Ostbörsen, Wahlfieber

Ostbörsen im Wahlfieber

Börse Kiew nach Wahlsieg der „orangenen Koalition“ auf Allzeit-Hoch+++Wahlausgang in Polen ungewiss +++Ölpreis auf Allzeit-Hoch+++erfolgreiches IPO von Uralkali+++STRABAG kommt mit Russlandfantasie an die Börse+++Baukonjunktur boomt in Russland+++

Einige bedeutsame Ostbörsen stehen jetzt zunehmend unter politischen Einflüssen. Die Börse Kiew profitierte von dem in westlichen Augen positiven Wahlausgang. Die „orangene Koalition“ scheint nun ein Comeback unter der Führung von Julia Tymochenko zu feiern. Der PFTS-Index erreichte mit 1159,7 Indexpunkten ein neues Allzeit-Hoch, was ein Kursplus von 132,5% seit Jahresbeginn bedeutet. Auch die Warschauer und Moskauer Börse werden jetzt durch politische Ereignisse dominiert. In Polen fanden heute die Neuwahlen für das Parlament statt, wobei das endgültige Wahlergebnis noch nicht feststand. Das Rennen könnte für die Kaczynski-Brüder knapp werden, da mit dem oppositionellen Donald Tusk ein ernst zu nehmender Konkurrent der national-liberalen Bürgerplattform auftauchte. Am 2. Dezember werden die Russen an die Wahlurnen für die Dumawahlen gebeten, wobei die Parlamentswahlen in Russland mehr als Vorwahlkampf für die wesentlich bedeutsamer Präsidentschaftswahl im März 2008 verstanden werden. Putin stand in der letzten Woche einen Tag lang für Fragen der Bevölkerung zur Verfügung. Die Online-Befragung, die auch im TV zum Teil übertragen wurde, hat schon eine langjährige Tradition und ist Putins Beitrag zur „gelenkten Demokratie“. Über 2,5 Mio. E-Mails erreichten ihn, wobei nur eine kleine Auswahl beantwortet wurde. Putin versprach dabei, dass es keine ökonomische Krise unter einem neuen Präsidenten im nächsten Jahr geben wird; er betonte aber auch, dass ein starker Staat für die Stabilität Russlands von großer Bedeutung sei. Der hohe Rekordölpreis von 90 USD/Barrel unterstützt zwar weiterhin die Moskauer Börse. Der RTS-Index befindet sich mit 2137 Indexpunkten und einem Kursplus von 11,17% seit Jahresbeginn nahe dem Allzeit-Hoch. Dennoch sind die Öl/Gasaktien in diesem Jahr nicht die Zugpferde der Moskauer Börse, obwohl sie 50% des RTS-Indexes ausmachen, sondern Telekom-, Stahl- und Konsumaktien. Die stark gestiegenen Kosten und die hohen Ölabgaben drücken auf die Profitabilität im Ölsektor. So fiel der Halbjahresgewinn bei LUKoil im 1. Halbjahr mit einem Nettogewinn von 3,8 Mrd. USD um 4,8% schlechter aus als im Vorjahr, obwohl die Umsätze um 7,7% auf 35,7 Mrd. USD zunahmen. Bei der Sberbank will der Ex-Wirtschaftsminister German Gref nun das Ruder übernehmen, was aber nicht von allen Sberbank-Top-Managern gutgeheißen wird. Die Zentralbank macht deutlich, dass es im Moment keine Liquiditätskrise im russischen Bankensystem gibt; sie aber auf alle Eventualitäten mit Währungsreserven von über 430 Mrd. USD gut vorbereitet sei. In Kasachstan gibt es hingegen immer noch Befürchtungen eines echten „Credit Crunchs“, was die kasachischen Banken unter Druck brachte. Die Spreads im Anleihenmarkt haben sich für russische und kasachische Anleihen im August/September aufgrund der Liquiditätskrise enorm ausgeweitet, was auch die Anleihenkurse unter Druck brachte. Sie stehen nach der US-Zinssenkung und der Beruhigung der internationalen Kapitalmärkte aber jetzt vor einem Rebound. Auf der hochkarätig besetzen Investmentkonferenz der vor allem im Anleihenbereich sehr umsatzstarken Trust Group über die Entwicklung von IP0s und des Kapitalmarktes in Russland äußerten sich am 18/19. Oktober sowohl westliche Investoren als auch Vertreter von russischen Investmentbanken und Börsen optimistisch über die weitere Entwicklung der Moskauer Börse, wobei es im Grunde egal sei, wer die politische Führung in Zukunft übernimmt. In der nächsten Legislaturperiode beginnt die Phase der Investitionen und Konsolidierung in Russalnd, was auch eine Ausweitung der M&A-Aktivitäten bedeutet. Große Investitionen werden vor allen bei Transporten (Autobahnen, Eisenbahnen, Luftverkehr), Energie und Kommunikation erwartet. Die Baukonjunktur dürfte sich weiterhin über mangelnde Aufträge nicht beklagen. Am 19. Oktober ging der österreichische Bauwert STRABAG an die Wiener Börse, wobei das Debut mit einem Kursplus von 6% auf 50 € gelungen war. Mit der 30% Beteiligung des russischen Oligarchen Deripaska dürfte es gerade in Russland zu einem neuen Auftragsboom kommen, wovon auch Hochtief nachhaltig profitieren wird. Nach dem erfolgreichen IPO im Volumen von 1 Mrd. USD von dem fünftgrößten Kaliproduzenten der Welt Uralkali zu 3,5 USD dürfte der Appetit der westlichen Unternehmen nach russischen Aktien noch nicht gestillt sein. Aber auch russischen Anleger entdecken allmählich die Moskauer Börse, obwohl die letzten IPO der VTB Bank und die Mega-Kapitalerhöhung der Sberbank, die erstmals zur Hälfte von Russen gezeichnet wurde, noch nicht zu den gewünschten Ergebnissen im Depot führten. Immerhin gibt es jetzt schon 400.000 Aktionäre in Russland. Dies ist zwar nicht mit dem Anleger-Boom in China zu vergleichen, aber dennoch ein bedeutsamer Anfang einer entstehenden Aktienkultur und mithin mehr Eigendynamik in Russland. Fazit: Die westlichen Anleger sollten daher weiterhin die Moskauer Börse nicht (weiter) vernachlässigen, zumal sie mit einem KGV von 11 ebenso wie Brasilien unter Emerging Markets sehr niedrig bewertet ist und unter den BRIC-Ländern in diesem Jahr am schlechtesten performte, also noch Nachholpotential hat. Dagegen drohen die Inlands-Börsen in China allmählich heiß zu laufen, was sich im nächsten Jahr als Bumerang erweisen dürfte. Im übrigen werden die Anleger wohl auch im nächsten Jahr mit den gleichen Themen wie in diesem Jahr, vor allem aber mit einer weltweit steigenden Inflation und wohlmöglich einer „Stagflation in den USA“ konfrontiert werden, so dass weiterhin mit hoher Volatilität zu rechnen ist. Hinweise: Der Autor wurde am 10. Oktober auf N24 (siehe www.n24.de/boerse, unter Investmentvideos) und am 12. Oktober in 3SATBörse (siehe www.3satboerse.de) über die Chancen in Russland interviewt. Sein nächstes TV-Interview über Russland ist am 26. Oktober in Bloomberg TV. Das nächste ESI-Ostbörsen-Seminar „Go East – Die Karawane zieht weiter““ findet am 25. Oktober in Frankfurt/M statt. Anmeldung unter ESI GmbH, Jüthornstr. 88, 22043 Hamburg, Tel: 040/6570883; Fax: 040/6570884, E-Mail: info@eaststock.de, web: www.eaststock.de. Es gibt noch Restplätze!
@ ad-hoc-news.de | 21.10.07 19:07 Uhr