherheitserwägungen an. Sie wollte sich auch nicht dazu äußern, ob Klette etwa in Einzelhaft sitze. Sie habe auch keine Erkenntnisse, ob Klette zur Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe gebracht werden soll.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge befindet sich Klette aktuell in der JVA Vechta. Die 65-Jährige ist demnach vom Amtsgericht Verden in das Frauengefängnis in der Justizvollzugsanstalt in Vechta gebracht worden. Weder die zuständige Staatsanwaltschaft in Verden noch das Justizministerium in Hannover wollten sich auf Anfrage dazu äußern.

Dritte Generation der RAF

Das Trio Klette, Staub und Garweg wird der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet. Über diese sagte der Journalist und RAF-Experte Stefan Aust im ZDF-«heute-journal», die zweite Generation habe versucht, die erste aus dem Gefängnis zu befreien. «Als das nicht funktioniert hat, gab es dann die dritte Generation, und die haben eines getan, nämlich schlichtweg Morde begangen. Sie haben Leute einfach erschossen oder haben ihnen Fallen gestellt.»

Zuletzt hatte sich die Staatsanwaltschaft Verden in der ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY ... ungelöst» erneut mit einem Aufruf an die Bevölkerung gewandt. Laut LKA-Präsident de Vries bracht die Sendung 250 neue Hinweise. Die Festnahme ging aber nicht auf den Fahndungsaufruf in der Sendung zurück. In den vergangenen Jahren seien mehrere Tausend Hinweise bearbeitet worden.

Ex-RAF-Staatsanwalt rechnet mit weiteren Überfällen

Indessen hält es der frühere Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger auch nach Klettes Festnahme für wenig wahrscheinlich, dass die beiden weiter gesuchten Ex-RAF-Terroristen dem Fahndungsdruck nachgeben und sich freiwillig stellen. «Ich habe eine kleine Hoffnung», sagte Pflieger, der in den 1980er Jahren an mehreren RAF-Ermittlungen und Anklageschriften insbesondere gegen die erste und zweite Generation der Rote Armee Fraktion beteiligt war. «Ich gehe aber eher davon aus, dass sie nach so langer Zeit mit falscher Identität versuchen werden, weiter verdeckt zu leben und zu agieren.»

Der frühere Jurist rechnet auch mit weiteren Überfällen auf Geldtransporter: «Sie müssen ja von etwas leben, wenn ihnen das Geld ausgeht. Und dann machen sie halt von dem Gebrauch, was sie gelernt haben.» Dabei werde der Druck auf sie steigen. «Ich könnte mir vorstellen, dass bei Daniela Klette in der Wohnung Informationen gefunden wurden, die auf die beiden Männer hinweisen könnten, seien es Mails oder Telefonanrufe oder irgendetwas.» So könne vielleicht schon ein gewisser Aufruhr entstanden sein, denn es bestanden ja Kontakte innerhalb des Trios.

@ dpa.de