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Rekordjahr bei Gründungen von Genossenschaften / GVB: DeutlichesUmsatzplus bei Wärmegenossenschaften - Landwirtschaft braucht mehrEntscheidungsfreiheit und PlanungssicherheitMünchen - In einem volatilen Umfeld haben sich die 1.031 imGenossenschaftsverband Bayern (GVB) organisierten Waren- undDienstleistungsgenossenschaften erfolgreich behauptet.

23.04.2024 - 10:03:19

Genossenschaftsverband Bayern e.V. / Rekordjahr bei Gründungen von ...

Der Gesamtumsatz stiegauf 16,6 Milliarden Euro, nach knapp über 16 Milliarden Euro im Jahr zuvor -eine Zunahme von 2,4 Prozent. "Genossenschaften zeigen, was in ihnen steckt,wenn das Gesamtumfeld von Unsicherheiten geprägt ist. Entstanden im 19.Jahrhundert in Krisenzeiten beweisen sie bis heute ihre Leistungsfähigkeit",kommentierte Gregor Scheller, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern(GVB), das Ergebnis am Dienstag in München.

Das Jahr 2023 war von einem regen Gründungsgeschehen geprägt. Allein 40 neueEnergiegenossenschaften - davon 32 Wärmegenossenschaften - konnte der GVB alsneue Mitglieder willkommen heißen. Insgesamt nahm der GVB in Bayern 51genossenschaftliche Neugründungen in seine Reihen auf. Damit war das vergangeneJahr eines der gründungsreichsten der jüngeren Vergangenheit. "Diese Entwicklungist ein klarer Beleg für die Attraktivität des Genossenschaftsmodells", folgerteScheller.

Energie

Insgesamt erwirtschafteten die 329 Energiegenossenschaften 457 Millionen EuroUmsatz, nach 378,7 Millionen Euro im Vorjahr ein Plus von 20,7 Prozent.Ermöglicht wurde dies unter anderem durch die steigende Zahl vonEnergiegenossenschaften, durch noch relativ hohe Strompreise und eine guteStromausbeute bei Photovoltaikanlagen.

Die 147 Wärmegenossenschaften in Bayern steigerten ihre Erlöse um 8,8 Prozentvon 11,3 Millionen Euro auf 12,3 Millionen Euro. Nahwärmenetzen kommt einewachsende Bedeutung zu. In ganz Deutschland treiben Städte und Gemeinden ihrekommunale Wärmeplanung voran. "Die Energiewende ist somit für jeden greifbar.Die Kommunen - und damit jeder einzelne Haushalt - werden sich mit derWärmeversorgung der Zukunft auseinandersetzen müssen", sagte Scheller.Wärmegenossenschaften können hierbei die Kommunen unterstützen, weil sie dieUmsetzung der Wärmeplanung in wesentlichen Teilen in Bürgerhand übernehmen. DenVolks- und Raiffeisenbanken kommt als Finanzierer eine Schlüsselrolle zu. Mitihrer regionalen Nähe können sie in enger Abstimmung mit den kommunalenVerantwortlichen und den Wärmegenossenschaften einen aktiven Beitrag zumGelingen der Wärmewende leisten.

2023 haben die bayerischen Energiegenossenschaften ihre Investitionen imVergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert. "Die Energiewende und der Umstieg aufregionale, dezentrale und regenerative Versorgung gewinnt zunehmend an Schwung.Mit ihrer unmittelbaren Bürgerbeteiligung profitieren dieGenossenschaftsmitglieder von dieser Entwicklung", sagte Scheller.

Neben der Zahl der Wärmegenossenschaften legte auch die Zahl derPhotovoltaikgenossenschaften zu. Sie stieg um sieben auf 114 Mitglieder. Für diekommenden Jahre zeichnen sich im Energiebereich Fusionen ab. Dies ist bei denmitunter kleinen Genossenschaften notwendig, um weiteres Wachstum zu stemmen undsich an größeren Projekten beteiligen zu können. Zudem fallen Anlagen nach undnach aus der EEG-Förderung, worauf sich die Genossenschaften einstellen und sichentsprechend anpassen müssen. Diese Auswirkungen werden sich voraussichtlich inden kommenden Jahren zeigen.

Raiffeisen-Warengeschäft

Die 74 Raiffeisen-Warenunternehmen erwirtschafteten Umsätze in Höhe von 1,6Milliarden Euro. Im Jahr davor waren es nach endgültigen Zahlen 1,8 MilliardenEuro. Das entspricht einem Rückgang von rund elf Prozent.

Der Umsatzrückgang fiel im Vergleich zum Ausnahmejahr 2022 jedoch niedriger ausals noch zu Jahresbeginn 2023 erwartet. Damit hat sich der Umsatz wieder auf einnormales Niveau mit positiver Tendenz eingependelt. Positiv schlägt sich auchnieder, dass sich die Raiffeisen-Händler vermehrt an privaten Unternehmen ausden Branchen Agrarhandel, Baustoffe und Energie beteiligen und dieseMarktausweitung zu Umsatzsteigerungen führt.

In der Sparte Agrarhandel kam die hohe Volatilität der Märkte zum Tragen. DieGetreideernte fiel in der Menge durchschnittlich aus bei deutlich niedrigerenPreisen. Der Einzelhandel konnte sich dagegen leicht positiv entwickeln, obwohldie Inflation die Kaufkraft und dadurch die Umsätze in diesem Segment gebremsthat. Dem Baustoffhandel kam zugute, dass vor allem im ersten Halbjahr 2023 dieBauunternehmen noch offene Aufträge abgearbeitet haben.

Den Raiffeisen-Händlern ist bewusst, dass der Agrar-, Baustoff- undEnergiehandel anspruchsvoller wird. Daher kooperieren sie zunehmend in derRegion und bilden größere, für ihre Mitglieder und Kunden leistungsfähigereUnternehmen, um sich für die Herausforderungen, denen sich die Landwirtschatstellen muss, gut aufzustellen. Die Unternehmen investieren im Vertrauen aufKunden und Märkte kontinuierlich in neue Standorte und bessere Ausstattung.

"Die Raiffeisen-Märkte sind eine wichtige Stütze der ländlichen RegionenBayerns. Über viele Jahre haben sie sich das Vertrauen von Kundinnen und Kundensowie Mitgliedern erarbeitet. Das bewährt sich insbesondere in herausforderndenZeiten", sagte Scheller.

Milchgenossenschaften

Die 99 Milchgenossenschaften verzeichneten 2023 einen Umsatz in Höhe von 3,8Milliarden Euro, nach knapp vier Milliarden Euro im Jahr zuvor - ein Rückgang um3,7 Prozent. Dieser entspricht in etwa dem Rückgang des durchschnittlichenMilchauszahlungspreises. Der Preis für konventionelle Milch ging imJahresdurchschnitt von 51,9 Cent pro Kilogramm auf 49,7 Cent pro Kilogrammzurück.

Der hohe Druck, unter dem die Landwirte stehen, zeigt sich an den bis heuteanhaltenden Protesten. In Deutschland müssen im Durchschnitt vier Höfe pro Tagschließen. Immer weiter steigende regulatorische Anforderungen und fehlendePlanungssicherheit setzen den Landwirten erheblich zu. Vorgaben zuFlächenstilllegungen oder Fruchtwechsel greifen erheblich in die Entscheidungs-und Einnahmemöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe ein. Diesbeschleunigt den Strukturwandel immer mehr. "Wer die kleinteilige Landwirtschaftund die regionale Versorgung mit wertvollen Lebensmitteln will, muss dafür auchdie notwendigen Rahmenbedingungen schaffen", mahnte Scheller.

So sind beispielsweise Stallbauten mit enormen Kosten verbunden, die sichoftmals erst nach vielen Jahren amortisieren. Wenn die Vorgaben immer wiedergeändert werden, lohnen sich derartige Investitionen häufig nicht. "Es istdringend erforderlich, den Landwirten wieder mehr Entscheidungsfreiheit undPlanungssicherheit zu geben", sagte Scheller. Immer mehr Regulierung und sichständig ändernde Vorschriften führen dazu, dass sich Landwirtschaft inDeutschland immer weniger lohnt. In Folge steigen Auslandsimporte vonLebensmitteln, deren Qualität nicht im gleichen Maßstab gewährleistet werdenkann. "Das kann nicht in unser aller Interesse liegen", betonte Scheller.

Weiteres Ungemach droht den milcherzeugenden landwirtschaftlichen Betriebendurch die geplante Umsetzung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO)durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Damit sollen dieLieferbeziehungen im Milchsektor neu geregelt werden. Dies würde einenerheblichen Eingriff in bestehende Geschäfts- sowie Lieferbeziehungen darstellenund enorme bürokratische Kosten ohne jeden Nutzen verursachen. Zudem würde dieUmsetzung die Besonderheiten von Genossenschaften außer Acht lassen, in denendie Milcherzeuger nicht nur Lieferanten, sondern auch Eigentümer ihresMolkereiunternehmens sind. Der GVB schließt sich daher der ablehnenden Haltungdes Deutschen Raiffeisenverbandes und des Deutschen Bauernverbandes an.

Unter Druck geraten Milchviehhalter außerdem durch immer umfassendereTierschutzauflagen. Diese beschleunigen den Strukturwandel weiter. Kleinelandwirtschaftliche Betriebe können diese Auflagen und die damit verbundenenKosten häufig nicht stemmen und bleiben auf der Strecke, während größereEinheiten im Vorteil sind. Auch Handelsunternehmen machen den Molkereien undMilcherzeugern das Leben schwer. Da der Handel seine Eigenmarken zunehmend inden Vordergrund rückt, werden Lieferanten immer austauschbarer.

Handelsgenossenschaften

Ein Umsatzplus von 4,9 Prozent verzeichneten die 63 Handelsgenossenschaften inBayern, von 6,3 Milliarden Euro auf 6,6 Milliarden Euro. Klar dominiert wirddiese Sparte von einem Handelsunternehmen aus der Arzneimittelbranche. DieSparte umfasst aber auch die Bereiche Nahrungs- und Genussmittel sowieDorfläden. Diese verzeichneten erneut ein Ergebnisplus von 6,7 Prozent. "DieNahversorgung der Bevölkerung auf dem Land wird von den Menschen angenommen.Hier zeigt sich, wie Genossenschaften dazu beitragen können, Lücken zu schließenund zum Wohl der Allgemeinheit zu wirken", folgerte Scheller. Der regionaleHandel steht allerdings unter starkem Druck der Discounter.

Ländliche Genossenschaften

226 ländliche Genossenschaften gehören dem GVB an. Zu ihnen zählen unter anderemUnternehmen in den Bereichen Forst- und Holzwirtschaft, Trocknung, Weinbau,Brennerei, Vieh und Fleisch sowie Maschinen. Diese Unternehmen verzeichneteneinen Umsatz in Höhe von mehr als 1,4 Milliarden Euro, 93,6 Millionen Euro mehrals im Jahr davor. Das entspricht einem Plus von 6,9 Prozent. DeutlicheUmsatzrückgänge verzeichneten die Winzer. Ihr Ergebnis gab um mehr als 20Prozent auf knapp 51 Millionen Euro nach. 2022 war dieses noch bei 71,5Millionen Euro gelegen. Geänderte Trinkgewohnheiten und die zunehmende Abkehrvon hochpreisigen Artikeln machen sich hier bemerkbar.

Deutliche Zuwächse um mehr als 25 Prozent von knapp 162 Millionen Euro auf 203Millionen Euro verzeichneten die genossenschaftlichen Unternehmen aus demBereich Obst und Gemüse. Hier schlagen nicht nur gestiegene Preise, sondern auchder Trend zu Regionalität durch.

Handwerksgenossenschaften

Die 46 Handwerksgenossenschaften konnten ihren Umsatz um 0,7 Prozent von knapp984 Millionen Euro auf 991 Millionen Euro steigern. Zu dieser Gruppe zählenGenossenschaften für das Bauhandwerk, aber auch für Kaminkehrer, Bäcker, Metzgersowie Brauereigenossenschaften. In diesem Segment macht sich derKonjunktureinbruch im Baugewerbe bemerkbar. Die Unternehmen beklagen zudem, dassNachwuchs immer schwieriger zu finden ist. Auch dadurch bleiben immer wiederAufträge auf der Strecke, weil sie aufgrund fehlenden Personals nicht ausgeführtwerden können.

Gewerbliche Genossenschaften

Einen Umsatzsprung um 18,4 Prozent von 1,3 Milliarden Euro auf 1,6 MilliardenEuro verzeichneten die 150 gewerblichen Genossenschaften. Auch hier ist eineinzelnes Unternehmen dominant, das der Kommunikations- und IT-Branche angehört.Darüber hinaus zählen zu dieser Sparte freie Berufsgruppen, Gastronomie,Gesundheit, Marketing und Tourismus sowie Verkehr.

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