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Der missverstandene DAX Emittent / Herausgeber: Union Investment / Schlagwort(e): Fonds / Marktbericht Der missverstandene DAX (News mit Zusatzmaterial) 12.03.2024 / 10:00 CET / CEST Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

12.03.2024 - 10:00:31

EQS-News: Der missverstandene DAX (deutsch)

Der missverstandene DAX

Emittent / Herausgeber: Union Investment / Schlagwort(e): Fonds/Marktbericht
Der missverstandene DAX (News mit Zusatzmaterial)

12.03.2024 / 10:00 CET/CEST
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

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Trotz schlechter Wirtschaftsdaten ist der DAX auf Rekordjagd. Warum der
deutsche Leitindex unterschätzt wird

Autor: Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagment Aktien bei Union
Investment

Frankfurt am Main, 12. März 2024 - Viele Anleger haben sich in den ersten
Wochen des Jahres verwundert die Augen gerieben. Das Wehklagen über die
deutsche Wirtschaft war groß, die Bundesregierung musste die Prognosen für
Wachstum auf schmale 0,2 Prozent für 2024 nach unten korrigieren und gehörte
damit noch zu den optimistischeren Schätzern. Die Volkswirte von Union
Investment beispielsweise rechnen für dieses Jahr mit einer Stagnation.

Davon unbeeindruckt feierte der DAX ein Rekordhoch nach dem anderen - 16 an
der Zahl in den ersten zehn Wochen des Jahres. 6,3 Prozent beträgt das Plus
für den Deutschen Leitindex mittlerweile seit Beginn 2024. Diese Diskrepanz
zwischen Wirtschaftsdaten und Indexperformance hat gute Gründe. Daher ist es
an der Zeit, mit einigen Missverständnissen rund um den DAX aufzuräumen.

Missverständnis 1: Der DAX ist ein Abbild der deutschen Wirtschaft

Daran ist zwar nicht alles falsch, aber vieles. Dass die wirtschaftliche
Dynamik in Deutschland und die Entwicklung des DAX oft nicht im gleichen
Takt spielen, ist bekannt - das gibt es durchaus auch in anderen Ländern.
Ursache dafür ist, dass die Unternehmen des DAX weite Teile ihres Umsatzes
nicht in Deutschland erwirtschaften. De facto werden rund 40 Prozent der
Erlöse in der Eurozone inklusive Deutschland erzielt, bei Konzernen wie etwa
SAP oder Siemens ist der Anteil deutlich geringer.

Ein weiterer Punkt kommt noch dazu - und der erklärt, warum der DAX sich so
viel besser entwickelt als die hiesige Wirtschaft. Den Ton im deutschen
Leitindex geben in der aktuellen Hausse nur wenige Konzerne an. Der
Walldorfer Softwarekonzern SAP beispielsweise hat mittlerweile ein Gewicht
von knapp elf Prozent im DAX. Gemeinsam mit den Indexschwergewichten Siemens
und Airbus gehen 75 Prozent der Kurssteigerungen aus diesem Jahr auf die
Rechnung von diesen drei Konzernen. Von deutlichen Kursgewinnen ist in der
Breite hingegen eher wenig zu sehen. Nur acht Unternehmen der insgesamt 40
Unternehmen liegen seit Jahresbeginn zweistellig vorne - und nur eine knappe
Mehrheit verzeichnet überhaupt ein Plus.

Missverständnis 2: Der deutsche Leitindex ist durch seine Unwucht für
professionelle Investoren ungeeignet

Das ist falsch. Der DAX ist vielmehr ein spezielles Gebilde und daher mit
anderen Indizes nur schwer zu vergleichen. Man muss ihn zu nehmen wissen und
mitunter die Gewichtung selbst nachkalibrieren. Gleichzeitig bietet der
Index durchaus Vorteile. Der DAX ist durch die regelmäßigen Anpassungen
immer up to date. Das bedeutet: Auch wenn dort Unternehmen vertreten sind,
die sich momentan schwertun, muss das Anleger nicht notwendigerweise
abschrecken. Durch die regelmäßigen Anpassungen im März und September
verlieren die Unternehmen sukzessive an Gewicht und gewinnen es aber auch
wieder, wenn ihre Relevanz steigt. Das gilt zwar auch für andere
Aktienindizes, kommt aber besonders zum Tragen, je weniger Titel das
Börsenbarometer enthält. Beispielsweise hat die Aktie von Bayer zuweilen
zehn Prozent in DAX ausgemacht. Momentan sind es noch knapp über zwei
Prozent. Das kommt nicht von ungefähr. Es läuft gerade nicht so gut für das
Pharma- und Chemieunternehmen.

Es gibt aber in der Tat ein Argument, warum professionelle Investoren mit
dem DAX ihre Probleme haben: die sogenannte Kappungsgrenze. Sie wird für
Indexmitglieder mit der nächsten Anpassung zum 18. März dieses Jahres von 10
auf 15 Prozent pro Einzeltitel angehoben. Demgegenüber dürfen Fondsmanager
in ihren aktiv gemanagten Portfolios nicht mehr als zehn Prozent eines
Unternehmens halten. Da der DAX, ein oft genutzter Vergleichsindex für
Investmentfonds mit deutschen Aktien, nun die höhere Gewichtung ermöglicht,
fällt es Fondsmanagern schwerer, sich an dem Index zu orientieren und einen
Mehrwert für die Anleger zu erwirtschaften. Eine Vergleichbarkeit von Index
und aktiv gemanagten Fonds ist aufgrund der unterschiedlichen Gewichtungen
dann nicht mehr gegeben.

Missverständnis 3: Mit 40 Unternehmen ist das Börsenbarometer diverser
aufgestellt als früher

Da gibt es ein klares Jein. Zwar umfasst der Aktienindex seit September 2021
mittlerweile 40 statt 30 Unternehmen, aber die Gewichtung zehn zusätzlicher
Titel macht de facto keinen Unterschied. Die zehn kleinsten Konzerne
gemeinsam haben bei weitem nicht das Gewicht eines DAX-Dickschiffs wie SAP -
sie stehen nur für rund 115 Milliarden des gesamten Unternehmenswerts der 40
DAX-Mitglieder. Der liegt bei rund 1,8 Billionen Euro. Salopp gesagt: Wenn
die SAP-Aktie einen schlechten Monat hat, dann wird Zalando mit einem
Indexgewicht von 0,3 Prozent den DAX auch nicht retten. Nichtsdestotrotz hat
die Aufstockung den DAX breiter gemacht. Womöglich findet sich unter den
kleineren Unternehmen auch das eine oder andere, dass in den kommenden
Jahren zum Schwergewicht reift. Zudem hat die DAX-Anpassung durchaus einige
sehr nennenswerte Konzerne in den Leitindex gespült, die vorher aus anderen
Gründen nicht vertreten waren. Weil Airbus-Aktien vornehmlich in Paris
gehandelt wurden, musste der deutsch-französische Luftfahrtkonzern trotz
einer Marktkapitalisierung von seinerzeit rund 90 Milliarden Euro lange im
MDAX verharren - das hat sich durch die DAX-Erweiterung geändert.

Allerdings war die Diversifizierung nicht der einzige Grund für die
DAX-Reform. Die häufigen Wechsel im Index wirken sich nicht mehr so stark
aus. Zudem haben durch die Aufstockung auch Unternehmen eine Chance auf den
Aufstieg, die bisher aufgrund der Auswahlkriterien zu klein waren. Und durch
die neue Regel, nach der die DAX-Mitglieder profitabel sein müssen, ist die
Qualität der enthaltenen Konzerne nach September 2021 im Schnitt besser. Der
deutsche Leitindex hat unter dem Strich durch die Reform profitiert.

Missverständnis 4: Der DAX ist auch nach seiner Reform immer noch zu
zyklisch

Hier schwingt oft die Kritik mit, dass sich der Index mit der globalen oder
der deutschen Konjunktur bewegt. Läuft es für die deutsche Exportwirtschaft,
geht es dem Index und seinen Anlegern gut. Das mag früher zutreffend gewesen
sein, als die großen Konzerne im DAX noch BASF und Daimler hießen. Schaut
man sich heute die ersten Adressen an, dann sind das eher ausgewogene
Konzerne: SAP ist als Softwarehaus wenig zyklisch, Airbus und die Münchner
Rück sind auch weitgehend unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen.
Selbst Siemens als Schwergewicht hat zwar zyklische Sparten, aber weite
Teile des Geschäfts, die beispielsweise mit der Energiewende und der
Transformation der Wirtschaft zu tun haben, sind das eben nicht. Dass der
DAX weniger zyklisch ist als gedacht, liegt zum einen an der erfolgten
Anpassung des Börsenbarometers, aber auch an der Umstellung der
Geschäftsmodelle in den einzelnen Konzernen. Wer Probleme hat, sich auf die
veränderte globale Wirtschaft einzustellen, fällt zurück. Das ist sicherlich
einer der Gründe, warum die Chemie- und Pharmariesen Bayer und BASF - einst
für fast 20 Prozent des DAX verantwortlich - mittlerweile bei einem
gemeinsamen Indexgewicht von weniger als sechs Prozent liegen. Statt den
deutschen Leitindex immer noch als zu zyklisch einzustufen, kann man
mittlerweile eher sagen: Der DAX geht mit der Zeit.

Fazit

Wenn man die Missverständnisse mal aus dem Weg geräumt hat, dann sieht man
im DAX nicht nur einen Index, mit dem auch der Profi durchaus arbeiten kann.
Man sieht darüber hinaus eine ganze Reihe von attraktiven Unternehmen mit
starken Geschäftsmodellen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben.
Beispielsweise der Mischkonzern Siemens, der für viele Fragen der Zeit
Lösungen bereitstellt. Oder der oft genannte IT-Riese SAP, der den Weg in
Richtung Cloud sehr überzeugt und überzeugend verfolgt. All das bekommt man
im DAX für ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,4.

Das soll nicht heißen, dass die Zeiten nicht anspruchsvoll sind. Mit der
Transformation der Wirtschaft, dem Reformstau in Deutschland und der
Energiekrise gibt es eine Reihe von schwerwiegenden Herausforderungen, denen
sich die deutschen Unternehmen stellen müssen. Die 40 DAX-Konzerne sind
unterschiedlich weit in der Bewältigung ihrer Hausaufgaben. Die besten haben
sie erledigt und können sich neuen Themen zuwenden. Aber auch Unternehmen
aus der Basischemie, etwa BASF, arbeiten daran. Sie stellen sich um und
reduzieren ihre Überkapazitäten, um künftig wieder eine gewichtigere Rolle
zu spielen. Ebenso ist im vielgeschmähten Automobilsektor eine anziehende
Nachfrage zu erkennen, wenn auch die Konkurrenz in Sachen E-Mobilität
erstmal auf die Überholspur gewechselt ist.

Dass der DAX einen starken Jahresauftakt hatte, bedeutet nicht, dass die
Probleme überwunden sind. Aber es zeigt, dass es auch in kritischen Phasen
Gewinner gibt - nicht nur, aber auch im DAX.


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Zusatzmaterial zur Meldung:

Datei:
https://eqs-cockpit.com/c/fncls.ssp?u=8de849db1e6e1f359f0508756925fe3b
Dateibeschreibung: Grafik: Nur 5 Unternehmen treiben den DAX

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Veröffentlichung einer Mitteilung, übermittelt durch EQS Group AG.
Medienarchiv unter https://www.eqs-news.com.

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