Standort von neuer Tesla-Fabrik in Brandenburg

Ablehnung der Tarifbindung durch Tesla in der Kritik

15.11.2020 - 11:13:18

Gewerkschaften und die Arbeitnehmerflügel von SPD und Union plädieren für eine Einbindung des E-Mobility-Konzerns Tesla in das deutsche Tarifsystem.

Nachdem die Arbeitsagentur in Frankfurt/Oder angekündigt hat, dass sich Tesla in seiner Gigafactory im brandenburgischen Grünheide nicht an den deutschen Tarifstandards der Metall- und Elektroindustrie halten wird, mehren sich die Stimmen in der Politik, die dieses Vorgehen ablehnen. Jochem Freyer, Vorstand der zuständigen Arbeitsagentur, hatte die Personalpolitik des US-Konzern begrüßt und die Bereitschaft des Autobauers herausgestellt, auch Arbeitslose und Quereinsteiger zu beschäftigen. Für die strukturschwache Region in Brandenburg ist das E-Mobility-Projekt von Tesla ein absoluter Glücksfall und eine beschäftigungspolitische Chance erster Güte, so Freyer. Tesla hatte verlauten lassen, dass ungelernte Arbeitskräfte mit einem Einstiegsgehalt von 2.700 Euro, also weit übertariflich, rechnen können. Zu den Arbeitszeitmodellen hatte Tesla keine Stellungnahme abgegeben.
Die Weigerung von Tesla sich an geltenden Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie zu orientieren, hat bei Politikern jetzt Kritik ausgelöst. Christian Bäumler, Vertreter des Arbeitnehmerflügels der Union, sieht in dem Vorgehen des US-Konzerns eine Gefährdung der Arbeitnehmerrechte und der Chancengleichheit für die Unternehmen. Die Automotive-Branche steht aktuell unter einem erheblichen Druck durch einen grundlegenden Strukturwandel, stellt Bäumler gegenüber dem „Handelsblatt“ fest. Die Unternehmen der Autobranche haben eine erhebliche Reduktion der Belegschaft angekündigt und die Gewerkschaften befinden sich in schwierigen Verhandlungen zur Gestaltung des Wandels. In diese Verhandlungen platzt jetzt die Ankündigung von Tesla sich außerhalb der Sozialpartnerschaft zu positionieren. Dies ist auch in Bezug auf den Wettbewerb mit den anderen Autoherstellern ein nicht akzeptables Vorgehen. Amazon hat den gleichen Weg bei seinen Logistikzentren in Deutschland gewählt und damit den Sozialstandort Deutschland grundsätzlich infrage gestellt.
Unterstützung erhält Bäumler vom Arbeitnehmerflügel der SPD. Die Erklärung der Arbeitsagentur über übertarifliche Löhne ist irreführend, befindet Klaus Barthel (SPD). Es kommt auf den Komplex aus Lohn, Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen und Zuschlägen an. Das Vorgehen setzt die Tarifordnung und die Sozialpartnerschaft in Deutschland unter Druck. Tesla Ansiedlungspläne sind strategisch zu bewerten und gehen von einer Ausnutzung der Lohnunterschiede in Ost- und Westdeutschland aus.
Der Unternehmerflügel der Union bewertet Teslas Strategie dagegen positiv. Wir müssen von der Arbeitsmarktsituation in Brandenburg ausgehen und hier ist die Gigafactory eine Jahrhundertchance, befindet Christian von Stetten, Vertreter des Mittelstands in der CDU. Der Wirtschaftsminister von Brandenburg, Jörg Steinbach (SPD), betont den Zeitfaktor. Vorrang hat zunächst die zeitnahe Umsetzung des Projektes. Die Regelung der Arbeitsverhältnisse ist der nächste Schritt in der Projektausgestaltung. Die Landesregierung in Brandenburg ist sich sicher, dass in den nächsten Monaten Gespräche von Tesla mit den Arbeitnehmervertretern stattfinden werden. Ich setzt auf die Überzeugungskraft des deutschen Modells und die Einsicht des US-Konzerns, dass eine Sozialpartnerschaft auch für das Unternehmen erhebliche Vorteile hat, so Steinbach gegenüber dem „Handelsblatt“.

 

Redaktion ad-hoc-news.de, NeoMatrix

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