Werte, Asien“

„Viele tolle Werte in Asien“

12.12.2006 - 14:37:45

„Viele tolle Werte in Asien“. Heiko Seibel, Chefredakteur von "Asien Inside-Trader" und "Good-Morning-Asia“, ist weder ein Gold-Bulle noch ein Dollar-Bär...

Zum Jahresausklang befragte Instock Börsenexperten über ihre Sicht auf 2006 und 2007. Heute: Heiko Seibel , Chefredakteur von "Asien Inside-Trader" und "Good-Morning-Asia“. Instock: Mit welchen Erwartungen sind Sie in das Börsenjahr 2006 gestartet? Seibel: Wenn Sie Asien meinen, dann ganz klar mit positiven Erwartungen. Der Markt, vor allem in Hongkong und China, konnte bereits im Jahr 2005 ein Zeichen setzen, wenn es um die positive Entwicklung bei den Unternehmensgewinnen geht. Bis dato konnten die Eigenkapitalrenditen vieler Firmen nicht mit der makroökonomisch positiven Entwicklung Schritt halten. Durch die Wirkung der Strukturreformen liegen die Eigenkapitalrenditen heute jedoch zwischen 15 und 16 Prozent. Im Jahr 2002 nur bei 9 Prozent und 1994 bei lediglich 5,5 Prozent. Dieser Trend wird auch weiter gehen, denn noch immer ist der Reformbedarf riesig, vor allem im Finanzsektor. Instock: Sind Sie nun zufrieden mit 2006? Seibel: Mit der Ausnahme von Thailand war ich sehr zufrieden. Dort gab es bereits zu Beginn des Jahres den politischen Hickhack um den Ex-Regierungschef Thaksin. Der politische Nebel hat das Land gelähmt und staatliche sowie private Investitionen verzögert und den Konsumenten verunsichert. Allerdings ist mittlerweile Besserung in Sicht und nach dem Zwischenjahr 2007 sollte es ab 2008 politische wieder "ganz normal" zu gehen. Das macht den thailändischen Aktienmarkt natürlich zur heißen Wette für 2007. Die Entwicklungen in Hongkong, China, Indien, Indonesien und Singapur, wo die Indizes bisher um bis zu 40 Prozent zulegen konnten, haben meine Erwartungen leicht übertroffen. Instock: Was waren für Sie aus Anlegersicht die Knackpunkte im auslaufenden Börsenjahr? Seibel: Für mich gab es zwei, sich gegenseitig verstärkenden Knackpunkte – und zwar im positiven Sinne: Einerseits passten die Marktteilnehmer im Laufe des Jahres zunehmend ihre Inflationserwartungen nach unten an. Die Sorge vor steigenden Zinsen verschwand und an ihre Stelle trat die Hoffnung auf schon bald wieder sinkende Zinsen. Das führte zu einer Rallye an den Rentenmärkten und natürlich zu einem Anstieg des Renten-KGVs. Auf der anderen Seite konnten die Unternehmensgewinne stärker steigen als die Kurse. Das führte zu einer Reduktion der Aktien-KGVs. Die Schere zwischen Renten- und Aktienbewertungen weitete sich immer mehr - und zwar zu Gunsten der Aktienmärkte. Aus diesem Grund bin ich auch im Mai extrem bullisch geworden. Instock: Welches Papier war für Sie d i e Aktie des Jahres? Seibel: Von einer einzelnen Aktie zu sprechen fällt mir bei den vielen tollen Werten in Asien natürlich sehr schwer. Doch wenn Sie es so genau wissen wollen: Es ist China Life, die ja auch in Deutschland gehandelt wird. Das Unternehmen ist der Marktführer in der Volksrepublik bei der privaten Altersvorsorge. Sie müssen hierbei zwei Dinge unbedingt beachten. Die chinesischen Haushalte sitzen auf einem Berg von Ersparnissen. Die Sparquote liegt hier im Bereich von 40 Prozent. Dann mangelt es China an einem leistungsfähigen staatlichen Sozialsystem. Die "eiserne Reisschüssel" verschwindet aufgrund der Privatisierungen der Staatsbetriebe zunehmend und der Bedarf an privater Altersvorsorge wächst stetig. Das Ganze bei einer langsam alternden Bevölkerung. Sie müssen auch an die zunehmend kaufkräftigere Mittelschicht denken. Wir reden hier über ein Marktpotenzial von 400 Millionen Menschen. China Life hat im vergangenen Jahr durch Zukäufe im Bankenbereich sein Vertriebsnetz immer weiter ausgebaut und hat nun mehr und mehr Zugriff auf eine große Masse an Menschen. Die Story geht also weiter. Instock: Verschiedene Analysten sehen den Dax bereits auf 8.000 Punkte klettern. Ist das auch Ihre Erwartung für 2007? Seibel: Es ist genau der vorhin genannte Grund, warum ich auch von neuen Höchstkursen beim Dax ausgehe: Die Schere zwischen Aktien- und Renten-KGV ist noch immer zu groß und wenn, was ich annehme, kein Gegenwind von der Zinsseite kommt, dann können die Aktien problemlos weiter klettern. Ich muss allerdings einschränkend bemerken, dass dieses optimistische Szenario nur im Falle des "soft landings" der US-Konjunktur gilt. Auch China und Indien dürfen konjunkturell gesehen nicht wegbrechen. In diesen Fällen würden sich neue Höchstkurse wohl noch um ein oder zwei Jahre verschieben. In jedem Fall werden die Märkte Asiens den Rest der Welt überflügeln. Die Bewertungen dort sind wesentlich attraktiver und die Gewinndynamik der Unternehmen deutlich höher. Instock: Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie im kommenden Börsenjahr? Seibel: Das dominierende Thema wird wohl der Abschwung am amerikanischen Immobilienmarkt, die Auswirkungen auf die US-Konjunktur und die Weltwirtschaft sein. Speziell für Asien bleibt das Thema Aufwertung des Yuan (der chinesischen Währung) gegenüber dem Dollar im Brennpunkt. Vor allem für die chinesischen Aktien bleibt diese Story ganz „heiߓ. Viel Kapital fließt an die Aktienmärkte nach Hongkong und Shanghai, um genau von dieser Aufwertung zu profitieren. Da ich aber fest davon ausgehe, dass sich diese auch weiterhin in kleinen Schritten vollziehen wird, sollte die Nachfrage nach chinesischen Aktien durchaus für länger anhalten. Das ist gut für die Kurse. Da bei vielen asiatischen Ländern die Abhängigkeit von den USA in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist, sollten die Aktienmärkte des asiatischen Kontinents in jedem Fall ihr bisher gezeigtes Eigenleben beibehalten. Ich denke auch, dass Japan gegen Jahresmitte seine Konsolidierung beenden wird und der Nikkei wieder nach Norden marschiert. Mein optimistisches Szenario setzt allerdings voraus, dass Amerika mit seiner Konjunktur nicht hart landet und das auch China in dem bisher eingeschlagenen Tempo weiter wachsen wird. In Asien sind die Bewertungen trotz der Kursanstiege in den vergangenen Monaten noch immer attraktiv, Thailand ist sogar spottbillig. Auch die Unternehmensgewinne sollten weiter steigen. Die reichlich vorhandene Liquidität wird für den Rest sorgen. Instock: Worin sehen Sie die größten Gefahren für den Markt? Seibel: Ich meine, dass wir grundsätzlich mit Gelassenheit ins nächste Börsenjahr gehen sollten. Immerhin unterscheidet sich die Situation von der in den Jahre 1999/2000 schon grundlegend. Damals waren die Bewertungen aus den Fugen geraten. Die Renten waren weltweit substanziell billiger als Aktien. Das ist heute grundlegend anders. Auch die Leistungsbilanzen der asiatischen Länder sehen unvergleichbar viel besser aus, als noch vor zehn Jahren. Die meisten Länder weisen positive Leistungsbilanzsalden aus und es mangelt nicht an Devisenreserven. China hat die 1.000 Milliarden US-Dollar Grenze ja schon genommen. Das ist zwar auf der einen Seite zwar eine Gefahr für den Dollar, auf der anderen jedoch auch eine Stütze. Die Notenbank Chinas wird nicht so mir nichts dir nichts den Dollar fallen lassen. Das Schlimmste, was der Welt passieren könnte, wäre eine handfeste Rezession in den USA, beispielsweise durch ein weiteres Einbrechen des Immobilienmarktes, und eine merkliche Abschwächung der Wachstumsdynamik in China und Indien. Während ich im Falle Indiens, aufgrund der übermäßigen Kapazitätsauslastung und dem damit verbundenen Inflationspotenzial, durchaus mit einer Wachstumsabschwächung rechne, sehe ich im nächsten Jahr ein weiter im Bereich von 10 Prozent wachsendes China. Die Inflationsrate liegt gerade mal bei 1,4 Prozent und setzt die chinesische Notenbank auch nicht unter Zugzwang, wenn es um Zinserhöhungen geht. Wie die letzten Zahlen gezeigt haben, kühlen sich die Investitionen mittlerweile auch etwas ab und im Gegenzug wird der chinesische Konsument stärker. Instock: Wie werden sich der Dollar im Vergleich zum Euro und der Ölpreis entwickeln? Seibel: Ich gehöre in keiner Weise zu den Dollar-Bären. Vielmehr glaube ich nicht an einen Dollar, der nachhaltig schwächeln wird. Bereits zur Jahreswende rechne ich mit einem Revival des Greenbacks. Insofern glaube ich auch nicht an Höchstkurse jenseits der 1,38 des Euro gegenüber dem Dollar. Wegen der allgemeinen Wachstumsabschwächung gehe ich von einem Ölpreis im nächsten Jahr aus, der zwischen 55 und 65 US-Dollar liegen wird. Ohnehin glaube ich, dass es mehr Öl auf der Welt gibt als im allgemeinen angenommen wird. Im Ölpreis ist jede Menge Spekulation drin. Instock: Wird der Goldpreis weiter steigen? Seibel: Ich muss gestehen, dass ich auch kein echter Goldbulle bin. Die Schar bullischer Analysten mit astronomischen Kurszielen bestätigt mich in dieser Haltung ohnehin. Ich habe derzeit auch eine Wette laufen, dass Gold eher wieder auf 400 US-Dollar sinken, als auf 700 US-Dollar steigen wird - und fühle mit gut damit. Zwar wächst die Nachfrage nach Gold vor allem aus China und vor allem Indien auch im kommenden Jahr und ein Goldanteil von lediglich 1,3 Prozent an den riesigen chinesischen Devisenreserven mag für weitere Nachfrage sorgen, doch das ist nichts Neues und dem Markt bekannt. Da ich ohnehin weder an den Untergang des kapitalistischen Systems und vor allem des Dollar noch an Bankenzusammenbrüche glaube, sehe ich auch keinen Grund für explodierende Goldpreise. Aber eines ist klar: Ein Rutsch unter die Tiefs des Jahres beendet den Bullenmarkt. Instock: Ihre Prognosen zur Zinsentwicklung in den USA und in Europa? Seibel: Wegen des schwachen Immobilienmarktes in den USA spricht die Wahrscheinlichkeit für Trippelschritte nach unten. Zwar liegt die Kerninflationsrate noch oberhalb des "Komfortlevels" von Ben Bernanke, doch die deutlichen verbalen Hinweise auf genau diesen Umstand halten die Inflationserwartungen in Schach. Und letztlich muss der Notenbankchef die Erwartungen der Marktteilnehmer beeinflussen können. In Europa kann ich mir im nächsten Jahre durchaus noch eine Zinsanhebung durch die EZB vorstellen. Aber das sollte es dann auch gewesen sein. Heiko Seibel ist Chefredakteur des Börsendienstes "Asien Inside-Trader" und des kostenlosen Email-Newsletters "Good-Morning-Asia“.
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