Wechsel, DSGV-Spitze

Deutschlands Sparkassen bekommen einen neuen Chef-Lobbyisten: Ulrich Reuter (61) übernimmt zum Jahreswechsel den Posten als Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) von Helmut Schleweis (69).

22.12.2023 - 05:41:50

Wechsel an der DSGV-Spitze: Ulrich Reuter neuer Sparkassen-Präsident

Die Verbandsmitglieder hatten Reuter im März einstimmig für sechs Jahre an die DSGV-Spitze gewählt.

Der gebürtige Aschaffenburger Reuter war 18 Jahre lang Landrat des Landkreises Aschaffenburg (2002-2020), ehe der CSU-Politiker im Januar 2021 das Amt des Präsidenten des Sparkassenverbandes Bayern übernahm. Auch eine Station bei der Deutschen Bank (1993-2001) findet sich im Lebenslauf des promovierten Juristen.

Reuter übernimmt nun eine Finanzgruppe, der unter anderem 357 Sparkassen (Stand April 2023) angehören, die seit Jahren den Spagat zwischen Digitalisierung und einem Angebot in der Fläche versuchen.

Eine Welle an weiteren Filialschließungen erwartet Reuter nicht, wie er im August der Zeitung "Main-Echo" sagte: "Ich bin überzeugt, dass wir die große Welle von Filialnetzveränderungen hinter uns haben." Natürlich werde es weiter "die eine oder andere Schließung oder Umwandlung in eine Automaten-Geschäftsstelle geben", das liege dann aber daran, dass kaum noch Kunden in die Filiale kämen. "Ein zweites Thema ist die Personalfrage: Sie finden heute immer schwerer gut qualifizierte junge Leute für eine kleine Filiale, wenn keine Kunden dorthin kommen", sagte Reuter.

Amtsvorgänger Schleweis mahnte im Oktober zudem, die Kundschaft nicht durch zu niedrige Sparzinsen zu verschrecken. "Es ist in Zeiten der schnellen Zinswende natürlich unmöglich, alle Bestandseinlagen sofort hoch zu verzinsen", sagte Schleweis bei einer internen Tagung des Sparkassen-Fondsanbieters Dekabank. "Wenn wir aber den Eindruck hinterlassen, Sparsamkeit nicht mehr zu belohnen, dann nagt das an unserer DNA, eine Institution zum Sparen zu sein."

Vergleichsportalen zufolge erhalten Kundinnen und Kunden bei vielen Sparkassen in Deutschland nach wie vor keine oder allenfalls niedrige Zinsen aufs Tagesgeldkonto - obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 die Zeit der Null- und Negativzinsen im Euroraum beendet hat und seither die Zinsen zehn Mal in Folge angehoben hat.

Reuter hatte im "Main-Echo" die Sparkassen verteidigt: "Im Unterschied zu Online-Banken, die keine großen Kreditbestände halten, können wir gar nicht so schnell umsteuern wie diese bei ihren Lockangeboten." Zudem halte er es "für einen Fehler, sich bei Vergleichen fast ausschließlich auf die Tagesgeldkonten und die Zinsen auf den Girokonten zu fixieren", so Reuter: "Wer sich allein schon mittelfristig für einige Monate oder ein Jahr festlegt, kann auch bei der Sparkasse bis zu 3,5 Prozent Zinsen pro Jahr bekommen."

Gespannt sein darf man, ob der neue DSGV-Präsident eine Idee seines Amtsvorgängers vorantreiben wird: Schleweis hatte kurz nach seinem Amtsantritt 2018 das Projekt einer Art "Super-Landesbank" wiederbelebt. In einem ersten Schritt hatten Dekabank und Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) begonnen, ein mögliches Zusammengehen auszuloten. Wegen der Corona-Krise waren die Gespräche auf Eis gelegt worden. "Ich habe das rückblickend nicht bereut, dieses Thema zu setzen, weil ich es nach wie vor für richtig halte", hatte Schleweis im März bei seiner letzten Bilanz-Pressekonferenz als DSGV-Präsident bilanziert: "Die Gruppe ist in Bewegung, aber da entsprechend viele Eigentümer eingebunden sind, dauert das Ganze ein bisschen."

@ dpa.de