Aktien Europa, Value Investing

Aktien Europa - 2016: ein Zeitenwechsel

Zu einer Zeit, wo normalerweise die üblichen Jahresprognosen für die Zukunft anstehen, ist die Unsicherheit an den Märkten groß. Der Jahresbeginn scheint an den internationalen Aktienmärkten durch die gleichen Ängste seitens der Anleger geprägt zu sein wie Ende August 2015 nach der Abwertung des Renminbi und dem Crash am chinesischen Aktienmarkt. Aufgrund der vergleichbaren Börsensituationen lohnt es sich, die zugrundeliegenden Strömungen der letzten Monate genauer unter die Lupe zu nehmen.

Strukturelle Veränderungen

Die Zeit seit dem Ausbruch der Finanzkrise war gekennzeichnet von einer lockeren Geldpolitik, einer robusten Konjunktur der Schwellenländer sowie hohen Rohstoffpreisen, die den rohstoffproduzierenden Ländern sehr zugute kamen. Diese Trends hielten bis Mitte 2014 an. Seitdem haben wir strukturelle Veränderungen erlebt.

Die ultralockere Geldpolitik der US-Notenbank Fed, gefolgt von der Schwäche des US-Dollar gegenüber allen anderen Währungen und der sich daran anschließenden Erholung der US-Konjunktur hat nahezu zwingend (wenn auch möglicherweise etwas spät) zu einer Beendigung des Quantitative Easing Ende Oktober 2014 geführt. Es folgte der erste Zinsschritt Ende 2015, was einen Anstieg des US-Dollar auslöste. Die Entkopplung zwischen der Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks ist jedoch lediglich als zeitlicher Rückstand der EZB gegenüber der Fed zu betrachten. Schließlich haben die politischen und institutionellen Probleme in Europa eine rasche Einführung eines Quantitative Easing in der Eurozone verhindert. Zweifellos wird auch die ultralockere Geldpolitik der EZB eines Tages auslaufen. Dies ist noch nicht offiziell  angekündigt und der genaue Zeitpunkt steht auch noch nicht fest. Denn der Umfang und die Geschwindigkeit dieser geldpolitischen Kursänderung werden davon abhängen, wie schnell sich die Konjunktur in der Eurozone wieder erholt.

Ölpreisrückgang und der Verfall der Rohstoffpreise

Eine andere strukturelle Veränderung (die wieder einmal nicht vorhergesehen wurde) waren der Ölpreisrückgang seit Mitte 2014 und der allgemeine Verfall der Rohstoffpreise. Diese waren zum Teil auf die wirtschaftliche Verlangsamung in den Schwellenländern seit 2014 zurückzuführen. Dies trifft besonders zu auf die rohstoffproduzierenden Ländern (Brasilien, Russland), aber auch auf China. Dort ist der Konjunkturmotor ins Stottern geraten, da die Wirtschaft des Landes an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat und die erzwungene Ausrichtung der Industrie auf die Exporte nicht mehr in gleichem Maße für Impulse sorgt.

Neues Zeitalter

Diese strukturellen Änderungen läuten ein neues Zeitalter ein. Und das nach einer fast 10 Jahre andauernden und historisch einmaligen Finanzkrise in Verbindung mit einer weltweiten Verschiebung der großen industriellen Produktionszentren. Wir stehen am Beginn einer neuen Phase. Diese ist von einer Neuausrichtung und Normalisierung des Wachstums zwischen den geografischen Regionen der Welt, sowie einer Normalisierung der Geldpolitik geprägt, die in einer außergewöhnlichen Periode beschlossen wurde.

Welche Folgen hat all dies für die Finanzmärkte in den kommenden Monaten und Jahren? Und welche Konsequenzen sollten wir als Spezialisten für europäische Unternehmen daraus ziehen?

Eine übliche Vorgehensweise zu Beginn des Jahres besteht darin, die Bewertungen der internationalen Indizes (Aktien und Anleihen) zu ermitteln und sie mit dem erwarteten Gewinnen je Aktie oder den Wachstumsprognosen in den großen geografischen Regionen in Relation zu setzen – ein ausgesprochen heikles Unterfangen.

Folgen für die Finanzmärkte

In Bezug auf die europäischen Aktienmärkte stellen wir bereits seit mehreren Monaten fest, dass einige Marktsegmente immer noch stark überbewertet sind. Zum einen sind es Unternehmen mit starker Ausrichtung auf das Wachstum der Schwellenländer. Zum anderen sind es Unternehmen, die vom einmaligen Rückgang der langfristigen Zinssätze profitiert haben (höchstes Bewertungsniveau seit 20 Jahren). Demgegenüber weisen die am stärksten mit der europäischen Konjunktur korrelierten Titel, selbst wenn sich deren Geschäftsmodell grundlegend geändert hat, immer noch Bewertungsabschläge aufgrund der schwachen Konjunktur in Europa auf. Wenn sich das Wachstum zwischen den geografischen Regionen und die Geldpolitik allmählich normalisieren sollten, könnte die Sektorenperformance der europäischen Aktienmärkte ebenfalls in eine neue Phase treten und sich radikal umkehren.

Unsere Portfolios, im Speziellen auch unser paneuropäischer All Cap Fonds METROPOLE Selection, sind bereits seit mehr als einem Jahr entsprechend positioniert. Trotz dieser schwierigen Ausgangslage gehen wir davon aus, dass sich im Laufe des Jahres Chancen bieten werden, und zwar in dem Maße, wie die Anleger angesichts des Beginns der globalen Verschiebungen in Panik verfallen.

Diese großen Trendänderungen bieten Value-Investoren und Stockpickern wie uns – trotz der Unsicherheiten, mit denen sie verbunden sind – zahlreiche Gelegenheiten. Dabei kommt es vor allem darauf an, die einzelnen Unternehmen und ihre Rentabilität in einer sich normalisierenden Welt angemessen zu bewerten.

 

@ ad-hoc-news.de | 25.01.16 08:51 Uhr