Aktienmärkte, Anleger

DAX: Noch kein nachhaltiger Ausbruch

Der vorgestrige Hinweis, dass Short-Trades auf den DAX derzeit als riskant einzustufen und Long-Trades zu bevorzugen sind, kam offenbar zum genau richtigen Zeitpunkt. Denn gestern konnte der deutsche Leitindex auf ein neues Trendhoch steigen (siehe grüner Kreis im folgenden Chart).

DAX - Target-Trend-Analyse

Die Fibonacci-Marken (graue Linien) können damit nun aus dem Chart entfernt werden. Sie haben ihren Job erledigt: Mit dem Rücksetzer im Oktober wurden ziemlich genau 38,20 % der seit März erzielten Kursgewinne abgegeben und damit „nur“ das Mindestziel einer Korrektur aus Sicht der Fibonacci-Marken abgearbeitet. Anschließend legte der DAX wieder zu und erreichte nun ein neues Trendhoch. Die Fibonacci-Marken haben somit angezeigt, dass die Herbst-Korrektur lediglich eine völlig normale Gegenbewegung auf die vorangegangenen Kursgewinne war. Der deutsche Leitindex präsentiert sich also grundsolide und bullish.

Kurzfristig ist der Ausbruch gelungen, langfristig noch nicht

Bernd Raschkowski hat dazu gestern unter anderem im HighTech-Trader folgendes geschrieben: „Endlich tut sich etwas in Frankfurt! Nach der wochenlangen Lethargie verzeichnet der DAX seit gestern neuen Schwung. Heute klettert der Index sogar auf ein neues Verlaufshoch. Aktuell geht`s um 1,6 Prozent hoch auf 13.575 Punkte. Damit steigen die Chancen auf einen Ausbruch aus der Seitwärtszone enorm.

Mit Blick auf den Chart oben ist dem DAX der Ausbruch aus der mehrwöchigen bzw. sogar mehrmonatigen Seitwärtszone bereits gelungen. Ein langfristig bullishes Signal wurde damit allerdings noch nicht gesendet. Denn mit Blick auf den folgenden Chart zeigt sich, dass der DAX die Seitwärtszone, in die er seit den Hochs des Jahres 2017 eingeschwenkt ist, noch nicht nach oben verlassen hat. Das wäre erst mit einem neuen Allzeithoch oberhalb von 13.795,24 Punkten der Fall.

DAX - langfristige Chartanalyse

Wie gut kann die Wirtschaft den neuen Lockdown verkraften?

Des Weiteren schrieb Bernd Raschkowski gestern: „Einige Marktteilnehmer reiben sich die Augen, schließlich sind ab heute wieder alle Geschäfte aufgrund der Corona-Beschränkungen geschlossen. Und trotz der neuen Belastungen steigt der DAX? Einmal mehr ist zu sehen, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird. Der harte Lockdown wurde letzte Woche eingepreist. Und sowieso gilt: Die Wirtschaft boomt auch ohne den stationären Einzelhandel.

Bestätigt wird Letzteres durch die vorläufigen Einkaufsmanagerdaten, die gestern von IHS Markit nach einer ersten Schnellschätzung veröffentlicht wurden. Demnach wächst die hiesige Wirtschaft im Dezember wieder in höherem Tempo. Der „IHS Markit Flash Deutschland PMI Composite Index Produktion“, der Industrie und Dienstleistung zusammenfasst, erholte sich etwas von seinem deutlichen Rückgang im November. Im vergangenen Monat war der Frühindikator auf ein 5-Monatstief abgerutscht. Nun stieg er um 0,8 Punkte auf 52,5.

IHS Markit Gesamt-Einkaufsmanagerindex Deutschland

Das Barometer für die Industrie legte dabei um 0,8 auf 58,6 Punkte weiter zu und erreichte sogar den höchsten Stand seit März 2018.

IHS Markit Einkaufsmanagerindex Industrie Deutschland

Der Einkaufsmanagerindex für die Dienstleister stieg zwar ebenfalls an – um 1,7 auf 47,7 Punkte – blieb aber noch deutlich unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Zählern, und das den dritten Monat in Folge.

IHS Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleistung Deutschland

Ähnliches gilt auch für die gesamte Wirtschaft der Euro-Zone. Diese hat sich nach ihrem Einbruch im November ebenfalls wieder gefangen. Der Einkaufsmanagerindex, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst, stieg um satte 4,5 Punkte auf 49,8 Zähler. Doch damit blieb auch dieses Barometer noch unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Zählern, wenn auch hier nur knapp.

IHS Markit Gesamt-Einkaufsmanagerindex Eurozone

Und dabei dürfte es wohl noch bleiben. Denn zu den Daten ist anzumerken, dass der erneute harte Lockdown in Deutschland und anderen Ländern darin womöglich nicht vollständig abgebildet sein dürfte. Die Umfrage unter den Einkaufsmanagern wurde vom 04. bis 15. Dezember durchgeführt – also zum Teil noch deutlich vor den seit heute geltenden Maßnahmen. Es könnte daher zu einer erneuten Eintrübung der Stimmung in den Unternehmen zu Beginn des nächsten Jahres kommen.

Härtere Maßnahmen bleiben womöglich länger bestehen

Zumal die neuerlichen Maßnahmen womöglich länger gelten werden, als bislang angekündigt. Trotz Impfungen rechnet zum Beispiel Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery mit harten Einschränkungen bis ins Frühjahr. Modellrechnungen zeigten, dass der harte Lockdown die Zahl der Neuninfektionen frühestens ab Ende Januar bundesweit unter den Wert von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen drücken werde. Und auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zufolge werden daher mindestens die Abstands- und Hygieneregeln den Alltag in Deutschland noch einige Zeit bestimmen. Man könne aber zuversichtlich sein, dass es ab dem Sommer Zug um Zug eine Rückkehr in die Normalität geben könne, sagte Spahn in einem Interview gegenüber Medienvertretern.

Treibt die Hoffnung auf weitere Konjunkturspritzen die Kurse?

Eigentlich sind dies nicht gerade die Perspektiven, auf denen sich ein neues Allzeithoch im DAX aufbauen lässt, selbst wenn die Börse, wie oben geschrieben, die Zukunft handelt. Doch Bernd Raschkowski verwies gestern auch darauf, dass sich der Blick der Investoren auf die am Abend (MEZ) stattfindende Sitzung der US-Notenbank richtet und die Börsen zudem noch durch die Aussicht auf weitere Konjunkturhilfen in den USA getrieben werden. Auch dazu gab es gestern eine passende Meldung: Demnach zeichnet sich im US-Kongress ein Konjunkturpaket im Volumen von 900 Milliarden Dollar ab.

Ob das allerdings noch ein guter Grund für steigende Kurse ist, wage ich zu bezweifeln. Denn das Ringen um ein Konjunkturpaket zieht sich schon ewig. Und ein Volumen von 900 Milliarden Euro schwirrte schon des Öfteren durch die Medien. Zudem geht die Mehrheit der Analysten davon aus, dass die US-Notenbank die Geldschleusen heute nicht in einem größeren Umfang weiter öffnen wird.

Insgesamt lässt sich daher aus meiner Sicht sagen, dass die Börsen schon sehr viele Vorschusslorbeeren verteilt haben. Natürlich kann die Rally weitergehen, weil die Notenbanken jeden Monat hunderte von Milliarden Euro und Dollar in die Märkte pumpen. Aber man sollte auch jederzeit mit neuerlichen Rücksetzern rechnen, weil die Stimmung der Anleger extrem optimistisch ist und die Investitionsquoten großer Fonds enorm hoch sind. Gewöhnlich kommt es in einer solchen Marktphase häufig zu Gewinnmitnahmen und Bereinigungen.

Für Long-Trades im DAX rate ich daher, diese für den Fall abzusichern, dass sich der gestrige bullishe Ausbruch noch als Fehlsignal entpuppt.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading
Ihr
Sven Weisenhaus

 (Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 17.12.20 10:35 Uhr